MAIN-KINZIG-KREIS
Quereinstieg in Erzieherberuf durch gute Ausbildung nah am Kind
Samstag, 18.11.2023
Wer kann nicht von Künstlicher Intelligenz (KI) ersetzt werden? Von wem werden Menschen schon in frühester Kindheit geprägt? Wer hilft Kindern dabei, ihre individuellen Fähigkeiten zu entdecken und zu entwickeln? Wer bietet frühkindliche Bildung, ist Bezugsperson und klebt Pflaster auf aufgeschürfte Knie? Vier Fragen, eine Antwort: Erzieherinnen und Erzieher in den Kitas im Main-Kinzig-Kreis.
Die Voraussetzung, um den sinnstiftenden Trendberuf ergreifen zu können, ist die Mittlere Reife oder ein gleichwertiger Schulabschluss. Geht jemand den klassischen Bildungsweg, um Erzieherin oder Erzieher zu werden, schließt sich eine zweijährige Ausbildung zur Sozialassistenz an. Hier werden grundlegende Kenntnisse für pädagogische und sozialpflegerische Berufe vermittelt. Auf dieser Ausbildung baut die weiterführende Ausbildung zur Erzieherin oder zum Erzieher an einer Fachschule für Sozialwesen auf, etwa an den Beruflichen Schulen in Gelnhausen oder an der Eugen-Kaiser-Schule in Hanau. Die Ausbildung gliedert sich in einen überwiegend fachtheoretischen Teil, der zwei Jahre einschließlich zwei Praktika in einer sozialpädagogischen Einrichtung umfasst, und ein anschließendes Berufspraktikum von einem Jahr. „Wenn jemand schon als Schülerin oder Schüler dieses Berufsziel anstrebt, rate ich zu diesem Weg“, sagt Irmgard Herget, Leiterin der Fachschule für Sozialwesen in Gelnhausen. Zudem gibt es für entsprechend vorgebildete Personen Möglichkeiten, die Ausbildung zu verkürzen.
Doch was ist mit jenen, die sich später im Leben für den Erzieherberuf interessieren? „Es gab schon immer Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger“, antwortet Eva Zinnbauer, Leiterin der Fachschule für Sozialwesen in Hanau, und: „Menschen mit Abitur oder Fachhochschulreife und einem Freiwilligen Sozialen Jahr etwa können schon lange ohne die Ausbildung zur Sozialassistenz direkt die Erzieher*innenausbildung absolvieren.“ Irmgard Herget, Leiterin der Fachschule für Sozialwesen in Gelnhausen ergänzt: „Mit der Praxisintegrierten vergüteten Ausbildung (PivA) wurde ein Angebot geschaffen, das für Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger interessant ist.“ Sie beobachtet, dass sich immer mehr Menschen für den Erzieherberuf interessieren. „Sie kommen aus unterschiedlichen Berufsfeldern, sind ganz unterschiedliche Lebenswege gegangen, bringen tolle Qualifikationen und Kompetenzen aus ihren Erstberufen mit“, bestätigt Eva Zinnbauer.
Unter den Bewerberinnen und Bewerbern sind Hotelfachleute, Schreiner und Steuerfachkräfte. Es sind Frauen, die als Tagesmutter gearbeitet haben, deren Kinder mittlerweile groß sind, und die als Erzieherin arbeiten wollen. Es sind Menschen, die ein Studium – zum Beispiel Grundschulpädagogik – aufgenommen haben und feststellen, dass sie Kinder lieber begleiten und nicht bewerten wollen. Für sie eröffnet sich mit PivA ein Weg in ihren Traumberuf.
Die Voraussetzungen für PivA reichen von einer abgeschlossenen Berufsausbildung, Fachhochschulreife oder Abitur plus einer dreimonatigen Vollzeitpraxis in einer sozialpädagogischen Einrichtung bis hin zu 33 Monaten Tätigkeit als Tagespflegeperson mit Nachweis vom Jugendamt plus dem bereits genannten Praktikum. Eine dritte Variante umfasst 36 Monate Vollzeitberuflichkeit oder Volllzeitpraktikum in einer sozialpädagogischen Einrichtung, zum Beispiel in einer Kita. Bundesfreiwilligendienst, eine Tätigkeit als Au-Pair, die erzieherische Tätigkeit in der Familie oder eine ehrenamtliche Tätigkeit können gegebenenfalls angerechnet werden. Mit allen Bewerberinnen und Bewerbern für den Quereinstieg werden im Vorfeld Gespräche geführt.
