SINNTAL

Chronologie für die Nachwelt in der Kirchturmzier Züntersbach deponiert

Chronologie für die Nachwelt in der Kirchturmzier Züntersbach deponiert
Fotos: Walter Dörr
von WALTER DÖRR


Montag, 16.09.2024

Bei einem Sturm im Herbst 2021 waren die Turmzier, der Wetterhahn und das Kreuz in Mitleidenschaft gezogen worden, hingen schief und drohten herunterzufallen. Die Firma August Wiesner aus Züntersbach wurde deshalb am 28. Februar 2022 mit der Reparatur beauftragt. Bedingt durch die örtlichen Gegebenheiten konnte der Turm nur mit einer kleineren Hebebühne befahren und der Schaden begutachtet werden. 

Zur Überprüfung der Konstruktion nahm man die Turmzier, die Kugel sowie die Helmverkleidung aus Kupferblech ab. Es wurde festgestellt, dass der Metalldorn der Turmzier im oberen Ende des Kaiserstiels infolge von Holzfäule keinen Halt mehr hatte und deshalb in Schieflage geraten war. Einflüsse von Regenwasser über Jahrzehnte führten zur Fäulnis am Kaiserstiel. Wie heute festgestellt wurde, war seinerzeit beim Aufsetzen der Turmzier auf die Kugel eine Delle entstanden. Die Abdichtung hielt also den thermischen Einflüssen nicht Stand. Des Weiteren waren Nagespuren - wahrscheinlich von Fledermäusen – zu erkennen. Im Übergangsbereich von der Verschieferung zur Blechverkleidung bestand eine Reparaturstelle am alten Kaiserstiel. Mit einer Holzverbindung als stehendes Blatt war der obere Teil des Kaiserstiels erneuert

Mangelhafte Reparatur in 1952?

 und mit geschmiedeten Metallringen und Metallbändern an den Sparren gesichert. Im Turminneren befindet sich an der Schalung der Schriftzug „Im J.1952 gedeckt“ – wahrscheinlich von einer Reparatur in dieser Zeit. Aufgrund des vorgefundenen Schadenbildes und der nur bedingt nutzbaren Hebebühne war eine Reparatur am Kirchturm nicht möglich. Deshalb wurden die abgenommene Kegelverkleidung und die Kugel nur provisorisch mit Klebeband abgedichtet und wieder aufgesetzt und verschraubt. Den vorhandenen Sturmschaden in Züntersbach meldete deshalb die Landeskirche ihrer Versicherung. Wegen des vorhandenen Fäulnisschadens, der als Baumangel angesehen wurde, verweigerte die Versicherung die Übernahme der Reparaturkosten.

Versicherung zahlt nicht

Zur Feststellung der Schadenshöhe holte die Kirchengemeinde am 17. Dezember 2022 beim Ingenieurbüro für Statik und Konstruktion, Trabert Ingenieure, Geisa, ein Angebot für ein Schadensgutachten ein. Auf Grundlage des Schadensgutachtens wurde am 12. April 2023 ein Baumittelantrag in Höhe von 48.000 Euro für das Haushaltsjahr 2023 beim Kirchenkreisamt Kinzigtal gestellt. Mit Bescheid vom 16. Juni 2023 wurden vom Kirchenkreisamt 32.887 Euro als Zuschuss für Baumittel genehmigt. Von der Bezuschussung herausgenommen worden war der Ansatz für Blitzschutzarbeiten in Höhe von 6.900 Euro, da die Landeskirche auf Beschluss der landeskirchlichen Hausverwaltung keine neuen Blitzschutzanlagen finanziert und auch kein Neubau mehr befürwortet. Da jedoch die Züntersbacher Kirche in exponierter Lage steht, beschloss der örtliche Kirchenvorstand die Montage einer Blitzschutzanlage aus eigenen Mitteln, der sogenannten „Waldrücklage“, zu finanzieren.

 Im Juni/Juli 2023 wurden die Arbeiten als Generalausschreibung aller Gewerke zur Bauausführung in 2023 ausgeschrieben. Es ging nur ein Angebot ging ein und das lag mit 73.659 Euro weit über den Schätzkosten. Diese Ausschreibung wurde deshalb in Abstimmung mit dem Kirchenkreisamt Gelnhausen aufgehoben und eine Neuausschreibung für 2024 in Einzelgewerken beschlossen und im Februar 2024 vom Ingenieurbüro Trabert ausgeschrieben. Auf Anregung des Ortskirchenvorstandes (Iris Müller, Werner Zirkel, Alexander Glück) sowie von Udo Appel vom Bauausschuss holte der Bauausschussvorsitzende der evangelischen Christusgemeinde in Sinntal und Marjoß, Hans-Adam Krahle, auch Angebote für den Überholungsanstrich der Holzschindelflächen und der Schalllunkenfenster einschlierßlich der erforderlichen Gerüsterweiterung, sowie für die Elektroinstallationsarbeiten für die Beleuchtung des Glockenstuhls ein – geschätzte Mehrkosten in Höhe von 34.153 Euro. Der Kirchenkreisvorstand entsprach dem Antrag des Bauausschusses der Christusgemeinde und genehmigte eine Nachfinanzierung in Höhe von 34.200 Euro.

