BERLIN
Machtkampf beim CDU-Bundesparteitag: Delegierte wählen im Homeoffice
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Freitag, 15.01.2021
Der künftige Bundesvorsitzende der Christdemokraten wird es in die Geschichtsbücher der Bundesrepublik schaffen. Denn erstmals wird in Deutschland der Bundesvorsitzende einer Partei in einer digitalen Wahl gewählt. Die insgesamt 1.001 CDU-Delegierten sollen am Samstagvormittag ihr Kreuzchen vom heimischen Homeoffice aus "klicken".
Wegen der Corona-Pandemie haben sich die Christdemokraten für diese technisch aufwendige Form des Parteitages entschieden. Ursprünglich war der Parteitag für den 25. April 2020 angesetzt - wegen der Corona-Pandemie jedoch zunächst auf den 4. Dezember 2020 und nun als digitaler Parteitag auf das dritte Januar-Wochenende 2021 verschoben worden.
Drei Männer wollen die Nachfolge von Annegret Kramp-Karrenbauer (AKK) antreten. Und diese Drei haben zumindest ein paar Gemeinsamkeiten. Klar, sie sind seit vielen Jahren Mitglied der CDU. Aber wussten Sie? Alle Drei haben jeweils drei Kinder. Alle Drei sind in Nordrhein-Westfalen geboren. Zwei Rheinländer und ein Westfale. Alle Drei eint zudem eine große Herausforderung: Die CDU in Zeiten der Corona-Pandemie zu führen und gleichzeitig die Ziele ihrer Partei bei der Bundestagswahl im Herbst dieses Jahres zu erreichen. Ob der künftige Bundeschef auch als Kanzlerkandidat ins Rennen gehen wird, soll im Frühjahr gemeinsam mit der CSU entschieden werden.
Die Zahl "Drei": Drei Kandidaten aus Nordrhein-Westfalen, drei Kinder
Der 59-jährige Armin Laschet ist in Aachen geboren und seit Juni 2017 NRW-Ministerpräsident. Laschet ist verheiratet und Vater von drei Kindern. Friedrich Merz (65) erblickte in Brilon im Sauerland das Licht der Welt. Der Rechtsanwalt und Wirtschafts-Experte ist unter anderem seit dem Jahr 2019 Vizepräsident des Wirtschaftsrats der CDU. Merz ist verheiratet und hat drei erwachsene Kinder. Dr. Norbert Röttgen wurde in Meckenheim (Rhein-Sieg-Kreis) geboren. Der 55-jährige ist unter anderem seit dem Jahr 2014 Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses. Er ist verheiratet und ist Vater von zwei Söhnen und einer Tochter.
"Ohne Handschlag und Küsschen zur Begrüßung"
In den vergangenen Wochen haben sie sich in einem "anderen" Wahlkampf in digitalen Formaten vorgestellt. Und nun folgt ab Freitagabend der virtuelle Parteitag. "Vieles wird neu und anders, aber unser Parteitag bleibt auch digital eben das: ein echter Parteitag. Wir übertragen die bekannten Wege und Abläufe ins Digitale. Mit allem, was dazugehört: außer Handschlag und Küsschen zur Begrüßung. Und - leider - auch ohne gemeinsame Feier am Landesabend", schreibt die CDU auf ihrer Internetseite.
Die 1.001 Delegierten des Parteitages kommen in einem eigenen digitalen Plenarsaal zusammen. Dort wird beraten. Gewählt wird dann in einer digitalen Wahlkabine. Anschließend gibt es eine Briefwahl. Diese dürfte aber reine Formsache sein, nur der digitale "Gewinner" tritt dort an, darauf haben sich die drei Kandidaten bereits im Vorfeld geeinigt. "Digitale Personenwahlen auf einem vollständig digitalen Parteitag sind ein absolutes Novum in der deutschen Parteiengeschichte. Denn das geltende Parteiengesetz sieht solche Wahlen bisher eigentlich nicht vor", erklärt die CDU zur Wahl.
