MAIN-KINZIG-KREIS
Gesundheitsämter am Limit: Onlineschalte mit Kanzlerin Merkel
Archivfoto KN/Joana Gibbe
Donnerstag, 10.09.2020
Jetzt kamen die Gesundheitsämter zu Wort: In einer großen Videokonferenz am Dienstag setzte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel mit den Expertinnen und Experten des Öffentlichen Gesundheitsdienstes auseinander. Über 500 Vertreter von Bund, Ländern und Kommunen diskutierten dabei über die Aufgaben, Herausforderungen und Forderungen der Gesundheitsämter. Weitere Unterstützung und der Ausbau des Gesundheitssystems wurden dabei seitens der Kanzlerin zugesichert.
Seit Ausbruch der Corona-Pandemie laufen die Arbeiten der Gesundheitsämter bundesweit auf Hochtouren. Das Melden von Infektionsfällen, die Kontaktnachverfolgung und vieles mehr liegt derzeit in ihren Aufgaben, und sie fungieren fast täglich als Ansprechpartner für die Bürgerinnen und Bürger. Sie bilden also eine ganz zentrale Rolle in der Krisenbewältigung, ist sich auch Kanzlerin Merkel bewusst.
Susanne Simmler, Erste Kreisbeigeordnete und Gesundheitsdezernentin des Main-Kinzig-Kreises, nahm auch an der Videokonferenz teil, in der die Bundeskanzlerin „gut vorbereitet und interessiert“ wirkte. KINZIG.NEWS hat nachgefragt, was genau in der Konferenz besprochen wurde.
Was war Schwerpunkt der Konferenz? Welche Themen wurden abgearbeitet? Welche Maßnahmen o.ä. wurden getroffen?
Susanne Simmler: „Frau Merkel hat sich Zeit genommen für die Themen des Öffentlichen Gesundheitsdiensts, das fand ich außerordentlich bemerkenswert. Sie hat sich viel Zeit genommen, um hier mal die Probleme und Themen direkt von der Basis aufzunehmen. Inhaltlich waren, wenig überraschend, die personelle Situation in den Gesundheitsämtern und die Belastungen, die durch die Corona-Pandemie einhergehen die Schwerpunktthemen. Die Bundesregierung hatte am Wochenende bereits eine pragmatische, wie hilfreiche Initiative für die Finanzierung von deutlich mehr Stellen ergriffen. Aber das kann nur ein erster Schritt sein, denn die Arbeit im Öffentlichen Gesundheitsdienst gehört aufgewertet, auf vielerlei Ebenen. Denn in den Gesundheitsämtern schlägt das Herz der Pandemiebewältigung.“
Wie gut ist der Main-Kinzig-Kreis in Sachen Gesundheitsamt aufgestellt?
„Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Gesundheitsamt des Main-Kinzig-Kreises gehen an ihre Belastungsgrenze, das muss man schon sagen. Sie leisten herausragendes und tragen wesentlich dazu bei, dass wir Infektionsketten in der Gesellschaft unterbrechen, gerade wenn man auf Schulen blickt, auf Covid-Fälle in Unternehmen, im Privatbereich oder, wie in den vergangenen Monaten, in stationären Einrichtungen. Das Prädikat ‚gut‘ ist also stark untertrieben. Dennoch: Weiteres Personal wird benötigt, denn die sogenannte Kontaktpersonen-Nachverfolgung ist viel komplexer geworden, seit die Einschränkungen bei den Kontakten wieder weitgehend gelockert wurden. Da kann es schon mal sein, dass ein einzelner Fall viele Dutzend Kontaktpersonen aufweist, die dann allesamt durch das Gesundheitsamt angerufen, aufgeklärt und an ein Testzentrum vermittelt werden müssen. Wir haben unser Gesundheitsamt im Main-Kinzig-Kreis bereits personell und strukturell gestärkt, das geht in den nächsten Wochen und Monaten aber notwendigerweise noch weiter.“
Auf was müssen sich die Bürgerinnen und Bürger einstellen, worauf gilt es in nächster Zeit zu achten?
„In der Konferenz ging es gar nicht so sehr um Dinge, die kurzfristig auf Bürgerinnen und Bürger neu zukommen. Ob überhaupt derlei auf sie zukommt, haben sie ja letztlich selbst in der Hand. Um es zu präzisieren: Ich hoffe sehr, dass wir uns nach den nächsten Ferien im Herbst und rund um Weihnachten nicht neuerlich einschränken müssen. Viele Neuinfektionen gingen in diesem Sommer auf Reiserückkehrer zurück, sowohl aus Risiko- als auch aus Nicht-Risikogebieten. Meine Hoffnung ist, dass sich viele Bürgerinnen und Bürger diese Erfahrung zu Herzen nehmen. Niemand sei der Urlaub abzusprechen. Aber Rücksicht und Vorsicht müssen in Gelnhausen ebenso gelten wie in Grenada oder Georgia. Das Virus kennt keinen Urlaub, keine Pause und keine Freundschaften.“
Wie sieht Ihr Fazit zu dieser Konferenz aus?
„Ich nehme zum einen, einen guten Eindruck mit: Der Öffentliche Gesundheitsdienst hat seinen Ruf in der Öffentlichkeit binnen eines Dreivierteljahres komplett verändern und aufbessern können, und zwar so weit, dass sich nun das Staatsoberhaupt für die Detailarbeit an der Basis in den Gesundheitsämtern in der Tiefe interessiert. Ich nehme zum anderen die begründete Hoffnung mit, dass unser Öffentlicher Gesundheitsdienst dauerhaft gestärkt werden wird, weil es eben die konkrete Initiative des Gesundheitsministeriums gibt, das Personal in allen Gesundheitsämtern und damit auch im Main-Kinzig-Kreis aufzustocken.“
Mit Investitionen, Personalaufbau und Digitalisierung soll der Öffentliche Gesundheitsdienst seitens des Bundes auch über die Pandemie hinaus unterstützt werden. Bis 2022 sollen in den Ländern mindestens 1.500 neue Stellen geschaffen und mit Medizinern, Fach- und Verwaltungspersonal besetzt werden. Außerdem sollen bis 2026 ganze vier Milliarden Euro investiert werden. +++