GELNHAUSEN / MKK
Ausstellung im Main-Kinzig-Forum erinnert an NS-Diktatur
Fotos: MKK-Pressestelle
Dienstag, 21.01.2025
Vor 80 Jahren, am 11. April 1945, wurde das Konzentrationslager Buchenwald in Thüringen von den Bodentruppen der 3. US-Armee befreit. Sie trafen hier auf etwa 21.000 Häftlinge, darunter über 900 Kinder und Jugendliche wie auch Thomas Geve. Er war 1943 von den Nationalsozialisten (NS) als 13-Jähriger in Berlin wegen seines jüdischen Glaubens deportiert, eingesperrt und misshandelt worden und hat diese unmenschliche Tortur nur mit viel Glück überstanden. Seine Mutter sowie zahlreiche Angehörige und Freunde hingegen wurden bei diesem organisierten Massenmord der NS-Diktatur getötet.
Seine unvorstellbaren Erlebnisse in den Vernichtungslagern Auschwitz, Groß-Rosen und schließlich Buchenwald und das damit verbundene Trauma hat der damals 15-Jährige in etwa 80 Zeichnungen sehr authentisch, detailliert und chronologisch dargestellt. Für ihn war es offenbar ein geeigneter Weg, die Belastungen zu verarbeiten und mit Außenstehenden zu teilen, wie er einmal selbst erklärt hat. Die Stiftung Gedenkstätte Buchenwald und Mittelbau-Dora hat daraus eine Wanderausstellung konzipiert, die nun im Bürgerportal des Main-Kinzig-Forums in Gelnhausen zu sehen ist.
Die Initiative kam von Werner Fromm aus Langenselbold, der sich seit vielen Jahren sehr für eine „aktive Erinnerungskultur“ einsetzt. Aus persönlicher Betroffenheit hat er die Gedenkstätte Buchenwald schon oft besucht, denn sein Großvater Karl Reidel, ein überzeugter Gewerkschafter und Kommunist, war von 1938 bis 1945 dort interniert und habe wie durch ein Wunder auch nur durch die Hilfe seines Freundes Helmut Röder das „Vernichtungslager durch Arbeit“ überlebt, berichtete Werner Fromm anlässlich der Ausstellungseröffnung.
Die Erlebnisse und Geschichten seines Großvaters nach dessen Rückkehr nach Langenselbold hätten ihn „sehr bewegt und motiviert, an dem Thema dranzubleiben“, schilderte Werner Fromm seine Gedanken. Auch die zum Teil unvollständige Aufarbeitung jener Zeit und der erneut aufkommende Nationalismus seien wichtige Beweggründe, um für eine stabile Demokratie sowie Frieden und Freiheit einzutreten.
Seinen realitätsnahen Ausführungen rund um das nationalsozialistische Deutschland von 1933 bis 1945 folgte an diesem Tag nicht nur Landrat Thorsten Stolz, sondern auch eine Schülergruppe des Grimmelshausen-Gymnasiums-Gelnhausen, die an einem entsprechenden Projekt arbeitet. Sie recherchieren zum Leben der Gelnhäuser Jüdin Lotte Sondheimer, die 1942 als junge Frau ebenfalls von den Nationalsozialisten im Konzentrationslager Auschwitz ermordet wurde. Unterstützt wird die Gruppe von den „Arolsen Archives“, dem internationalen Zentrum über NS-Verfolgung mit dem weltweit umfassendsten Archiv zu Opfern und Überlebenden.
„Es ist zum Verständnis sehr wertvoll, wenn ein sichtbarer Bezug zu den eigentlich unvorstellbaren Ereignissen hergestellt werden kann“, sagte Projektleiterin und Lehrerin Christine Bischoff beim Blick auf die handgemalten Szenen. Gemeinsam mit ihrer Kollegin Andrea Diallo begleitete sie die Schülerinnen und Schüler durch die Ausstellung mit den knapp 80 Zeichnungen. Um die jeweilige Darstellung auch 80 Jahre später noch zu verstehen, gibt es zu jedem Motiv eine Beschreibung. Zentrale Themen waren der quälende Hunger, Krankheiten, zahllose Grausamkeiten, Hinrichtungen und das drohende Ende in der Gaskammer.
„Es ist für mich sehr bedeutsam, dass wir diese besonderen Zeitzeugnisse hier im Main-Kinzig-Forum zeigen können“, erklärte Landrat Thorsten Stolz in seiner kurzen Ansprache. Denn es sei wichtiger denn je, „diese dunkle Epoche der deutschen Geschichte mit allen Facetten wahrheitsgemäß in Erinnerung zu behalten“. Vor diesem Hintergrund dankte er Werner Fromm für seinen besonderen Einsatz, um die beeindruckende Ausstellung im Main-Kinzig-Kreis zu zeigen.
Noch bis Ende Januar sind die Zeichnungen während der Öffnungszeiten des Landratsamtes zu sehen. Zudem können sich interessierte Gruppen auch für Führungen anmelden beim Sachgebiet Kultur des Main-Kinzig-Kreises per Mail unter kultur@mkk.de. (red)