HANAU

Das verbirgt sich hinter dem "HANNS"-Projekt am Klinikum Hanau

Die Schlaganfalllotsinnen Catrin Uchtmann (rechts) und Johanna Krill (links) im Gespräch mit einem Schlaganfallpatienten.
Foto: Klinikum Hanau


Sonntag, 29.10.2023

Hängender Mundwinkel, verwaschene Aussprache, gelähmter Arm – alles Symptome, die auf einen Schlaganfall hinweisen und sofortiges Handeln erfordern.

Denn je früher die Therapie einsetzt, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit für bleibende Schäden. Dennoch leiden viele Betroffene ein Leben lang unter den Folgen: Fast zwei Drittel sind dauerhaft auf Unterstützung, Folgetherapien, Hilfsmittel oder Pflege angewiesen. Hinzu kommen viele unbeantwortete Fragen und Sorgen bis hin zur Angst, dass es wieder passiert. Denn rund 20 Prozent erleiden mindestens einen weiteren Schlaganfall, etwa ein Viertel verstirbt innerhalb des ersten Jahres.

Unterstützung finden Betroffene bei der „Hanauer ambulante Nachsorge nach Schlaganfall“, kurz HANNS. „Mit HANNS haben wir vor fünf Jahren eine echte Vorreiterrolle eingenommen. Ich bin sehr stolz, dass wir als Stadt Hanau zusammen mit unserem Klinikum das erste Schlaganfalllotsen-Projekt in ganz Hessen auf die Beine gestellt haben“, sagt Oberbürgermeister Claus Kaminsky.

Ziel des Leuchtturmprojekts ist es, Betroffene nach ihrem Krankenhausaufenthalt zurück ins Leben zu helfen. Als Mitarbeiterinnen des Klinikums betreuen die beiden Schlaganfalllotsinnen Catrin Uchtmann und Johanna Krill die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Projekts ein Jahr lang nach ihrem Schlaganfall ambulant: Sie besuchen sie nach der Entlassung in der Rehaklinik und zu Hause, begleiten sie durch das Gesundheitssystem, unterstützen bei der Einhaltung der medikamentösen Behandlung und helfen bei der Umsetzung eines gesünderen Lebensstils, um das Risiko zu vermindern, erneut einen Schlaganfall zu erleiden, einen Herzinfarkt zu bekommen oder an den Folgen zu sterben. Außerdem sensibilisieren sie Betroffene und das soziale Umfeld für klassische und spezielle Schlaganfallsymptome. Hierbei wird in enger Kooperation mit der Stiftung Deutsche Schlaganfallhilfe gearbeitet.

Heute ist Welt-Schlaganfall-Tag


358 Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben die Lotsinnen seit Beginn des Projekts Ende 2018 begleitet. Zum Welt-Schlaganfall-Tag am 29. Oktober blickt auch Dr. med. Sven Thonke, Chefarzt der Klinik für Neurologie, auf fünf erfolgreiche Jahre zurück: „Wir sehen bei den Teilnehmenden eine deutliche Reduzierung von Gefäßrisikofaktoren. Bei den meisten haben sich Blutdruck und Blutfettwerte enorm verbessert und was uns besonders stolz macht: 98 Prozent sind mittlerweile rauchfrei. Auch die regelmäßige Medikamenteneinnahme ist bei den Patientinnen und Patienten, die von unseren Lotsinnen betreut werden, exzellent, was das erneute Schlaganfall-Risiko ebenfalls senkt. Bei Betroffenen, die im ersten Jahr solche Fortschritte machen, bin ich optimistisch, dass das auch nachhaltig so weitergeht und wir sie nicht noch einmal bei uns auf der Stroke Unit treffen“.

Aber die beiden Lotsinnen schauen nicht nur auf klassische Risikofaktoren, wie Nikotinkonsum oder ungesunde Ernährung. „Ein Schlaganfall bringt neben körperlichen Einschränkungen oft auch wirtschaftliche, soziale und familiäre Probleme mit sich. Auch hier versuchen wir, im persönlichen Gespräch zu helfen und Lösungswege aufzuzeigen, denn diese Faktoren sind ebenso wichtig für die Genesung“, erklärt Uchtmann.

"358 Teilnehmerinnen und Teilnehmer, das sind 358 Leben..."


Potenzielle Teilnehmende werden von ihr und Johanna Krill direkt auf der Stroke Unit des Klinikums, einer speziellen Station für Schlaganfallpatienten, angesprochen und über das Programm informiert. Und der Bedarf für ihre Unterstützung ist groß: Jährlich werden dort rund 1.000 Betroffene behandelt, davon können im Jahr bis zu 100 in das Projekt aufgenommen werden. Deshalb müssen die potenziellen Teilnehmenden auch einige Voraussetzungen erfüllen. Sie sollten beispielweise im Umkreis von 50 Kilometern wohnen, sodass die Lotsinnen sie auch zu Hause besuchen können. Außerdem sollten sie telefonisch erreichbar sein, mehrere Risikofaktoren für einen Schlaganfall aufweisen und Kooperationsbereitschaft und Willen zur Anpassung des eigenen Lebensstils zeigen.

Die Teilnahme am Projekt ist freiwillig und kostenlos. Finanziert wird es durch das Klinikum und die Stadt Hanau. „358 Teilnehmerinnen und Teilnehmer, das sind 358 Leben, die durch das Projekt bereits positiv beeinflusst wurden und es wird noch sehr vielen weiteren Menschen helfen“, ist sich Oberbürgermeister Kaminsky sicher. (red)