Interessierte können das Digital-Event live im Internet unter der Adresse www.cdu-parteitag.de und im Fernsehen verfolgen. OSTHESSEN|NEWS berichtet aktuell am Freitagabend und am Samstag vom Parteitag der CDU. Die Wahl des Bundesvorsitzenden ist für Samstagvormittag geplant.
Doch wer ist der geeignete Kandidat für die Delegierten dem Main-Kinzig-Kreis? Wir haben nachgefragt:
Bundestagsabgeordnete Dr. Katja Leikert:
"Die CDU hat die Wahl zwischen drei sehr guten Kandidaten. Ich werde meine finale Entscheidung in den nächsten Tagen treffen. Parteitage haben immer auch ein besonderes Momentum, das hat nicht zuletzt die Wahl von Annegret Kramp-Karrenbauer vor zwei Jahren bewiesen. Wir brauchen einen echten Modernisierer an der Spitze, jemanden, der die Partei erneuert und den festen Willen hat, Politik agiler zu gestalten. Der wirtschaftliche Wiederaufbau nach Corona, Deutschlands Rolle in Europa und der Welt, Klimaschutz, Bildung, Migration und Digitalisierung – auf all das brauchen wir kluge Antworten. Wichtig ist, dass sich auch diejenigen, deren Kandidaten nicht gewählt werden, hinter dem neuen Parteichef versammeln."
Bundestagsabgeordneter und Staatssekretär Dr. Peter Tauber:
"Die CDU straft mal wieder alle Lügen, die sagen, wir hätten nicht verstanden, was die Zukunft verlangt. Wir sind die erste Partei, die Wahlen auf einem digitalen Parteitag durchführt. Wir reagieren als Partei aber auch in Verantwortung auf die aktuelle Lage. Und wir zeigen, dass wir weiter Verantwortung übernehmen wollen - gerade dann, wenn es nicht leicht ist. Mit Röttgen, Laschet und Merz haben drei Kandidaten für den Parteivorsitz, die alle besser geeignet fürs Kanzleramt sind als Robert Habeck oder der Kandidat der SPD. Insofern haben die Delegierten und auch ich die Qual der Wahl. Ich werde wohl für Armin Laschet stimmen. Ich kenne ihn persönlich am besten durch die gemeinsame Zeit im CDU-Präsidium. Er hat erfolgreich eine Wahl für die CDU in NRW gewonnen und regiert das größte Bundesland seitdem erfolgreich mit der FDP. Beste Voraussetzungen also, auch die letzte verbliebene Volkspartei zu führen. Wer Kanzlerkandidat wird, das entscheiden wir dann in bewährter Manier gemeinsam mit der bayerischen Schwester."
Srita Heide ist Ersatzdelegierte und sagt: "Seit April 2020, für den der Parteitag ursprünglich geplant war, haben sich unser Leben und die damit verbundenen Herausforderungen ebenso stark geändert wie das Meinungsbild der Mitglieder. Wir benötigen eine Persönlichkeit, die die Partei modernisiert – in vielerlei Hinsicht: strukturell, Beteiligung von Frauen an der politischen Arbeit, Migration und Integration, Digitalisierung und Motivation, uns noch stärker für Europa zu engagieren. Aber für mich persönlich ist der entscheidende Faktor: Wer kann die Partei in der Krise und danach sehr gut führen und die richtigen Themen setzen?
Es ist klar, dass wir jetzt einen Vorsitzender wählen und keinen Kanzlerkandidaten. In der Auswahlphase haben alle drei Kandidaten ihre jeweilige Position klar gemacht. Sie alle haben ihre Stärken, und ich hoffe sehr, dass die zwei, die nicht gewinnen, den neuen Vorsitzenden mit ganzer Kraft unterstützen werden." +++