SCHLÜCHTERN

Schlüchtern: 111 Jahre Kirmes in Herolz - Bloo mit 69 Blooburschen

In diesem Jahr waren die Burschen besonders gefordert, denn es gab keine begleitende Musikkapelle.
Fotos: Walter Dörr
von WALTER DÖRR


Dienstag, 24.09.2024

In 1913 wurde die Sankt-Jakobus-Kirche in Herolz geweiht, so dass am vergangenen Wochenende die 111-jährige Kirmes gefeiert wurde. 69 Blooburschen insgesamt, darunter 25 aktuelle, die unverheiratet und im Alter von 16 bis 28 Jahre sein müssen.

Der Heimat- und Förderverein Herolz veranstaltete die Kirmes. Neben Tanz in der historischen Dreschhalle war das Aufsagen des Kirmesspruches der Höhepunkt. Die Männer im feinen Zwirn, mit rotem Schlips und Blumenschmuck am Revers, versammelten sich traditionell im Garten an der Pfarrkirche Sankt Jakobus, um den buntgeschmückten Kirmesstrauß abzuholen. Mit dabei war wieder eine Abordnung des Clubs der Kalle-Moats-Präsidenten aus Schlüchtern. Im großen Kreis stehend gehört das Absingen zahlreicher Kirmeslieder zum alljährlichen Prozedere.

In diesem Jahr waren die Burschen besonders gefordert, denn es gab keine begleitende Musikkapelle – auch nicht beim Marsch zur Gaststätte „Zur Krone“ (Manusch, Ebels). Am Parkplatz dort spielten die „BiertranSPORTler“ zünftige Blasmusik und zahlreiche Bürger warteten auf den Bloo und das Aufsagen des Kirmesspruches durch Bloovadder Marius Euler. Auf dem „Ebels-Balkon“ grüßte Euler das Volk und vermisste den Bürgermeister. Ehrenbloobursch Jörn Hagemann galt ein besonderer Gruß, denn der hatte sein 25-jähriges Teilnahmejubiläum.

Nachhilfe für Fremde


„Für Fröme onn Zugeroaste, die net involviert, onn onser Brauchdum noch net hon kapiert, sei gesoart euch allemal, es is net Fasching, aach koarn Karneval. Doa devo, onn ich beton dos hier, wolle mer onns ganz kloar distanzier. Onser Schlachtruf, weithin is bekannt, schallt wie gewohnt durchs ganze Land,“ begann Euler und lautstark kam die Frage „Wem is die Kirmes“ und die Antwort „Uns“.

Das scheinbar größte Herolzer Problem ist die Geschwindigkeitsregelung. „Fährt mer durch Hoarlez, hasst’s hab acht, honn ich aach alles recht bedacht, die Uhrzeit aach mit kalkuliert, dass net en Fehler mir passiert, onn ich an falschem Ur tonn Zeit, moa schneller foahr, ihr liebe Leut. Von siebe bis sibbzeh Uhr, dos weiß ich, is ömm die Schul röm nur noch dreißich. Devür onn dehennich, dos is kloar, dürff mer fuffzich foahr. Aber nur bis zehn, dann muss mer wiere auf de Bremse stehn – onn ganz genau, ob dem Schild vurne beim Nau.“

Der Bloo fragte angesichts der Lärmbegründung nur bis Hausnummer 90: „Dunn de doa henne schlechter hürn, oder dut de Lärm die net stürn?“ Einen Missstand deckt der Bloo noch auf: „Kömmt anner von önnichem Giebel daher, juckt ihn die Sache net so sehr, der brommt mit fuffzich zum Entzücke, er hot joa dos Schild in seinem Rücke. Dut, als wär nix gewese, denn er kann es Schild goar net lese.“ Ja, und dass die Radarfalle bei einem Kauz zugeschnappt hat, war im Kirmesspruch. Ganz in Gedanken und leicht neben der Spur sei er über 50 fotografiert worden. Um andere zu warnen, schrieb er sein Missgeschick in die Whatsapp-Gruppe: „Passt schö auf onn denkt daran, es is koar Wochenend onn ihr dürft nur 30 fahrn.“

