Misshandelt und Verstoßen - Tierrefugium schenkt heimatlosen Vierbeinern neue Hoffnung
Samstag, 20.07.2019
von Lena Riemann
HANAU - Ungewollt, ungeliebt oder lästig – Tiere, die mit Handicap auf die Welt kommen, misshandelt wurden oder alt und schwach sind, droht zumeist kein dauerhaftes Zuhause und auch keine angenehme Zukunft. Der Gnadenhof in Hanau-Großauheim hat sich genau diesen Tieren verschrieben und bietet den Vierbeinern ein liebevolles und artgerechtes Zuhause. John Kraft betreibt zusammen mit seinem vierköpfigen Team das Tierrefugium am Rande der Brüder-Grimm-Stadt.
Mario ist einer der Hunde im Tierrefugium. Er ist querschnittsgelähmt und sitzt in einem Hunderollstuhl. „Wir gehen davon aus, dass er geprügelt oder getreten wurde und von diesen Verletzungen nicht mehr laufen kann“, erzählte John Kraft, Leiter des Tierrefugiums. Ein ähnliches trauriges Schicksal teilen fast alle der knapp 90 Tiere im Gnadenhof Hanau. Neben 20 Hunden leben hier Ponys, Schweine, Lamas, ein Pferd zusammen mit Ziegen, Schafen, Hühner und Kaninchen.
Viele der Tiere wurden im Refugium abgegeben oder wurden von Kraft gerettet. Wie das Pferd Samson, dass als „Scheidungsopfer“ vor dem Schlachter bewahrt wurde. Hier wollte der Vorbesitzer seiner (Ex-)Frau eins auswischen und meldetet Samson zum Schlachten an. Kraft konnte, das mittlerweile 29-jährige Pferd, jedoch retten und auf den Gnadenhof bringen. Auch Pony Isabell teilt wie die vielen andere Tiere auf dem Hof eine schlimme Vergangenheit: „Über eine Bekannte kam sie zu uns“, sagte Kraft, „Da wo sie früher stand, haben uns die Nachbarn berichtet, dass sie angeblich sexuell missbraucht wurde und das merkt man ihrem Verhalten auch an.“
In der Regel werden auf dem Hof Hunde vermittelt, Ponys und Lamas bleiben zunächst in Hanau. Laut Gnadenhofleiter, scheitert hier die Vermittlung zumeist an den Haltungsbedingungen. „Die meisten Tiere bleiben hier bei uns. Vor allem bei den Älteren ist es schwierig, sie in ein neues Umfeld einzugewöhnen. Also bleibt das Tierrefugium ihr Zuhause, wo sie noch einen schönen Lebensabend genießen können“, erzählt John Kraft.
Auf dem Gnadenhof können die Tiere, teilweise zum ersten Mal ein artgerechtes Leben führen. Beispielsweise steht es den Hunden frei, sich den ganzen Tag auf dem Gelände des Hofs frei zu bewegen und mit ihren Artgenossen in einem Rudel zusammenzuleben. „Vor allem für Angsthunde ist das Rudel gut. Sie werden dann wieder resozialisiert und lernen, dass man vor dem Menschen keine Angst haben muss“, so Kraft.
Erst seit kurzem gibt es auf dem gut 10.000 Quadratmeter großen Gelände einen Teich für die Vierbeiner. Dieser bietet in den heißen Sommermonaten nicht nur eine gute Möglichkeit zur Abkühlung, sondern wird auch für Therapiezwecke genutzt. Eine Physiotherapeutin und eine Hundeverhaltenstherapeutin besuchen regelmäßig den Gnadenhof. „Wir haben einen ganzen Haufen Tierärzte, die entweder auf den Hof kommen oder deren Praxen wir besuchen. Von Gießen, über Langenselbold und Hanau“, berichtet Kraft. „Neben dem Futter, ist das der Posten, der am Monatsende am meisten zu Buche schlägt.“ Hauptsächlich finanziert sich der Gnadenhof über Spenden und Mitgliedsbeiträge. Auch die Hunderollstühle sind allesamt Sonderanfertigungen, die aus den USA nach Deutschland importiert werden.
Seit seiner Gründung 2004 wurden über den Gnadenhof knapp 500 Hunde vermittelt. Erst kürzlich konnte Hündin Camilla eine neue Familie finden und wird in den kommenden Tagen in ihr neues und hoffentlich endgültiges Zuhause umziehen. „Wir haben immer nur Platz für 20 Hunde. Mehr nehmen wir nicht auf. Sobald ein Tier vermittelt ist, nehmen wir ein Neues an. Allerdings ist die Warteliste mittlerweile ziemlich lang“, so Kraft.
Am 03. August veranstaltet das Tierrefugium ein Sommerfest von 12 bis 18 Uhr. Bei Kaffee und Kuchen, erwartet die Besucher ein Flohmarkt, eine Tombola und viele Info- und Verkaufsstände. Eine Tiervermittlung findet allerdings an diesem Tag nicht statt. Weitere Informationen erhalten Sie unter http://www.tierrefugium-hanau.de/ +++