FULDA / MKK

Impuls von Stefan Buß: "Wie Weihrauch steige mein Gebet zu dir auf"

Ich bin Stadtpfarrer Stefan Buß aus Fulda.
Foto: KN/Hendrik Urbin
von STEFAN BUß


Samstag, 08.02.2025

Ich werde immer einmal gefragt, was den der Weihrauch im Gottesdienst bedeute.

Manch einen wundert oder stört es, wenn der Diakon oder eine der Ministrantinnen den Pfarrer inzensiert und mit Weihrauch umhüllt. Das riecht nach Klerikalismus oder Personenkult. Ein Blick auf die Bedeutung des Weihrauchs kann diesen Nebel lichten und den Sinn dieses Ritus erschließen.

Weihrauch war seit alters her für kultische Zwecke und zumindest in begüterteren Kreisen im Alltag als aromatisches Räuchermittel und Heilmittel in Gebrauch. Auch im alttestamentlichen Tempelkult hatte er seinen Platz. Die frühen Christen lehnten den Gebrauch des Weihrauches im Gottesdienst zunächst ab, da er auch beim Kaiserkult und bei der Verehrung heidnischer Götterstatuen zum Einsatz kam. Bei kirchlichen Begräbnisfeiern wurde der Weihrauch allerdings auch von Christen verwendet. Erst mit zeitlichem Abstand zu den Christenverfolgungen im Römischen Reich und mit der Übernahme von Elementen des römischen Kaiserkultes in den christlichen Gottesdienst wurde der Weihrauch akzeptiert.

In dieser Entwicklung ist wohl auch der Brauch zu erklären, beim Einzug des Bischofs Leuchterträger und Weihrauchfassträger vorauszuschicken. Das ist die Form, in der uns der Weihrauch zum ersten Mal in einer schriftlichen Quelle in der römischen Liturgie begegnet. Symbolisch steht der Weihrauch für Reinigung, Verehrung und Gebet. Nach Psalm 141,2 und weiteren Bibeltexten bezeichnet er das zu Gott aufsteigende Gebet der Gläubigen. Im Sinne von 2 Kor 2,14–16 zeigt er an, dass Gott durch die Hingabe Christi die Welt mit dem „Wohlgeruch der Versöhnung „erfüllt hat.

Der römische Ritus bringt mit der Weihrauchverwendung unter anderem zum Ausdruck, dass der Mensch eine Einheit aus Leib und Seele ist. Der Gottesdienst richtet sich an alle Sinne. Weil das Wort Gottes in Jesus Christus Mensch geworden ist, muss sich auch der Gottesdienst leiblich erfahrbar ausdrücken. Weihrauch gilt daher als ein Zeichen der Gegenwart Gottes und des Wehens des Heiligen Geistes.

Wann kommt der Weihrauch zum Einsatz, und welche Bedeutung hat dies im Einzelnen?


Bei einem feierlichen Einzug besagt die Verwendung des Weihrauchs: Wir ziehen ein zum Haus des Herrn, das ein Haus des Gebetes ist; unser Gebet steige zu Gott empor wie Weihrauch und sei ihm wohlgefällig. Wenn der Altar beräuchernd umschritten wird, heißt das: Dieser Altar ist in den Dienst des Hohepriesters Christus gestellt; an diesem Ort und in den Gaben von Brot und Wein ist er gegenwärtig. Bei der Beräucherung des Evangelienbuches wird darauf hingewiesen, dass es Gottes Wort enthält, dem wir uns ehrfürchtig unterstellen, und dass es für uns Wohlgeruch, d. h. Segen bedeutet. Der Priester wird beräuchert zum Zeichen dafür, dass er im Gottesdienst an Christi Stelle handelt. Wird die versammelte Gemeinde beräuchert, so kommt zum Ausdruck, dass die Getauften das priesterliche Volk und Leib Christi sind. Es werden also die eucharistischen Gaben sowie alle Christussymbole inzensiert – wie der Altar, das Evangeliar, der Priester, das Altarkreuz, die Osterkerze, die Weihnachtskrippe und die Gemeinde der Getauften.

Bei der kirchlichen Begräbnisfeier werden auch der Sarg und das offene Grab mit dem Sarg darin inzensiert, mit den Worten „Dein Leib war Gottes Tempel. Der Herr schenke dir ewige Freude.“ „Falsch wäre es, wollte man den Weihrauch als eine Gabe für Gott, als ein dingliches Opfer betrachten“, stellt Adolf Adam klar. „Wer aber seine mehrfache Symbolkraft kennt, wird ihn als »Predigt ohne Worte« gern bejahen“, als sinnliches Zeichen in einer stark vom Wort geprägten Liturgie, die unseren Glauben ausdrückt und dem Gottesdienst eine besondere Feierlichkeit verleiht.

Der Glaube, unser Gott ist mit allen Sinnen erfahrbar. In der Feier des Gottesdienstes kann ich ihn sogar riechen.