FRANKFURT AM MAIN

Berichterstattung im Ukraine-Krieg: Das hat WELT-Reporter Daniel Koop erlebt

Live auf Sendung für WELT
Fotos: Daniel Koop/ Instagram
von MORITZ PAPPERT


Dienstag, 21.06.2022

Als am 24. Februar dieses Jahres die ersten Bomben in der Ukraine einschlugen, stand die ganze Welt unter Schock. Mittendrin: WELT-Reporter Daniel Koop. Der Frankfurter erzählt im Interview mit KINZIG.NEWS, wie er den Krieg als Reporter vor Ort erlebt hat, was seine schlimmsten Momente waren und wie sein Arbeitsalltag aussah.

Daniel Koop war in diesem Jahr bereits fünf Mal in der Ukraine. Das erste Mal bereits im Januar. "Keiner wusste, ob wirklich ein Krieg ausbricht. Wir haben alle gehofft, dass es nicht passiert." Mit der letzten Lufthansa-Maschine ist Koop dann kurz vor Kriegsbeginn noch nach Kiew geflogen. Sicherheitshalber mit dabei: Schusssichere Weste und Helm. Hier wusste er noch nicht, dass er das schon bald brauchen wird.

"Ich bin jemand, der eher versucht, Risiko zu vermeiden, ich wollte aber trotzdem aus der Ukraine berichten." Ihm ist aber bewusst: Bei dem Einsatz könnte es auch um sein eigenes Leben gehen. Vor Ort wird er von Übersetzern, Sicherheitsprofis und auch von seinem Sender unterstützt. "Trotzdem geht man mit einem unguten Bauchgefühl dahin", sagt der Reporter.

"Keine Situation rechtfertigt, dass man nicht mehr lebend zurückkommt"

So richtig ernst wurde es dann am 24. Februar. Als Koop um 4:30 Uhr in Kiew aufwachte, vermeldeten die ersten Nachrichtenseiten schon Detonationen in Kiew. "Ich konnte es erst nicht glauben. Ein Kollege von CNN stand schon draußen und hat berichtet, da wusste ich: jetzt geht es los." Der Krieg hat begonnen.

Das wichtigste vor Ort laut Koop: "Immer mit einem gesunden Menschenverstand an die Sache ran gehen und auf sein Bauchgefühl hören. Keine Situation rechtfertigt, dass man abends nicht mehr lebend zurückkommt." Außerdem müsse man täglich das Risiko neu abwägen. 

Bei der Arbeit vor Ort war jeder Tag anders. "Am Anfang war ich mit meinem Kollegen 15 bis 17 Stunden am Tag live, also fast ständig auf Sendung." Dazu kommen die Eingenrecherche und Interviews zwischen den 40 bis 50 Live-Schalten am Tag für die verschiedensten deutschen Sender. 

Eine Situation ist ihm besonders in Erinnerung geblieben. "Direkt am ersten Tag waren wir in Kiew. Viele Leute dort dachten, dass es keinen Krieg geben wird, deshalb waren die Menschen dort überhaupt nicht vorbereitet. Unser Fahrer und Dolmetscher auch nicht, er hatte richtig Angst und gesagt, er wird heute kündigen. Dann mussten wir uns entscheiden. Entweder wir fahren mit ihm in Richtung Westen nach Lwiw oder wir bleiben in Kiew - ohne ihn und ohne Auto."

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Alpträume vom Raketenalarm

Sie entschieden sich, aus Kiew wegzufahren und nahmen den Weg nach Lwiw auf sich. Statt sechs Stunden brauchten sie allerdings 16. "Die Straßen waren extrem voll. Kurz vor Lwiw sind dann 20 Meter über uns russische Helikopter geflogen. Die hätten uns einfach abschießen können. Das war ein sehr seltsames Gefühl." Auch im Kopf geblieben ist ihm der Moment, als tausende Menschen am Bahnhof in Lwiw gestrandet sind, teilweise nur mit einer Plastiktüte mit ihrem Hab und Gut. "Die Menschen haben von heute auf morgen alles verloren."

Jetzt ist er seit über einer Woche wieder in Deutschland. Die Ukraine sei ihm mittlerweile ans Herz gewachsen. "Ich mag das Land und die Leute, es war schon ein komisches Gefühl dort abzureisen." Noch immer hat er täglich Kontakt zu seinen Kollegen vor Ort. "Man muss sich in Deutschland erst einmal ein paar Tage an die Sicherheit gewöhnen. Die ersten zwei Nächte habe ich noch vom Raketenalarm in der Nacht geträumt." 

Wann er wieder zurück in die Ukraine geht, weiß er noch nicht. "Die Ukraine ist für mich ein Herzensthema. Deshalb bin ich mir sicher, dass ich dieses Jahr noch einmal hingehen werde", sagt Daniel Koop abschließend. Jetzt stehen bei ihm andere Reporter-Termine, wie der G7-Gipfel, an. Und dann: ein wohlverdienter Urlaub.

Wer Daniels Arbeit verfolgen will: danielkooptv ist sein Instagram-Kanal.