„Wir wollen
wissen, wer die Personen sind und ob sie sich für den Beruf eignen, wenn
sie in einer Kita arbeiten“, erläutert Eva Zinnbauer und Irmgard Herget
ergänzt: „Kita-Kinder werden uns von den Eltern, von der Gesellschaft
anvertraut. Es sind Schutzbefohlene, für deren Wohl wir Verantwortung
tragen. Dem müssen wir gerecht werden.“
In den ersten beiden
Ausbildungsjahren gehen die Auszubildenden an zwei Tagen in der Woche
einer beruflichen Tätigkeit in einer sozialpädagogischen Einrichtung
nach und an drei Tagen nehmen sie am Unterricht teil. Im dritten
Ausbildungsjahr erhöht sich der Stundenanteil in der Praxis. Die
Vergütung beläuft sich auf etwa 1.200 Euro monatlich und erfährt eine
jährliche Steigerung. „Die Studierenden werden nach Tarifvertrag
bezahlt“, sagt Irmgard Herget und Eva Zinnbauer befindet: „Beim
Verdienst in der Ausbildung für Erzieherinnen und Erziehern hat sich
einiges getan.“ An den Schulen steigt die Zahl der PivA-Studierenden.
Die Vergütung ist dafür ein wesentlicher Grund, aber auch der große
Bezug zur Praxis. Doch gibt es weitere Möglichkeiten, während der
Ausbildung finanziell unterstützt zu werden. Zum einen können Menschen,
die eine Erstausbildung absolviert haben und die
Vollzeit-Erzieherinnen-Ausbildung machen, Aufstiegs-BAföG in Anspruch
nehmen. Zum anderen können Auszubildende bei einer vom Jobcenter
unterstützten Umschulung zur Erzieherin oder zum Erzieher
Bildungsgutscheine verwenden.
Praxisnaher Lehrplan
Die Ausbildungsinhalte an den beiden Fachschulen im Main-Kinzig-Kreis sind gleich. „Der Lehrplan gibt es her, dass wir praxisnah unterrichten. Wir möchten möglichst viel Theorie anhand von Praxisbeispielen erarbeiten. Deshalb ermuntern wir die Studierenden, eigene Fälle, Themen, Erlebnisse aus der Praxis einzubringen. Fallbeispiele werden natürlich auch von den Lehrkräften eingebracht und besprochen“, berichtet Eva Zinnbauer. Schule, Lehrkräfte und Studierende wollen Ausbildung nah am Kind. Dafür bekommen die beiden Schulen viel positive Rückmeldung. Das sei sehr motivierend, so beide Herget und Zinnbauer. „Es geht im Beruf um das Gestalten von Beziehungen und Partizipation Deshalb vermitteln wir den Studierenden Kommunikationsfähigkeit, Planungs- und Beratungskompetenz, unterstützen aber auch mit persönlichkeitsbildenden Aspekten. Deshalb sind bei uns in Gelnhausen Projektarbeit und Gruppenprozesse Teil der Ausbildung“, erläutert Irmgard Herget.
Zum Konzept an der Eugen-Kaiser-Schule gehören
auch Erlebnispädagogik und tiergestütztes Arbeiten. Wie am Pendant in
Gelnhausen gibt es in Hanau eine inklusive Theatergruppe. Die
Studierenden nehmen fachliche, theoretische und vielfältige andere
Impulse mit in die Kitas des Main-Kinzig-Kreises und in andere
sozialpädagogische Einrichtungen. So bereichern sie sowohl die
Kita-Teams als auch die pädagogische Arbeit mit den Kindern.
Die
Fachschule für Sozialwesen an den Beruflichen Schulen des
Main-Kinzig-Kreises in Gelnhausen beziehungsweise die Fachschule für
Sozialwesen an der Eugen-Kaiser-Schule in Hanau bieten die Ausbildung
zur Erzieherin beziehungsweise zum Erzieher an. Informationen rund um
das Thema gibt es hier: https://www.eks-hanau.de oder https://bs-gelnhausen.de/bildungsangebot/fachschule-fuer-sozialwesen/.
Im Podcast „MKK ganz nah“, Folge 17: „Erzieher*in – Ein Beruf mit
Zukunft“ berichten zwei angehende Erzieherinnen und ein Erzieher über
ihren Werdegang: https://www.youtube.com/watch?v=yqvN1PQAg8s
Wer
Interesse an einem Praktikum in einer Kita im Main-Kinzig-Kreis hat,
findet auf der Seite „Mit Kind und Kegel“ des Main-Kinzig-Kreises die
entsprechenden Adressen:
https://www.mitkindundkegel.de/cms/de/kinderbetreuung/index_22.html.
Tag der offenen Tür an der Eugen-Kaiser-Schule in Hanau
Die Eugen-Kaiser-Schule in Hanau veranstaltet am Mittwoch, 29. November, von 14 bis 17 Uhr einen Tag der offenen Türen. Menschen, die sich für eine Ausbildung zur staatlich geprüften Erzieherin beziehungsweise zum staatlich geprüften Erzieher oder für das Berufsfeld Sozialwesen und die entsprechenden Schulformen interessieren, sind herzlich eingeladen. Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler beantworten Fragen und berichten aus Schule und Praxis. Die Veranstaltung findet im Sozialpädagogischen Ausbildungszentrum (SpAz), Fasaneriestraße 23, in Hanau Klein-Auheim statt. (red)