MAIN-KINZIG-KREIS
Wenn alles zerbricht: Notfallseelsorge Main-Kinzig gibt Halt nach Schicksalsschlägen
Foto: Evangelische Kirche Dekanat Hanau
Sonntag, 21.12.2025
Ein Augenblick genügt – und das Leben steht still. Ein Unfall, eine erfolglose Reanimation, eine Todesnachricht: Situationen, die Menschen den Boden unter den Füßen wegziehen. Genau dann kommt die Notfallseelsorge Main-Kinzig zum Einsatz. Sie fängt Betroffene auf, gibt Halt und Orientierung, wenn Worte fehlen und die Welt aus den Fugen gerät.
Für dieses besondere Engagement wurde die Notfallseelsorge in diesem Jahr mit dem Sozialpreis des Main-Kinzig-Kreises ausgezeichnet. Eine Anerkennung, die Pfarrer Till Martin Wisseler, verantwortlich für die Notfallseelsorge im Kreis, sehr schätzt: „Die Auszeichnung macht eine Arbeit sichtbar, die sonst meist im Verborgenen stattfindet.“
Ehrenamtliche stärken Menschen in der Krise
Rund 50 Menschen engagieren sich inzwischen in der Notfallseelsorge – Pfarrpersonen aus den Kirchenkreisen Hanau und Kinzigtal sowie zahlreiche Ehrenamtliche. Sie werden immer dann gerufen, wenn Einsatzkräfte vor Ort feststellen, dass Betroffene dringend seelische Unterstützung brauchen. Zu den häufigsten Einsatzanlässen zählen plötzliche Todesfälle, das Begleiten nach belastenden Einsätzen oder das Überbringen schwerer Nachrichten gemeinsam mit der Polizei.
„In diesen Momenten fühlen sich Angehörige oft hilflos und ohnmächtig“, sagt Wisseler. Aufgabe der Notfallseelsorgenden sei es, Sicherheit zu geben, da zu sein, zuzuhören und gemeinsam erste nächste Schritte zu finden. „Wir geben Halt, wenn das Leben plötzlich aus dem Gleichgewicht geraten ist.“
Ein Dienst am Menschen – unabhängig von Glaube und Herkunft
Alarmiert wird die Notfallseelsorge über die Zentrale Leitstelle des Main-Kinzig-Kreises. Nicht immer ist ihr Einsatz nötig – manchmal greifen familiäre oder soziale Netzwerke. „Doch wo diese fehlen oder nicht tragen, stehen wir bereit“, so Wisseler.
Für ihn ist die Notfallseelsorge eine echte Herzensangelegenheit. „Es ist ein grundlegender Dienst am Menschen – unabhängig von Glaube, Herkunft oder Lebensgeschichte.“ Lange wurde dieser Dienst ausschließlich von Pfarrpersonen getragen. Seit fünf Jahren bringen sich auch Ehrenamtliche ein – viele mit Erfahrung aus Feuerwehr, Rettungsdienst, Polizei oder psychosozialen Berufen.
Wisseler: „Genau dann sind wir da“
Alle werden sorgfältig vorbereitet: In einem Ausbildungskurs mit 120 Unterrichtsstunden lernen sie, mit Extremsituationen umzugehen und Menschen in Ausnahmelagen beizustehen. Der nächste Kurs startet im Frühjahr 2026, Interessierte können sich noch bis Anfang Januar melden.
Wisseler bringt es auf den Punkt: „Wenn das Leben ins Wanken gerät, braucht es Menschen, die Halt geben. Genau dafür sind wir da – leise, zuverlässig und dann, wenn andere es am dringendsten brauchen.“