SCHLÜCHTERN

Beim Neujahrsempfang das Heimatgefühl geweckt

Die Stadt Schlüchtern und der Verein für Wirtschaft und Tourismus (WITO) hatten nach zwei Jahren Corona-Pause wieder zu einem Neujahrsempfang in die Stadthalle eingeladen.
Fotos: Walter Dörr
von WALTER DÖRR


Dienstag, 24.01.2023

Die Stadt Schlüchtern und der Verein für Wirtschaft und Tourismus (WITO) hatten nach zwei Jahren Corona-Pause wieder zu einem Neujahrsempfang in die Stadthalle eingeladen.

„Schlüchtern – unsere Heimat“ war das Thema der Ansprache von Bürgermeister Matthias Möller. Eingestimmt wurden die zahlreichen Gäste durch einen aktualisierten Schlüchterner Imagefilm „Leben-Wohnen-Arbeiten“. Dr. Frank Kleespies, der Keyboarder der Bigband Route 66, die die Veranstaltung musikalisch mitgestaltete, begleitete am Flügel das beeindruckende Video.

Stellvertretend für alle Gäste hieß Möller Landrat Thorsten Stolz in der „Gudd Stubb“ willkommen. Dass das Jahr besser begonnen hat, als das seine, hoffte der Bürgermeister, denn er erlitt bei einem Skiurlaub einen Schulterbruch. Und dann sagte ihm noch der italienische Arzt, dass er „in dem Alter nicht mehr so schnell Ski fahren solle“. Auch habe ein ortsansässiger Lokalpolitiker beim CDU-Jahresempfang gegiftelt, ob er sich wohl bei den ganzen Umbauprojekten in der Stadt verhoben habe. Der so aktive Bürgermeister verkündete stolz beim Jahresempfang, dass Schlüchtern trotz aller geopolitischen Umstände weiterhin gut aufgestellt sei und man mit Zuversicht in die Zukunft blicke.

Corona, Lockdown, Stillstand, Ungewissheit und Krieg


Im Januar 2020 habe sich die Welt, der Bergwinkel und Schlüchtern gravierend verändert: Corona, Lockdown, Stillstand, Ungewissheit und Krieg. In der Folge eine Inflation mit dramatischem Ausmaß, eine enorme dagewesene Flüchtlingswelle, eine Zinskrise, Energieengpässe und erhebliche Verteuerungen, so dass Ängste in den Menschen ausgelöst wurden. Corona habe das Leben drastisch verändert – das Einkaufs- und Arbeitsverhalten sei über Nacht digitaler geworden. Auch noch nachts bequem vom Sofa einkaufen zu können, treffe den stationären Handel und sei extrem herausfordernd für die Stadtentwicklung.

Einen enormen Schaden erlitten laut Möller die Schul-, Bildungs- und Betreuungssysteme. Flexibel zu reagieren und die Kinder und junge Menschen auf die Zukunft vorzubereiten, sah Möller nicht und blickt mit großen Sorgenfalten nach Berlin: „Ich kann zum Teil die Entscheidungen im Bund nicht nachvollziehen.“ Gerade bei Zukunftsthemen wie Kinder und Fachkräfte brauche man krisenfeste Politiker mit Lebenserfahrung, die nicht gleich auf Instergram oder Twitter ihre Meinung analysieren und mit den Ängsten der Menschen spielen.

Wie die ökologischen und politischen Herausforderungen lösen? „Wir müssen gesellschaftliche Probleme gemeinschaftlich angehen und lösen, an einem Strang ziehen und in dieselbe Richtung. Ich möchte für unsere Heimat das Heimatgefühl stärken, die Identität des Bergwinkels bewahren und in die Zukunft führen,“ so Bürgermeister Möller. Heimatgefühl, wie beim Kalten Markt, wo Kultur, Vereine und Tradition erlebbar seien. „Ich möchte nicht nur Stadtentwicklung betreiben, neue Plätze schaffen, moderne Gebäude bauen und neue Unternehmen nach Schlüchtern holen. Ich will das Heimatgefühl stärken, es mit ihnen erlebbar und sichtbar machen.“

Hessentag 2028 in Schlüchtern?


Möller kündigte einen ersten Ehrenamtsabend an mit der Verleihung der höchsten städtischen Auszeichnung, dem Stadtsiegel. Pläne für die Dorf- und Stadtentwicklung sollen mit dem gewachsenen Team in der Verwaltung, den Ortsbeiräten, dem Magistrat und der Stadtverordneten umgesetzt werden. Dass man mit schwierigsten Themen souverän umgehen kann und stets lösungsorientierte Maßnahmen entwickelt, beschrieb Möller am Projekt Langer. Allen Kritikern habe man gezeigt, dass eine Kleinstadt einen Stadtkern gestalten kann, eine neue Mitte schaffen, mit Berücksichtigung modernster KfW-Standards, Photovoltaik-Technik, Stadtgrün und einer hohen Aufenthaltsqualität. Die Bürger tragen die Belastungen und Einschränkungen mit, weil sie die positive Entwicklung der Stadt erkennen.

