MAIN-KINZIG-KREIS
Landrat Stolz: "Hass und Hetze im Netz sind für mich fast alltäglich"
Fotos: Justin Möser
Dienstag, 28.12.2021
Das Jahr 2021 war ein besonderes Jahr für uns alle. Jeder musste auf andere Art und Weise mit der Pandemie zurechtkommen - einige mehr und andere weniger. Und doch sind wir alle froh, dass das Jahr endlich zu Ende geht. Wie war das Jahr 2021 für Landrat Thorsten Stolz (SPD)? Wir haben ihn zu einem Jahresabschluss-Interview getroffen. Hier der erste Teil:
Wie war das Jahr 2021 für Sie im Rückblick?
"Das Jahr war ein sehr herausforderndes Jahr. Das bestimmende Thema war natürlich die Corona-Pandemie. Das hat uns sehr auf Trab gehalten. Besonders aber auch für diejenigen, die in den medizinischen Berufen tätig sind. Aber auch für alle anderen. Jeder hat direkte Auswirkungen von Corona gespürt. Sowohl beruflich als auch privat. Ich hoffe aber, dass 2022 besser wird als 2021."
Außerhalb von Corona: was lief sonst noch in diesem Jahr?
"Wir hatten enorme Investitionen im Bereich Bildung und Schule. Auch der Glasfaserausbau in den Gewerbegebieten stand auf der Agenda. Und natürlich der Aufbau der Impfzentren. Als wir zum Jahreswechsel den Einsatzbefehl bekommen haben, war das eine großartige Leistung, die Logistik, Organisation und personelle Ressourcen zur Verfügung zu stellen."
Was hätten Sie im Rückblick anders gemacht im Bezug auf Corona?
"Die Entscheidung, Ende September die Impfzentren zu schließen, das war im Nachhinein ganz klar ein Fehler. Hier hätten wir als Landräte und Oberbürgermeister viel stärker dagegen protestieren müssen. Die Funktionäre im Verband der Kassenärztlichen Vereinigung haben die Situation völlig falsch eingeschätzt. Auch die Einschätzung von uns allen, dass es reicht beim Thema Impfen an die Eigenverantwortung der Menschen zu appellieren, war eine große Fehleinschätzung. Ich wünsche mir, dass uns die Menschen auch mal glauben, wenn wir sagen, dass die Intensivstationen bis auf Anschlag laufen."
Wie schafft man es, die Spaltung der Gesellschaft durch Corona weiter zu verhindern und wieder Vertrauen in die Politik zu gewinnen?
"Man darf nicht jeden, der als Kritiker unterwegs ist, direkt als Leugner in eine rechte Ecke stellen. Das darf man nicht tun. Auch ich als Landrat versuche dort, nicht noch Öl ins Feuer zu gießen. Aber wir brauchen eine klare Kante gegenüber Menschen, die bewusst mit irren und wirren Gedanken unterwegs sind und die Dinge verbreiten, die nachweislich nicht stimmen und nicht in Ordnung sind."
Hass und Hetze gegenüber Politikern und Journalisten gibt es derzeit immer häufiger. Wie ist das bei Ihnen?
"Das merkt momentan jeder Politiker, der Verantwortung trägt, auch ich. Mittlerweile sind Hass und Hetze im Netz und Beleidigungen für mich fast alltäglich. Entweder per persönlicher Nachricht oder über Fake-Accounts. Beispielsweise wurden schon Grabkerzen und Holzkreuze vor dem Main-Kinzig-Forum aufgestellt oder wir haben auch Trauerkarten an das Trauerhaus Stolz bekommen. Da verschwimmen die Grenzen. Besonders sensibel reagiere ich, wenn jemand die Corona-Maßnahmen mit den Massenvernichtungen der Nationalsozialisten vergleicht. So etwas wird auch angezeigt von uns."
Morgen folgt Teil 2.