MAIN-KINZIG-KREIS

Ökumenische Wohnungslosenhilfe begrüßt Aktionsplan gegen Wohnungslosigkeit

Rainer Broßmann
Foto: privat


Sonntag, 23.06.2024

Laut Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e. V. (BAG W) sind in Deutschland 600.000 Menschen wohnungslos, 50.000 von ihnen leben ohne Unterkunft auf der Straße. Mit einem Aktionsplan möchte die Bundesregierung dafür sorgen, dass es bis 2030 keine Wohnungslosigkeit in Deutschland mehr gibt. Ein wichtiges Ziel, wie Rainer Broßmann, Einrichtungsleiter der Ökumenischen Wohnungslosenhilfe im Franziskus-Haus Hanau findet. Aber auch eines mit vielen Herausforderungen.

Der Duft von warmen Essen liegt in der Luft, es klappern Kaffeetassen und rege Unterhaltungen füllen den Raum: In der Tagesstätte des Franziskus-Hauses herrscht reger Betrieb. Hierher kommen Männer und Frauen, die ohne festen Wohnsitz sind und eine kurze Auszeit von ihrem Alltag auf der Straße brauchen. Hier gibt es die Möglichkeit, sich zu stärken, die Wäsche zu waschen oder einfach einmal durchzuschnaufen und das Gespräch zu suchen. Und das täglich, denn die Einrichtung ist 365 Tage im Jahr geöffnet. Fast 17.500 Besuche hat die Tagesstätte im Franziskus-Haus im vergangenen Jahr verzeichnet. Mehr als 3.500 Mal haben wohnungslose Menschen die Möglichkeit genutzt und in der Herberge des „gelben Hauses“ übernachtet. Zahlen, die zeigen, dass das Thema Wohnungslosigkeit auch in der Brüder-Grimm-Stadt präsent ist. „Es ist gut und wichtig, dass die Regierung mit einem Aktionsplan aktiv etwas für diese Menschen tun möchte“, findet Broßmann.

 Dennoch sei es kein einfaches Unterfangen, wie er mit Blick auf die derzeitige Ausgangssituation feststellt: „Der Mangel an bezahlbaren Wohnraum ist längst kein Armutsthema mehr“, stellt er fest. Er sei mittlerweile fest in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Die Suche nach einer neuen, bezahlbaren Wohnung wird für viele zu einer immer größeren Herausforderung. Für Menschen mit besonderen sozialen Schwierigkeiten und ohne gesichertes Wohnverhältnis sei dieses Ziel kaum noch zu erreichen. „Nur durch Kooperationen konnten einige wenige unserer Klient*innen Wohnraum im vergangenen Jahr eine eigene Wohnung anmieten“, berichtet er. Ohne mehr sozial geförderten Wohnraum werde sich dies kaum ändern lassen. 

Eine Einschätzung, mit der er nicht alleine ist: "Zentrale Aufgaben bleiben die Beschaffung von mehr bezahlbarem Wohnraum sowie gesetzgeberische Aktivitäten, die den Verlust von Wohnungen verhindern", stellt Dr. Markus Juch, Diözesan-Caritasdirektor in Fulda und stellvertretender Vorsitzender der Liga der Freien Wohlfahrtspflege Hessen, fest. Um die hochgesteckten Ziele der Bundesregierung zu erreichen, bedarf es seiner Einschätzung nach deshalb ressortübergreifend und über alle staatlichen Ebenen hinweg eines Kraftaktes und einer zügigen Vorgehensweise.

Gerne stehe das Franziskus-Haus Hanau dabei den lokalen politischen Entscheidungsträgern mit seiner Expertise aus mehr als 30 Jahren Wohnungslosenhilfe zur Seite, wie Broßmann betont. Neben der Schaffung von mehr Wohnraum sieht der Einrichtungsleiter vor allem in präventiven Maßnahmen ein wichtiges Instrument im Kampf gegen die Wohnungslosigkeit: „Wir müssen die Menschen erreichen, die akut von Wohnungslosigkeit bedroht sind und sie unterstützen, damit sie ihr Zuhause gar nicht erst verlieren.“ 

Ein umfassendes Beratungsangebot, wie es auch das Franziskus-Haus hierzu bietet, kann hierbei sehr hilfreich sein. Denn diejenigen, die in einer solchen Situation stecken, haben selten den Kopf frei, um adäquat reagieren zu können. „Unsere Fachberater helfen, die Situation zu überblicken, notwendige Schritte einzuleiten oder beraten über weitere Möglichkeiten“, zählt er auf. Je frühzeitiger sich die Betroffenen dabei Unterstützung holen, desto größer sind die Chancen, die Wohnung vielleicht doch noch halten zu können. Was die Umsetzbarkeit des Aktionsplans in der relativ kurzen Zeitspanne bis 2030 betrifft, zeigt sich Broßmann skeptisch. Trotzdem findet er es richtig und wichtig, dass es sich eine Regierung zum Thema gemacht habe und einen solchen Plan auf den Weg bringt. Denn hinter allen Zahlen, die diesem Plan zugrunde liegen, stecken Menschen. „Und jeder Mensch braucht ein Zuhause.“

Das Franziskus-Haus ist eine ganzjährig geöffnete Einrichtung der Ökumenischen Wohnungslosenhilfe in Trägerschaft des Caritas-Verbandes für den Main-Kinzig-Kreis. Es bietet wohnungslosen Menschen Beratung, Unterkunft und Essen sowie Kleidung.

Die sozialpädagogische Arbeit im Übergangswohnheim unterstützt die Menschen bei der Erreichung persönlicher Ziele. Bei Bezug von eigenem Wohnraum ist eine Begleitung durch das Betreute Wohnen möglich. (red)