Neuer Raum für Gemeinschaft und Geselligkeit werde auch für die Bürger von Hutten, Elm und Ahlersbach geschaffen. Das brachliegende Vogt-Gelände und das Freibad seien weitere Projekte. „Wir zeigen den Menschen in Hessen und darüber hinaus, was wir hier mit viel Ehrgeiz, Fleiß und Schaffenskraft entwickeln und bauen“, so Möller und der Bürgermeister stellte die Frage in den Raum, ob sich da nicht anbiete, den Hessentag 2028 in Schlüchtern zu veranstalten? Mit einem Raunen wurde der Vorschlag in der Stadthalle zur Kenntnis genommen.

Neuer Wohnraum, Arbeitsplätze und die Wirtschaftsförderung sind in Schlüchtern Chefsache. Die Einpendler-Stadt, ein Status als „Mittelzentrum Plus“ bringe auch steigende Gewerbesteuereinnahmen – zuletzt 9,65 Millionen Euro. Nach „Langer“ ein Kultur- und Begegnungszentrum mit Wohnen, Handel, Gastronomie, klimapolitisch innovativ, dem Zeitgeist angepasst, was das Land Hessen mit der höchsten 800.000 Euro- Förderung belohnte. Der Bürgermeister dankte den örtlichen Unternehmern. In der Zukunft würden noch mehr Fördergelder und Gewerbesteuer gebraucht.

Möller dankte seinem Team im Rathaus, das in Möllers Amtszeit zehn Millionen Euro ordentliche Rücklagen aufgebaut habe – ohne die Steuern zu erhöhen. Um den Klimawandel zu managen, werde man weiter innovativ unterwegs sein, und Möller möchte dazu eine Energie-GmbH gründen, die einen ökologischen Nutzen, ökonomische Vorteile und Einnahmenquellen brächte.

Erfolgreiches Wirken


Mit einem Rückblick auf ein erfolgreiches Wirken des Vereins für Wirtschaft und Tourismus (WITO) begann dessen Vorsitzender Axel Ruppert seine Rede. Seit 35 Jahren werde die Stadtzeitung herausgegeben und verkaufte Schlüchterner Gutscheine im Wert von über einer Million Euro Wert seien eine lokale Wirtschaftsförderung. Das jüngste Kind sei der Klimapakt, ein Zusammenschluss von derzeit 25 Unternehmen und Institutionen, die freiwillig ihre Ökobilanz (Reduzierung CO2-Emissionen) verbessern möchten. Die Auszeichnung mit dem Umweltpreis des Main-Kinzig-Kreises belohnte das Ansinnen auf lokaler Ebene.

Wie Axel Ruppert bemerkte, wisse man dank der ökologischen Forschungsstelle, wie wichtig heimische Bäume sind (Nistkästen an Douglasien würden immer leer bleiben). Im Aufforstungsprojekt Zukunftswald würden Laubbäume mit einem hohen biologischen und holzwirtschaftlichen Nutzen gepflanzt, die gut geeignet seien, sich den veränderten klimatischen Bedingungen unserer Region anzupassen.

Einen Fachvortrag „Umgang mit Energie- Schlüchtern auf dem Weg zur Klimaneutralität“ hielt Melanie Schlepütz von der LandesEnergieAgentur Hessen (LEA). Sie zeigte Wege zur Energieeffizienz (Dämmungen, moderne Heizanlagen) auf und stellte auch Fördertöpfe vor. Die Kampagne 2023 „Aufsuchende Energieberatung“ werde voraussichtlich ab dem Helle Markt auch in Schlüchtern starten.

Die Vorstellung von Klimaschutzprojekten im Rahmen von „Lebendige Zentren“ (vormals aktive Kernbereiche) und auch „Your Voice“ im interaktiven 3-D-Stadtbeteiligungsmodell präsentierten der für Liegenschaften zuständige Sachbearbeiter in der Stadtverwaltung, Thomas Rau, sowie Vera Neisen und Felix Assmann von der Nassauischen Heimstätte (Betreuung des Kernbereichsmanagement im Rahmen des Städtebauförderprogrammes „Lebendige Zentren“).

Nach den Vorträgen standen im Foyer der Stadthalle regionale Köstlichkeiten des Stadthallen-Restaurants „Jedermanns“ bereit. In zwanglosen Gesprächen vertiefte man das Gehörte – unterstützt von Fachleuten. Die Breitband Main-Kinzig und WITO waren mit Info-Ständen präsent.

Schlüchterns Bürgermeister Matthias Möller.