Handwerkliche Arbeit erforderlich

So konnte die Montage des Arbeits- und Schutzgerüstes am 23. Juli 2024 beginnen. Zum Ausbau des geschädigten Kaiserstiels wurde im oberen Bereich des Turmhelmes etwa zwei Meter die Verschieferung und Schalung abgenommen. Den Kaiserstiel trennte man cirka 1,5 Meter unter der Spitze im gesunden Holzteil ab und baute in aus. Der neue Kaiserstiel wurde aus altem und trockenen Eichenholz entsprechend dem vorhandenen Bestand nachgebildet, handwerklich angefertigt und eingebaut. Lediglich am Zopfende erhöhte man aus Gründen der Stabilität den Holzquerschnitt auf 12 Zentimeter. Die kraftschlüssige Verbindung zum Altholz im Turm erfolgte über vier Laschen aus Eichenholz. Nach den Arbeiten wurden die vorher abgenommenen Flächen entsprechend dem Bestand wieder verschalt und verschiefert. 

Die Schalllukenfenster wurden im Anstrich überarbeitet, die Fenster erhielten im unteren Bereich einen neuen Blechanschluss aus Kupferblech, die äußeren Deckbretter/Opferbretter wurden in Lärchenholz erneuert und mit einem entsprechenden Anstrich versehen. Die Spitzbretterverkleidung im oberen Bereich des Turmes wurden gereinigt und im Anstrich überarbeitet, außerdem setzte man die Anschlussfugen der Putzflächen an das Kirchenschiff instand. Zur besseren Kontrolle des Anschlussbereiches Kirchenschiff-Turm montierte man auf jeder Seite drei Dachhaken aus Kupfer. Im Inneren des Kirchenturmes baute man vom Glockenstuhl einen Leiteraufstieg mit Zwischenpodesten und Absturzsicherungen ein und der Turm erhielt eine Beleuchtung. Die abgenommene Turmzier wurde handwerklich überarbeitet, das Lager gangbar gemacht und mit einem neuen Rostschutzfarb- und Deckenstrich versehen. Der Wetterhahn, der vorher nur angestrichen war, wurde zusätzlich mit Blattgold vergoldet. Die Herstellung der Turmkugel und Blechverkleidung des Helms erfolgten handwerklich aus neuem Kupferblech. Die Reparatur-Gesamtkosten belaufen sich auf 76.500 Euro.

Kirchturmhelm wie vorher

Die Instandsetzung des Kirchturmhelms wurde vom Bauausschussvorsitzenden Hans-Adam Krahle aus Sterbfritz und dem Mitglied des Bauausschusses Udo Appelt aus Züntersbach ehrenamtlich organisiert und begleitet. Übrigens: der beschädigte ausgebaute Kaiserstiel wurde einschließlich der schmiedeeisernen Metallkonstruktion für die Nachwelt im Zwischengeschoss des Kirchturms eingelagert. Bei einem feierlichen Akt in luftiger Höhe auf dem Turm, zu dem auch Sinntals Bürgermeister Thomas Henfling und Pfarrer Arne Schmitz gekommen waren, wurden Dokumente in die Zeitkapsel gelegt und von zwei Mitarbeitern der Firma Petzenberger aus Unteralba/Rhön in der Zier wasserdicht abgeschlossen und mit dem Kreuz und dem vergoldeten Wetterhahn wieder montiert.

Bei der Montage war der Bürgermeister dabei

Ein Dank galt den ausführenden Firmen der unterschiedlichen Gewerke: Ingenieurbüro für Statik und Konstruktion Trabert Ingenieure, Geisa, Gothaer Gerüstbau Silvio Schneider, Gotha, Bauunternehmung Pfeiffer, Berlstedt (Dachdecker), Bauklempnerei Dieter Petzenberger, Unteralba, Blitzschutzbau Nordhessen, Wildeck, Malerbetrieb Rainer Eifert, Schlüchtern-Vollmerz, Holzbau K. J. Kress, Sinntal-Altengronau, Elektrofachgeschäft Dieter und Jochen Melk, Sinntal-Sterbfritz, und Holzbau August Wiesner, Sinntal-Züntersbach.