HANAU

Von der Tagesförderstätte in die Werkstatt: Junge Frau mit Down-Syndrom hat einen ausgefüllten Arbeitstag

Svenja S. hat mit Unterstützung des BWMK ihre Kompetenzen erweitert. Svenja S. hat mit Unterstützung des BWMK ihre Kompetenzen erweitert.
Foto: BWMK gGmbH


Montag, 05.05.2025

Erfahrungen beeinflussen Entwicklung: Deshalb unterstützt das BWMK (Behinderten-Werk Main-Kinzig) Menschen mit Behinderung dabei, in vielfältigen Berufsfeldern Lern- und Arbeitserfahrungen zu machen.

Welche Erfolge dabei möglich sind, zeigt das Beispiel von Svenja S., einer jungen Frau mit Down-Syndrom, die aus der Tagesförderstätte für Menschen mit komplexen Behinderungen auf einen Arbeitsplatz in der Steinheimer Werkstatt wechseln konnte.

Der Europäische Protesttag am 5. Mai macht alljährlich auf die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen aufmerksam. Grundsätzlich geht es um gleichberechtigte Teilhabe in allen Bereichen der Gesellschaft – auch in der Arbeitswelt.

Svenja S. ist schnell!


Dokumententasche vom Stapel nehmen, Plastikverpackung entfernen, Notizblock in die Tasche stecken, Tasche verschließen und in einen Karton packen – Svenja S. ist schnell! Fünf bis sechs Kartons mit Werbegeschenk-Taschen packt sie locker in einer Zeit, in der andere nur einen Karton schaffen. Seit Dezember vergangenen Jahres arbeitet sie in der Montage der Werkstatt für behinderte Menschen in Hanau-Steinheim.

„Schlecht gelaunt kennen wir sie kaum“, sagen ihre Kollegen. Ihr strahlendes Lächeln nimmt jeden, der mit ihr spricht, sofort für sie ein. Sie hat einen hellen Arbeitsplatz direkt am Fenster und während sie routiniert ihre Arbeit erledigt, erzählt sie uns vom anstehenden Urlaub mit ihren Eltern in den Niederlanden.

Die junge Frau mit Down-Syndrom ist ein gutes Beispiel dafür, wie die persönliche und fachliche Entwicklung der Menschen in den Betrieben des BWMK gefördert wird. Zwei Jahre war sie in der Tagesförderstätte und hat bereits stundenweise unterschiedliche Arbeiten in der Werkstatt erledigt, die sich im selben Gebäude in der Otto-Hahn-Straße befindet. In den Tagesförderstätten (Tafö) des BWMK werden Menschen begleitet, die wegen ihren komplexen Behinderung intensiver Unterstützung bedürfen.

Teilhabe ist auch hier ein zentrales Thema


Durch unterschiedliche Betätigungsangebote können die Menschen Fähigkeiten entdecken und erleben sich als selbstwirksam. Die räumliche Nähe zur Werkstatt macht Übergänge leicht möglich. Svenja S. entdeckte durch Praktika im Zuge ihrer beruflichen Bildung schnell ihre Talente. Begleitet wurde sie dabei vom Team des inklusiven Bildungscampus Blauhaus und der Eugen-Kaiser-Berufsschule in Hanau. Es wurde schnell klar: Svenja ist hochmotiviert und hat sich die nötigen Kompetenzen angeeignet, um regulär in der Werkstatt arbeiten zu können. Die Eltern stellten entsprechende Anträge bei der Agentur für Arbeit.

Aus Sicht von Martin Berg, Vorsitzender der Geschäftsführung des BWMK, leisten Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) einen wichtigen Beitrag, um Teilhabe am Arbeitsleben zu ermöglichen. „Werkstätten arbeiten stetig an ihrer Weiterentwicklung und stärken Menschen mit Behinderungen darin, ihre Interessen selbstständig zu vertreten und den Teilhabeprozess aktiv mitzugestalten“, unterstreicht Berg. Ein wichtiges Ziel müsse es nach wie vor sein, die Einkommenssituation von Werkstatt-Beschäftigten zu verbessern. Die Bundearbeitsgemeinschaft der Werkstätten (BAG WfbM) arbeite am Reformprozess seit einigen Jahren aktiv mit und werde auch jetzt nach den Neuwahlen den Dialog mit der Bundesregierung weiterführen.

Kontinuierlich Fortschritte erzielen


Svenja S: profitiert von den breitgefächerten Angeboten des BWMK. Ziel der Werkstattarbeit ist es, kontinuierlich Fortschritte zu erzielen, sowohl mit Blick auf die Selbstständigkeit als auch auf motorische, handwerkliche und kognitive Fähigkeiten. Die Arbeitsumgebung in der Werkstatt gibt Svenja weitere Entwicklungsanreize: Die berufliche Tätigkeit erhöht für sie und die anderen Beschäftigten die Verbindlichkeit des Lernens, sie entwickeln einen Ehrgeiz darin, auch andere Aufgaben zu erlernen. So werden Übergänge geschaffen – beispielsweise auch auf den allgemeinen Arbeitsmarkt. Durch die Vernetzung mit anderen Betrieben der Region und unterstützende Dienste wie beispielsweise die Arbeitsassistenz werden die Übergänge erleichtert und die Menschen auf ihrem Weg in die Arbeitswelt und bei der weiteren beruflichen Entwicklung begleitet.

Svenjas Arbeitstag in der Werkstatt ist so strukturiert, dass sie die Arbeitsschritte gut nachvollziehen und selbstständig ausführen kann. Um acht Uhr trifft sie mit dem Bus ein, der sie zuvor bei ihren Eltern in Hammersbach abgeholt hat. Vormittags arbeitet sie für unterschiedliche Kunden in der Montage. Manchmal sind es die besagten Notizblöcke, die verpackt werden wollen, manchmal sind es Gläser und Deckel, die sie zusammenschraubt. Ebenfalls vormittags finden unterschiedliche Kurse statt, welche die Werkstattmitarbeitenden besuchen können. Diese Kurse dienen der Vertiefung von Kenntnissen im Bereich einzelner Berufsfelder, fördern allerdings auch allgemeine Fähigkeiten wie beispielsweise Kommunikation oder Verhalten in Konfliktsituationen.

Zwischen 11:30 und 12:15 Uhr gibt es Mittagessen. Dann wird auch gern ein Schwätzchen mit Kollegen aus anderen Arbeitsbereichen gehalten. Und Svenja liebt es, Menschen zu unterstützen, die nicht so mobil sind wie sie; sei es beim Essen holen in der Mensa oder in der Werkstatt. Bis zum Feierabend am späten Nachmittag erlebt Svenja S. einen ausgefüllten Arbeitstag. (red)