HANAU
Geht der Rathauschef in die vierte Amtszeit? - Claus Kaminsky (SPD) im Interview
Fotos: Tobias Rehbein
Samstag, 13.03.2021
Hanaus Oberbürgermeister Claus Kaminsky will es noch einmal wissen: am Sonntag tritt der 61-Jährige bereits für seine vierte Amtszeit an. Dann muss der Rathauschef sich gegen sechs weitere Kandidaten durchsetzen. Was ihn für eine erneute Kandidatur bewegt hat, wie er die Stadt in den nächsten sechs Jahren weiterentwickeln will und was er eigentlich in seiner Freizeit macht, lesen Sie in unserem Interview.
Sie kandidieren jetzt bereits für die vierte Amtszeit. Wieso treten sie nochmal an?
"Zunächst war es so, dass entschieden war, nicht weiterzumachen. Das war auch alles so mit meiner Familie Weihnachten 2019 besprochen, weil ich die Stadt in einer guten Situation hätte übergeben können. Dann kam der 19. Februar und Corona. Ich wäre mir wie ein Kapitän vorgekommen, der bei stürmischer See einfach von Bord geht. Deshalb mein Angebot noch eine Wahlperiode dranzuhängen."
Hanau war die erste Stadt in Hessen, die vor einem Jahr eine Maskenpflicht eingeführt hat. Wie beurteilen Sie die Corona-Strategie der Landesregierung in den letzten Monaten?
"Ich will da milde sein mit Land und Bund. Unterm Strich wird mehr richtig, als falsch gemacht. Wenn ich zwischenzeitlich immer mal Kritik geübt habe, beispielsweise dass wir nicht früher mit den Impfzentren auch dezentral auch unterwegs waren, kann ich mich durch die Entwicklung nur bestätigt sehen. Nämlich auch knapper Impfstoff so zu verimpfen, dass er für möglichst viele Leute, möglichst wohnortnah zur Verfügung steht. Gerade ältere. Das hätte ich mir schon gewünscht. Jetzt sind wir aber auf einem guten Weg. Der Impfstoff gibt uns Hoffnung. Wir müssen aber jetzt so schnell es geht zu Lockerungen kommen weil die folgen immens sind."
Wie hat 19. Februar die Stadt und ihre Arbeit als Oberbürgermeister verändert?
"Der 19. Februar 2020 sitzt dieser Stadt und insbesondere den Opferangehörigen noch tief in den Knochen. Es war nicht weniger als der schlimmste Tag, den diese Stadt in Friedenszeiten jemals erlebt hat. Was aber Hoffnung gibt, ist, dass dieses Stadt zusammengestanden hat und bis zum heutigen Tag zusammensteht. Und das wir klargemacht haben, die Opfer waren keine Fremden und das wir all denen die rote Karte zeigen, die glauben, in unserer Stadt könnte eine gute Zukunft dadurch entstehen, dass mit Rechtsextremismus, Gewalt und Hass in unserer Gesellschaft irgendetwas zum guten Gewendet werden könnte."
Wie ist der Stand beim Thema Kreisfreiheit? Stehen die Pläne noch?
"Der Landrat und ich haben verabredet, dass wir die Gespräche erst ab April, Mai aufnehmen wollen, weil jetzt die Prioritäten anders waren. Aber wir haben schon gut miteinander verhandelt und gute Ergebnisse erzielt. Es stehen noch ein paar schwierige Gespräche an, aber die Kreisfreiheit wird kommen. Die Kreisfreiheit für Hanau ist eine epochale Entscheidung. Deshalb kommt es nicht auf ein paar Monate oder wenige Jahre an."
Was sind ihre Schwerpunkte in der neuen Amtszeit?
"Zunächst einmal müssen wir auch in Hanau die Folgen der Corona-Pandemie überwinden. Ich glaube da kommt noch eine Menge an Krisenmanagement auf uns zu. Dabei dürfen wir nicht außer Acht lassen, dass die Entwicklung der Stadt, der sozialen Infrastruktur, der Kitas, der Schulen und Sportstätten weiter nach vorne getrieben wird. Auch die Entwicklung in den Stadtteilen. Also es wird uns auch in der nächsten Wahlperiode überhaupt nicht langweilig."
Gibt es etwas in den letzten Jahren, dass sie Rückblickend anders gemacht hätten?
"Nicht wirklich. Ich glaube, dass die Zusage, die ich immer zu Beginn jeder Wahlperiode gemacht habe, dass nach Ende der sechs Jahre besser da steht als vor sechs Jahren, dass ich das immer eingelöst habe. Und zwar sowohl sozial, als auch ökologisch, als auch kulturell und finanzwirtschaftlich. Unterm Strich steht Hanau trotz Corona und dem 19. Februar besser da, als 2003, als ich das Amt übernommen habe und sogar als die letzte Wahlperiode 2015 begonnen ist."
Warum leben Sie gerne in Hanau?
"Hanau ist meine Heimatstadt. Hier bin ich groß geworden, zur Schule gegangen und hier kenne ich ganz viele Menschen. Deshalb ist das für mich Heimat. Hanau ist eine Stadt mit Ecken und Kanten. Eine Stadt für den zweiten Blick. Wenn man Besuch von außen hat und wenn die, das was sie vorher glauben über Hanau zu wissen, später sagen, so habe ich mir Hanau gar nicht vorgestellt. Das ist immer ein schönes Kompliment."
Wenn Sie Bürgermeister bleiben, wo steht die Stadt dann in fünf Jahren (Finanzen, Projekte, Infrastruktur)
"Hanau wird sich weiter entwickeln. Wir sind auf dem Schritt von Hessens größter Kleinstadt zu Hessens kleinster Großstadt. Hanau wird auch noch ein Stück weiter wachsen, was Arbeitsplätze, Schulplätze und Kitaplätze angeht. Wir müssen aber auch sehen, dass wir das Wachstum auch ein Stück herunter bremsen. Es gibt auch Grenzen des Wachstums. Hanau wird aber in sechs Jahren noch besser da stehen, als heute."
Was machen sie, nach Feierabend, wie schalten Sie ab?
"Sie müssen sich schon vorstellen, dass ich je nach Woche so auf 70-80 Stunden komme. Also braucht es das andere schon. Ich lese viel, ich jogge und mache Sport. Ich verbringe Zeit mit meiner Familie und versuche darüber abzuschalten. Und wenn es irgendwie geht, versucht ich ein Spiel von der Frankfurter Eintracht mir anzuschauen. Entweder im Fernsehen und hoffentlich auch bald mal wieder im Stadion." +++