HESSEN

Der NABU Hessen erklärt, warum momentan so wenig Vögel zu sehen sind

Auch die Meisen verlassen ihre Reviere, wenn die Jungen flügge sind. Sie ziehen im Spätsommer in lockeren Familienverbänden auf Futtersuche umher.
Symboldbild: Pixabay


Dienstag, 20.08.2024

Nach der turbulenten Zeit der Jungenaufzucht ist jetzt im Spätsommer in vielen Gärten Ruhe eingekehrt ...

Doch viele Gartenbesitzer sind durch die auffällige Stille verunsichert. Das morgendliche Konzert der Vögel ist verstummt und sie fragen sich, was aus ihren Gartenvögeln geworden sein könnte. Auch beim NABU Hessen häufen sich die Anrufe besorgter Vogelfreunde. Dabei gibt es für dieses Phänomen eine einfache Erklärung:

„Der Gesang der Vögel hat zwei Funktionen: einen Partner anlocken und das Brutrevier markieren“, erklärt NABU-Vogelexperte Bernd Petri. Deshalb haben die Vögel außerhalb der Brutzeit keine Notwendigkeit, zu singen. „Sobald die Jungen bei den meisten Vogelarten ab Mitte Juli das Nest verlassen, müssen die Männchen ihr Revier nicht mehr verteidigen und haben singfrei“, erläutert Petri. Jetzt noch vehement das Revier mit Gesang zu verteidigen, würde bloß unnötig Fressfeinde auf die Vögel aufmerksam machen. Es besteht also kein Grund zur Sorge, denn das jetzige Verstummen der Vögel gehört zu ihrem normalen Verhalten im Jahreslauf.

Wohin sind unsere Vögel verschwunden?


Doch unsere Gartenvögel haben noch einen weiteren Grund, sich derzeit rar zu machen: Nachdem die Jungenaufzucht beendet ist, beginnt bei den meisten Arten die Mauser. Der Austausch sämtlicher Federn benötigt mehrere Wochen. Während dieser Zeit sehen die Vögel zerzaust aus und können schlechter fliegen, da auch die Flügelfedern erneuert werden. Deswegen verbergen sie sich so gut wie nur möglich, um Feinde nicht auf sich aufmerksam zu machen.

„Während der Mauserzeit entsteht leicht der Eindruck, die Vögel seien einfach verschwunden“, so der Ornithologe Petri. Wer seinen Garten vogelfreundlich mit offenen und gebüschreichen Stellen gestaltet, bietet den gefiederten Nachbarn nicht bloß natürliche Futterquellen, sondern auch die nötigen Rückzugsräume für diese sensible Zeit.

Auch das veränderte Nahrungsangebot im Spätsommer trägt dazu bei, dass sich die gewohnten Gartenbesucher scheinbar rarmachen. Denn jetzt gibt es reichlich reife Früchte und Samen. Genau das Richtige, um sich für den Winter oder den Zug Richtung Süden ein bisschen Speck anzufuttern. „Viele Vögel verlassen daher ihr Nistgebiet und ziehen dorthin, wo sie die besten Futterquellen vorfinden“, erklärt Petri. Amseln und Singdrosseln suchen dann gerne die Stellen mit einem reichen Angebot an Früchten und Beeren auf. In landwirtschaftlich geprägten Gebieten fliegen Spatzen und andere Finken zum Festschmaus hinaus auf die Felder, wenn es dort vor der Ernte einen Überfluss an Getreide und nach der Ernte leckere Reste gibt.

Auch die Meisen verlassen ihre Reviere, wenn die Jungen flügge sind. Sie ziehen im Spätsommer in lockeren Familienverbänden auf Futtersuche umher. Kein Wunder also, dass viele Gärten auf einmal wie leergefegt wirken. (red)

Auch das veränderte Nahrungsangebot im Spätsommer trägt dazu bei, dass sich die gewohnten Gartenbesucher scheinbar rarmachen. - Symboldbild: Pixabay