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"Glauben Sie an den Scheiß?" - Arzt schildert Erlebnisse beim Pizza holen

Symbolbild: Pixabay.com
Donnerstag, 17.12.2020
Der Anrufer ist immer noch geschockt, als er im Spätdienst der KN-Redaktion schildert, was ihm gerade widerfahren ist: "Ich bin Arzt und arbeite in der Notaufnahme eines großen Krankenhauses. Wir haben wie überall viel zu viele Patienten mit Corona - oder auch mit unklaren Symptomen, die Corona sein könnten. Das bedeutet natürlich einen riesigen Mehraufwand, weil wir diese Patienten nur unter Vollschutzausrüstung untersuchen und behandeln können. Insgesamt sind die Dienste jetzt extrem anstrengend und ohne Überstunden kommt man seit Wochen nicht nach Hause", berichtet er.
An diesem Abend war er so geschlaucht, dass er keinen Nerv mehr hatte, etwas zu kochen. Kurzerhand orderte der Mediziner eine Pizza zum Abholen und stand schließlich vor der Ausgabeklappe des Lokals - selbstverständlich vorschriftsmäßig mit Maske. Dort fand sich auch ein weiterer Gast um die 50 ein - unmaskiert. "Ach ja, das muss man ja jetzt wohl", brummelte er und zog sich sein schmuddeliges Halstuch notdürftig vor den Mund. Auf einen kritischen Blick des Arztes hin entschloss er sich offenbar zur Attacke: "Glauben Sie etwa an den Scheiß?" fragte er provokant. Auf das entschiedene 'Ja', schob er die Frage nach: "Haben Sie Angst vor Corona?" "Angst nicht, aber einen gesunden Respekt", entgegnete der Arzt, der wusste, was er in den letzten Wochen und Monaten tagtäglich zu Gesicht bekommen hat.
"Das sind Schwerstkranke!"
"Tja, ich hab nämlich Corona", behauptete der streitbare Mensch daraufhin und näherte sich bedrohlich. "Dann halten Sie gefälligst Abstand!" Auf die heftige Reaktion des Arztes hin lenkte der Provokateur ein - das sei doch nur ein 'Scherz' gewesen. Er halte das Gerede über die Infektion für total übertrieben. "Oder haben Sie denn schon jemals einen gesehen, der wirklich Corona hat?" Das war natürlich eine Steilvorlage für den geschafften Mediziner: "Ja, jeden Tag um die zehn. Ich komme gerade aus der Schicht in der Notaufnahme! Und Sie wollen nicht wirklich wissen, wie schlecht es den meisten von ihnen geht. Das sind Schwerstkranke. Und viele leiden auch später noch unter schlimmen Spätfolgen - von den Todesfällen ganz zu schweigen."
Irgendwas von diesen eindringlichen Worten müssen ihren Adressaten auch tatsächlich erreicht haben. "Der Mann wirkte plötzlich betroffen und sehr nachdenklich. Dann hat er sich bei mir entschuldigt", erzählt der Arzt. Muss man denn jeden einzelnen Corona-Leugner erst auf die Intensivstationen schleppen, um sie zu überzeugen? +++