Auf dem Heimweg von Schlüchtern schlug das Blitz-Schicksal wieder zu – über 50, nicht angegurtet und telefoniert. „Wer die annern well belehre, söllt für de eichene Hausdür kehre, bann selber er de Mist gebaut, geche Blödheit wächst koar Kraut.“ Zu einem großen Krach kam es, weil ein Herolzer seine Karte für den Sinner Rock nicht fand. Auf dem Schrank müsste sie liegen – war sie aber nicht mehr. Also blieb er sauer zuhause. „Als seine Holde koam noach Stunde, woar dos Billet schnell gefunde. Bos wellste dann. Doa leits, dehie, hättst nur emoa die Schubloade müsst aufzieh, dann brauchste om End aach net zu mucke – so isses, bann Männer gucke.“

Die Männer im feinen Zwirn, mit rotem Schlips und Blumenschmuck am Revers, versammelten sich traditionell im Garten an der Pfarrkirche Sankt Jakobus, um den buntgeschmückten Kirmesstrauß abzuholen.

Der Adjudant machte einen großen Deckel


Ein Waldbesitzer und sein Adjudant fuhren zur Jagdgenossenschaftssitzung nach Wallroth. Doch da der Gehilfe kein Mitglied war, wurde ihm der Zugang verwehrt, sodass er in der Wirtschaft wartete. „Er hot die Stunde gut genutzt, onn hot e ordentlich Mahlzeit verputzt, bis die Sitzung woar vollbracht, hot er dem Waldbesitzer en rechte Deckel zurecht gemocht.“ Beim Renovieren seines neugekauften alten Hauses packten fleißige Freunde richtig an. „De oar, der röckt der Decke zu Leibe, dass koar Stoar meh off em annern bleibe, mit mächtiche Hiebe, ungeloche, die Brocke sein nur so gefloche“, wusste der Bloo.

Weil ganz in Rage die Hauptwasserleitung getroffen wurde und sich eine Fontäne ergoss, fand der Hausbesitzer seinen Pool nicht cool. Die Radtour eines Herolzers am ersten Mai verlief anders als geplant. „Die Dür beim Lasch woar auf, so ging er nei, bos is dann dehie, dos kann net gesei, gähnende Leere, koar Sau zu sehe, kei Leut, die on de Theke stehe. Er hot geruffe, es hot sich nix bewecht, de Gastraum woar wie leer gefecht.“ Da er den Drang nach einem Toilettengang verspürte, nutzte er die Gelegenheit. Zurück war die Kneipe finster, „die Lichter aus, die Schotten dicht, die Ausgangsdür, die öffnete sich nicht.“ Eingeschlossen zu sein in der Wirtschaft erforderte einige Telefonate und eineinhalb Stunden Wartezeit. „Ob er sich die Zeit vertriebe hot mit Bier, dodrü kann mer nur spekulier“, so der Bloo.

Der Traum eines jeden Zechers - eingesperrt im Gasthaus


Für das Konzert der Fäaschtbänkler beim Musikfest in Weiperz hatte ein Herolzer Karten im Vorverkauf ergattert. Seine Holde kaufte sich ein neues Dirndl und staffierte sich von Kopf bis Fuß standesgemäß aus. Samstagmorgens beim Kaffeetrinken sichtete man aus lauter Vorfreude die Karten und stellte fest, dass das Karten für Freitag waren. „Dos woar ziemlich dumm, denn de Freidoach woar scho rum.“ Dass die Frau ihrem Mann den Marsch geblasen hat, darüber freute man sich im Kirmesspruch. Besondere Ohrstöppsel kaufte sich ein Herolze und probierte sie gleich aus. „Schö dief nei in de Gehürgang geschraubt, still is die Welt, wie mans net glaubt.“ Nur beim Rausmachen gab es ein Problem. „Do soaß er nun, der oarme Held, obgeschott von dieser Welt“, so Oberbloo Euler.

Der Hilferuf an einen Fremden: “Könne se mir net emoa on Ur tun Stell, die Stoppe aus de Uhrn gepell?“ Und er erlöste ihn „von dem super dollen Ohrverschluss, etz hürt er wiere – ein Genuss.“

Dass sich von einem ausgedehnten Herolzer Frühstück ein Mann am Friedhof ausschlief, berichtete man im Kirmesspruch, von einer 50. Geburtstagsfeier, einer misslungenen Tuba-Restaurierung und einem Seefahrt-Tripp nach Düsseldorf. Am gestrigen Montag fuhren die Blooburschen wieder durch Herolz.