Europa ist mehr als offene Grenzen

Podiumsdiskussion der Europa-Akademie Schlüchtern über EU-Grundwerte

Podiumsdiskussion der Europa-Akademie Schlüchtern über EU-Grundwerte in Krisenzeiten. - Foto: Dietmar Kelkel


Montag, 23.05.2022

SCHLÜCHTERN - Intensiv haben sich die 11. und 12. Klassen des Beruflichen Gymnasiums der Kinzigschule Schlüchtern im Unterricht mit der Europäischen Union und deren Grundwerten beschäftigt.

Bei der Podiumsdiskussion am vergangenen Freitag in der Schlüchterner Stadthalle haben Renda Sevilgen, Emely Bernt, Evelyn Lehning, Annika Richter (alle Schlüchtern), Luca Achatz, Lauritz Röder und Jakob Hofmann (alle Ulmbach) die Podiumsgäste Matthias Möller (Bürgermeister), Winfried Ottmann (Kreisbeigeordneter), Bettina Müller (Bundestagsabgeordnete), Maximilian Volz (FDP-Europabeauftrager), Thomas Mann (ehemaliges Mitglied des Europäischen Parlamenten) und Stefan Jökel (Bauunternehmer) zum Thema „Was sind EU-Grundwerte in den aktuellen Krisenzeiten wert?“ befragt.

Welcher Grundwert ist der Wichtigste?


Freiheit, Menschenwürde, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte: Welcher Grundwert ist der Wichtigste? wollten die Schülerinnen und Schüler wissen. Möller: „Es ist die Kombination aus allen, die es ermöglichen, dass wir in Deutschland so leben können.“ Mann: „Es ist die Würde des Menschen, die dazu beträgt geachtet zu werden und den Gegenüber zu respektieren.“ Müller: „Menschenwürde ist ein Grundrecht, das nicht eingeschränkt wird. Dafür sorgt Artikel 1 des Grundgesetzes.“ Ottmann: Die Menschenwürde schwebt über allem. Aus ihr entwickelt sich der Rest.“ Volz: „Freiheit ist das Wichtigste.Sie ist begreifbar. Menschenwürde ist hingegen sehr abstrakt.“ Jökel: „Wir sind alle gleich. Aber die Menschenwürde steht über allem.“

Weiter wollten die Schülerinnen und Schüler wissen, was die EU tun könne, um die europäischen Grundwerte angesichts der Corona-Pandemie und dem Russland-Ukraine-Konflikt stärker manifestiert würden. Durch den Krieg hätte sich alle EU-Staaten hinter diesen Werten versammelt, sagte Müller. „Eine solche Solidarität vorzufinden, macht mich stolz. Die Kreml-Führung hat damit nicht gerechnet.“ Für Thomas Mann war gerade das gemeinsame europäische Bewusstsein in Krisenzeiten besonders wichtig. Putin habe bei seinem Blitzkrieg verkalkuliert. Er habe nicht geglaubt, dass sich die EU-Staaten einig sein könnten.

Ottmann sagte, dass dieser Krieg die Erkenntnis gebracht habe, dass Europa mehr als offene Grenzen sei. Die Aufnahme der Ukraine-Flüchtlinge erforderte eine große Anstrengung für den Main-Kinzig-Kreis. Für Mann war es eine Selbstverständlichkeit, Menschen, die bei Leib und Leben bedroht sind, sofort zu helfen. Er bedauerte, dass die EU es nicht geschafft habe, einstimmig ein Asylrecht zu verabschieden. Endlich scheine die Verteilung der Flüchtlinge aber zu funktionieren.

Auf die Reichsbürger-Diskussion in Hasselroth angesprochen, sagte der Kreisbeigeordnete, hier sei der Rechtsstaat gefordert, den Anfängen zu wehren. Thomas Mann meinte, dass Demokratie nicht vom Himmel falle. Reichsbürger müssten in ihrem widerlichen Egoismus entlarvt werden.

Nachrichten hinterfragen


Im Hinblick auf Fake-News und Verschwörungstheorien in den sozialen Netzen müsse man den Kindern beibringen, Nachrichten zu hinterfragen, betonte Ottmann. Bettina Müller forderte, mehr Politik in die Schulen zu bringen. Die persönlichen Gespräche mit Politikern seien sehr dienlich für das Politikverständnis der Heranwachsenden.

In Hinblick auf die Pandemie machte sich Mann für eine gemeinsame Gesundheits-Union stark. Volz bemängelte, dass die Zulassung von Impfstoffen zu lange gedauert habe. Die Grundrechte hätten im Lockdown massiv gelitten. Mann wies auf das Recht auf Unversehrtheit hin. Andere schützen, Regeln einhalten. Müller erinnerte daran, dass die Familien bei den Einschränkungen sehr gelitten hätten. „Wir hatten bei der Pandemiebewältigung keine sterile Immunität und mussten Exit-Strategien entwickeln. Das war nicht einfach.“

Weitere Themen waren Unternehmenskultur, Gleichstellung von Männern und Frauen und die Unterbezahlung in sozialen Berufen. Thomas Schneider, Vorsitzender der Europa-Akademie Schlüchtern, freute sich über eine rundum gelungene, informative Veranstaltung, die ihresgleichen sucht. (kel)

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