Eindrücke, die für immer bleiben

Goliath-Erfinder stellten in der Ukraine ihr Projekt vor und brachten Hilfsgüter mit

Die beiden Goliath-Erfinder Robin Krack und Udo Gärtner brachten Hilfsgüter in die Ukraine und wurden während ihres Aufenthalts von den Schwestern Tatijana und Raphaela begleitet. - Fotos: Privat


Mittwoch, 27.07.2022

MAIN-KINZIG-KREIS - Das, was Udo Gärtner und Robin Krack auf ihrer viertägigen Reise in der Ukraine erlebten, werden sie wohl nie wieder vergessen. Die beiden Goliath-Entwickler wurden von Luftalarmen geweckt und gingen mit den Bildern kriegsverwundeter Ukrainer schlafen. Die beiden Sinntaler reisten Mitte Juni in das Land, in dem seit Februar Krieg herrscht. 

Mit dem Ziel, an den richtigen Stellen zu helfen, packten sie Fahrräder, Schaukeln, Kleidung, Hygieneartikel und Lebensmittel in ihren 18-Tonner-LKW und fuhren in ein Kloster nach Lwiw (deutsch: Lemberg). Die dort gewonnen Eindrücke verarbeiten sie noch immer. Trotzdem steht für die beiden fest: Sollten sie wieder genug Hilfsgüter gesammelt haben, reisen sie noch einmal in die Ukraine.

Doch von vorn: Durch ihren Schweizer Partner ArkTur AG kamen die beiden Sinntaler in Kontakt mit ukrainischen Politikern. Es folgte eine Einladung nach Lemberg, um dort ihren Energiespeicher Goliath vorzustellen. Hintergrund war der Wiederaufbauplan für die EU-Geberkonferenz in Lugano. „Sie haben erkannt, dass Goliath wichtiger Bestandteil des Wiederaufbaus sein kann“, sagt Udo Gärtner. Für die Entwickler stand sofort fest, dass sie die Einladung annehmen – aber nicht, ohne Spenden mitzubringen. Sie starteten öffentlich einen Aufruf in den Medien. Schnell füllten sich die Lagerräume der Schreinerei Melzig, die Gärtner gehört, mit Hilfsgütern. Robin Krack sagt: „Einfach toll zu sehen, was man gemeinsam erreichen kann. Für die Spenden wollen wir allen von Herzen danken.“

Hilfsgüter für die gesamte Ukraine


Die beiden machten sich am 12. Juni mit ihrem vollgeladenen 18-Tonner auf den Weg ins Kloster St. Joseph nach Lemberg. Hier trafen sie die Politiker und übergaben Hilfsgüter, die in die gesamte Ukraine ausgeliefert wurden – hauptsächlich nach Charkiw. Schon die 1300 Kilometer lange Reise dahin war beeindruckend und abenteuerlich, insgesamt dauerte sie eineinhalb Tage: „Die Schlange kurz vor der ukrainischen Grenze war ewig lang. Das lag daran, dass erstmal jedem eine Berechtigung ausgestellt werden musste, der ins Land wollte“, sagt Udo Gärtner. „Je weiter wir Richtung Kloster fuhren, desto mehr Militärposten waren zu sehen und desto deutlicher wurde uns, was hier eigentlich vor sich geht“, berichtet Robin Krack.

Viel Zeit, sich von der Anreise zu erholen, blieb nicht: „Es war immer etwas los. So reiste beispielsweise e ein Fernseh- und Radioteam an, das über unser Goliath-Projekt und die damit verbundene Hilfsaktion in die Ukraine berichtete“, sagt Udo Gärtner. Goliath ist ein Stromspeichersystem, das die Energieversorgung in der Ukraine in Kombination mit weiteren Technologien dauerhaft und unabhängig von fossilen Energieträgern sicherstellen kann. „Wir haben uns mit Wirtschafts- und Umweltpolitikern getroffen, und sie waren von unserem nachhaltigen Projekt und dessen Potenzial absolut begeistert. Sie machen schon jetzt Pläne für den Wiederaufbau, obwohl sie nicht wissen, was die Zeit bringt. Das ist bemerkenswert“, sagt Udo Gärtner. „Die Ukrainer sind stolz auf ihr Land und werden alles in ihrer Macht stehende tun, um es zu verteidigen. Das hat man gespürt“, sagt Robin Krack.

