MAIN-KINZIG-KREIS
Exkurs über den Notgroschen und was alte Kalender damit zu tun haben

Fotos: Stefanie Harth
Freitag, 30.12.2022
Ein bisschen Lektüre für "zwischen den Jahren": Eine Geschichte aus dem Buch "Weihnachten fällt wohl ins Wasser" von Kurt F. Svatek. Zur Verfügung gestellt vom TRIGA Verlag in Gelnhausen. Viel Spaß beim Lesen!
In der Jahreszeit, die unter dem Motto zu stehen scheint: »Alles rennt, es ist Advent«, ist die Kasse vielleicht schon sehr knapp geworden, und auch das Konto dürfte hoffnungslos überzogen sein. Sogar in dem beizeiten sorgsam versteckten Portemonnaie mit dem Notgroschen kann nach dem Einkauf von Knallkörpern und Silvesterraketen kaum mehr eine Münze entdeckt werden.
Der Notgroschen müsste zwar längst schon »Notcent« heißen, aber schlampig ausgesprochen klingt in den alpinen Gegenden »Notcent«, umgangssprachlich aufgefasst, doch zu sehr nach einem Teil eines »Notgebisses«. So wird uns der Notgroschen sinnvollerweise auch im Euro-Zeitalter noch lang erhalten bleiben. Davon einmal abgesehen, gibt es aber immer noch ein Neujahrsutensil, das zwar jeder braucht, bei dem es sich trotzdem sparen lässt, wenn einer nur rechtzeitig daran gedacht hat. Bei einem neuen Kalender.
"Also wozu dann einen neuen kaufen?"

Hätte nämlich jemand vorsorglich das Kalendarium von 1991 aufgehoben, er hätte es für 2002 verwenden können, aber auch für 2013, denn die Kalender dieser Jahre gleichen einander auf den Tag genau. Also wozu dann einen neuen kaufen? Das lateinische Kalendarium heißt zwar so viel wie Schuldbuch, ist also streng genommen ein Verzeichnis der am Monatsersten fälligen Zahlungen, aber mit ein wenig Anstrengung lassen sich solche alten Eintragungen schon ignorieren.
Doch zurück zu
unserem zuerst genannten Kalender. Nach 2013 wäre es am besten, ihn den
Kindern und Enkeln zu vererben, denn er gilt dann erst wieder für die
Jahre 2086 und 2097. Mit ein bisschen Geschick lässt sich für diese bei
einem derartigen, letztlich doch handelsüblichen Druckwerk womöglich
auch die Erbschaftssteuer umgehen. Dieser sich über mehr als ein
Jahrhundert erstreckende Einsparungsplan würde die Sparversuche wohl
aller Regierungen mehr als kläglich erscheinen lassen.
Ein
recht effektiver Almanach ist auch der von 1990 und 2001, falls Sie ihn
nicht schon weggeschmissen haben. Ins Testament aufgenommen, ist er
gleich drei Mal in 23 Jahren wieder zu gebrauchen: 2063, 2074 und 2085.
Ihm gleich macht es das Kalendarium von 1994. Gilt es doch in den
Jahren 2067, 2078 und 2089. Wären manche Großeltern sehr weitblickend
gewesen und hätten den Bauernkalender von 1933 aufgehoben, 2006 und 2017
käme er wieder in Mode. Wenn auch vieles politisch und wirtschaftlich
Fragwürdige aus dem Jahr 1933 dann wohl endgültig überwunden sein wird,
das Kalendarium gilt noch präzise wie vor Jahrzehnten. Sein nächster
Gültigkeitsbereich wäre 2090, wenn es dann nicht schon gänzlich
zerfleddert ist.
Kalender aus der Vergangenheit
So gibt es eben so gut wie für jedes Jahr einen Kalender aus der Vergangenheit, der verwendet werden könnte. Der von 1989 für 2062 und 2073, der von 1993 für 2066 und 2077. Fände jemand auf dem Dachboden sogar noch einen aus dem Jahre 1912, dann sollte er ihn für die Nachkommen sorgfältig aufheben. Sie brauchen ihn nämlich erst wieder 2080. Recht schwierig ist es auch, alte Kalender für Schaltjahre zu ergattern, weil diese ja viel seltener sind.
Wer also rechtzeitig vor dem ersten Jänner seinen alten Dachboden oder den seiner Eltern und Großeltern durchstöbert, kann sich womöglich die Ausgabe für einen neuen Kalender ersparen. Und wer die neuen vorsichtig verwendet, sie dann sorgsam aufhebt, erspart wiederum seinen Kindern und Enkeln unnötige Ausgaben, falls sie dieser Art von Spargesinnung überhaupt etwas abgewinnen können.
Aber wenn eine Familie viele Jahre durchhält, kann sie sich schon Dank der Zinsen und Zinseszinsen in ferner Zukunft irgendwann einmal zum Jahreswechsel statt des Gebräues von Wasser, Zitronensaft, Gewürzen, Zucker und Arrak – das wäre nämliche der echte, ursprünglich aus Indien stammende Punsch – wohl sogar eine Flasche besten Champagners leisten.