SINNTAL

Feuerwehr Neuengronau pflegt die Kirmestradition

Die Blooburschen und Mädels

von Walter Dörr


Montag, 25.08.2025

Es war wieder Kirmes-Zeit in Neuengronau. Am Sonntag fand das Fest, das traditionell von der Freiwilligen Feuerwehr Neuengronau ausgerichtet wird, wieder vor dem Feuerwehrgerätehaus statt. Was fehlte, war allerdings ein Zelt. Dafür hatte es der Kirmesspruch wieder in sich. 

Nach dem Kirmesgottesdienst und dem gemeinsamen Mittagessen machten sich die acht Neuengronauer Blooburschen und Mädchen auf den Weg, um mit den Klängen des Musikvereins Neuengronau den Kirmesstrauß in der Straße „Am Hofberg“ abzuholen. Dann ging es mit zünf-tiger Marschmusik zurück zum Feuerwehrgerätehaus, wo zahlreiche Bürger warteten, um den Kirmesspruch zu hören. „Ich grüße euch hier alle im Zelt“, begann Oberbloo Jonas Holzinger seinen Kirmesspruch in Sinntal-Neuengronau. Doch dann blickte er gen Himmel und stellte fest, dass dieses Jahr kein Zelt vor dem Feuerwehrgerätehaus aufgestellt worden war. Nach der fulminanten 730-Jahr-Feier Anfang Juni wurde bei der Kirmes ein wenig abgespeckt. Dennoch habe man „den besten Kirmesspruch der Welt“ zusammengetragen.

Viele Schandtaten aufnotiert

Viele Schandtaten habe der Bloo notiert, denn „passend zum Jubiläum von 730 wart ihr nämlich besonders fleißig. Wenn mir wödde übe alles berichte, wärn mir ömmer noch om Dichte.“

„Im heutige World-Wide-Web is mer ohne schnelle Internetverbindung schnell de Depp. Die meiste Leut im Durf erfoarn die neueste Dinger immer noch aus de Zeitung, denn fürs Internet schickt se net, unsere Bambusleitung,“ so sprach der Bloovodder den Gigabit-Ausbau an. Ein Sub-Unternehmer aus Nahost habe sich ohne erkennbaren Plan mit der Schippe an das Ausgraben gemacht. Statt einer Ampel „hon se gepfiffe un gewunke, und sogar aus´em Brunne getrunke“. Und so ist einiges bei der Baumaßnahme passiert: von falsch gelegtem Pflaster über beschädigten Mauern oder der Trennung einer Telefonleitung war die Rede.

Eine Starkstromleitung durchbohrt

„Nachdem oaner mit dem Bohrgerät die Starkstromleitung hot getroffe, sah der aus, als hätt er die ganz Nocht durchgesoffe. Nach dem Stromschloch hot der oarm Kerl gezittert un geschwitzt, wenn der gefurzt hot, hots gedonnert un sogoar geblitzt,“ so der Bloo. Bei Problemen mit den Knien hilft ein Aufzug, mit dem man normalerweise bequem in die Wohnung gelangen kann. Schlecht nur, wenn der stecken bleibt. „Gefangen auf drei Meter Höhe un nix zu esse un zu trinke, Gott sei Dank woar in de Einkaufsdösche noch en Schinke,“ war die missliche Lage im Kirmesspruch. Die Bewohnerin habe um Hilfe gerufen und wild gestikuliert, nur von der Nachbarschaft habe das keiner kapiert. Im Gegenteil: Das lange Winken erfreute sie. Der Bloo empfahl, einen Telefonanschluss in den Aufzug zu legen. Vom „Dauerbrenner“, der jedes Jahr im Spruch vertreten ist, berichtete man wieder. Sein saniertes Häuschen habe vor dem Winter noch keine Heizung gehabt. Anstatt den ortsansässigen Heizungsfachmann zu konsultieren, lieferte Prime, was man so braucht. „Mit fünf Mann hon se de Pufferspeicher in de Keller neigequält, doch anscheinend hot beim Vermesse e Glied vom Zollstock gefehlt.“ 

Das Haus unter Wasser gesetzt

Nach ebbes Flüssigverpflegung ging es an die Rohrverlegung. „Wie er de Hahn hatt aufgedreht, woars leider schon zu spät. Dos Wasser is überall aus de Rohre entwiche, de Keller hot donoch eher de Tropfsteinhöhle in Stoarne gegliche,“ so die Saga Kapitel 1. Sein Jaguar mit Anhängerkupplung ist noch kein SUV, wie der Neuengronauer beim Besuch des Osterfeuers nach einem Aufsetzen merkte. „Durch e Senke ging es recht rasant, donoch hot sich de Jaguar eher ohgehurt wie en Trabant.“ Das Fahrzeug nicht zu den anderen Schrottfahrzeugen abzustellen, wünschte sich der Bloo. Bei der dritten Geschichte ging es um seine Hochzeit – glücklich am Standesamt in Brückenau – nur die Ringe waren in Neuengronau. „Ostdeutsche Männer sind offensichtlich bei Serbinnen der Renner,“ wünschte der Bloo dem Paar alles Gute. „Mit dene Nachbardürfer brauche mir uns überhaupt net zu messe, mir gehürn zu de Elite in Hesse,“ berichtete Jonas Holzinger von einer Anfrage eines spanischen Ahnenforschers zur Neuengronauer Kirmes. Ortsvorsteher Hess habe seine spanische Arbeitskollegin um Übersetzung gebeten und dann entsprechende Angaben gemacht. „Die Moral von der Geschicht: Neuegrune International, man glaubt es nicht.“

Hexennacht in Neuengronau

Was sich in der Hexennacht in Neuengronau alles zuträgt, war ebenfalls im Spruch vermerkt. Mit Bierkisten könne man sich „freikaufen“, wussten die Blooburschen, aber Grundstücke würden auch mit Elektrozäunen gesichert. Pyrotechnik und laute Ramstein-Musik erschreckten die Hexen bei Pfarrer Altvater. „Bos is dos dehie für en Mist? Is unsern Poar neuerdings en Exorzist?“, hätten die Hexen gedacht. Das 730-Jahre-Jubiläum von Neuengronau war natürlich im Spruch. Das Schauerwetter beim Kommers etwa, bei dem sich das Auto einer Bürger-meisterin selbständig machte und gegen einen Baum krachte, oder die elektronische Kasse wegen der Nässe ausfiel. Und beim eigentlichen Fest: „Egal ob en gebrochene Oarm, Nose oder abgeschnittene Finger, es sein passiert die dollsten Dinger.“ Letztlich ein Super-Jubiläum: „Alles in allem woar es Fest echt Klasse, wer hätts geahnt, schließlich wurds jo aach zwo mo geplant.“ Mit Unterhaltungsmusik des Musikvereins Neuengronau verbrachten die Neuengronauer und Gäste von außerhalb noch gemeinsame Stunden am Feuerwehrgerätehaus.