Mehrmals täglich Luftalarm


Immer wieder wurden die beiden Goliath-Entwickler mit der Realität konfrontiert: „Wir haben mehrmals täglich Luftalarme gehört. Eine abgeschossene Rakete traf eine Ziegelei etwas 20 bis 30 Kilometer vom Kloster entfernt. Der Angriff galt wohl einem westlichen Waffenlager. Im Kloster selbst hielten sich außerdem viele Kriegsverwundete auf. Die Bilder vergisst man nicht so schnell“, sagt Robin Krack. Schwester Tatijana, Nonne im St. Joseph, berichtete den beiden außerdem von Klöstern, die sie seit Monaten nicht mehr kontaktieren kann. Sie war die Schwester, die Robin Krack und Udo Gärtner während ihres Aufenthaltes begleitete. „Was den Ukrainern bleibt, ist der Glaube, die Hoffnung und die Hilfe anderer Länder durch Spenden“, erklärt Udo Gärtner. Besonders in Erinnerung blieben den beiden die Worte von Schwester Tatijana: „Gott gedenkt jenen, die den Mut haben, in schweren Zeiten ehrenvolle Taten sprechen zu lassen.“

Wer noch Kleidung, Lebensmittel oder Hygieneartikel in die Ukraine schicken möchte, kann die Spenden werktags von 8 bis 16 Uhr in die Schreinerei Melzig (Lärchenstraße 5 in Sinntal-Sannerz) bringen. Für Udo Gärtner und Robin Krack steht fest, dass sie solch einen Hilfstransport nochmal

starten wollen. Abschließend sagt Robin Krack: „Wir haben in zweierlei Hinsicht etwas bewegt: Wir haben gemeinsam mit allen, die unserem Spendenaufruf gefolgt sind, humanitär geholfen und mit unserem Energiespeicher einen Weg gezeigt, wie die Energiewende im großen Maßstab umgesetzt werden kann. Das ist ein sehr gutes Gefühl – auch wenn die Eindrücke uns noch sehr beschäftigen.“

Hintergrund: So funktioniert Goliath

Goliath basiert wie 99 Prozent der weltweiten Massenenergiespeicher auf dem Prinzip eines Pumpspeicherkraftwerks und hat einen Wirkungsgrad von 75 bis 80 Prozent. Goliath ist dabei allerdings — im Gegensatz zu sämtlichen anderen Pumpspeicherkraftwerken — nicht auf topografische Gegebenheiten angewiesen.

Goliath funktioniert wie folgt: Zu speichernder Strom wird durch eine Pumpe in die potenzielle Energie des Wassers umgewandelt. Dabei wird Wasser in die Höhe befördert und von oben in einen Zylinder gepumpt. Der hydraulische Druck des Wassers zusammen mit dessen Gewichtskraft drückt den Kolben im Zylinder entgegen seiner Auftriebskraft in das untere Wasserreservoir.

Hierbei halten sich die Gewichtskraft des Wassers und die Auftriebskraft des Kolbens zu jedem Zeitpunkt die Waage, sodass jeder Ladezustand von 0 bis 100 Prozent erzielt werden kann.

Dieser Speicherzustand kann durch das Gleichgewicht so lange beibehalten werden, bis wieder Bedarf an der eingespeicherten Energie besteht.

In diesem Fall wird die Energie mithilfe der Turbine bedarfsgerecht in Strom umgewandelt. Dazu wird der Zugang zur Turbine freigegeben. Das in die Tiefe rauschende Wasser gibt seine Energie an der Turbine wieder in Form von Strom ab.

Durch das entweichende Wasser reduziert sich die Gewichtskraft, die auf den Auftriebskolben wirkt, wodurch dieser wieder emporsteigt und dafür sorgt, dass sich das System wieder komplett entleeren kann. Dieser Prozess kann zu jedem Zeitpunkt gestoppt werden. (pm)

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