Impuls von Stefan Buß: Psalm 84 – „Der Pilgerweg des Herzens“
Samstag, 15.11.2025
von STEFAN BUß
FULDA / MKK - Im Psalm 84 heißt es: „Wohl den Menschen, die dich für ihre Stärke halten und von Herzen dir nachwandeln! Wenn sie durchs dürre Tal ziehen, wird es ihnen zum Quellgrund, und Frühregen hüllt es in Segen. Sie gehen von Kraft zu Kraft, bis jeder erscheint vor Gott in Zion.“ (Psalm 84,6–8)
Der Psalm ist ein Lied der Sehnsucht.
„Wie lieblich sind deine Wohnungen, Herr Zebaoth!“ – so beginnt der Psalm. Man spürt, wie sehr der Beter sich nach der Nähe Gottes sehnt. Für ihn ist der Tempel nicht nur ein Gebäude, sondern ein Ort des Friedens, der Geborgenheit, der Gegenwart Gottes. Doch dieser Psalm ist mehr als ein Lob auf den Tempel in Jerusalem. Er erzählt vom Weg dorthin – vom Pilgerweg. Und auf diesem Weg wird das Herz selbst zum Pilger. Denn der Glaube ist kein Stillstand. Er ist Bewegung.
Wir sind unterwegs – von der Sehnsucht zur Erfüllung, vom Vertrauen zur Erfahrung, vom Dunkel ins Licht. Und dieser Weg führt nicht zuerst über Landkarten, sondern durch das Herz. Der Psalm spricht vom „dürre(n) Tal“, das die Pilger durchqueren müssen. Vielleicht kennen wir dieses Tal: Zeiten der Leere, der Enttäuschung, der Fragen an Gott. Zeiten, in denen das Leben mühsam ist und der Glaube trocken scheint. Doch was geschieht auf diesem Weg? Die, die ihr Herz auf Gott ausgerichtet haben, verwandeln das dürre Tal in einen Quellgrund. Mitten in der Trockenheit entsteht Leben. Wo Menschen Gott suchen, da fließt plötzlich Wasser – Hoffnung, Trost, Kraft. Das ist kein billiger Trost, sondern eine tiefe Wahrheit:
Wer Gott in seinem Herzen trägt, findet auch im Tal Spuren des Segens. Nicht, weil das Tal verschwindet, sondern weil Gott darin gegenwärtig ist. „Sie gehen von Kraft zu Kraft.“ Das ist vielleicht der schönste Satz dieses Psalms. Nicht: Sie gehen von Erfolg zu Erfolg oder von Sieg zu Sieg. Sondern: von Kraft zu Kraft – Schritt für Schritt, Tag für Tag, manchmal mühsam, manchmal mit Freude. Der Glaube macht uns nicht unverwundbar. Aber er gibt uns neue Kraft auf dem Weg. Kraft, die nicht aus uns selbst kommt, sondern aus der Beziehung zu Gott. So wird der Pilgerweg des Herzens ein Weg der inneren Erneuerung.
Und am Ende heißt es: „Bis jeder erscheint vor Gott in Zion.“ Das Ziel ist klar: die Begegnung mit Gott selbst. Dorthin ist das Herz unterwegs. Heute reisen die wenigsten von uns nach Jerusalem, um Gott zu finden. Aber der Pilgerweg des Herzens bleibt. Er geschieht in unserem Alltag – wenn wir im Gebet stille werden, wenn wir vergeben lernen, wenn wir inmitten der Sorgen an der Hoffnung festhalten. Jeder Mensch ist unterwegs. Manche wissen nicht, wohin. Aber wer Gott sucht, der hat eine Richtung.
Und wer Gott findet, erkennt: Er war die ganze Zeit schon mit uns auf dem Weg. Psalm 84 lädt uns ein, Pilger des Herzens zu werden: Menschen, die sich nicht mit Oberflächlichkeit zufriedengeben, die unterwegs bleiben, die in jedem Tal Quellen suchen und die in allem Dunkel auf das Licht Gottes hoffen. Möge Gott uns die Sehnsucht schenken, die Kraft zum Weitergehen, und am Ende die Freude, anzukommen – bei ihm, der unser Ziel ist.