REGION

Schuldneratlas Osthessen 2020: Zahl überschuldeter Verbraucher gesunken - trotz Corona-Pandemie!

Wie fällt der Schuldneratlas für Osthessen im Detail aus? - Symbolfoto: Pixabay


Freitag, 12.02.2021

REGION - Die Zahl überschuldeter Privatpersonen ist im Krisenjahr 2020 erneut gesunken! Auch die Überschuldungsquote sinkt zum Vorjahr (überschuldete Personen im Verhältnis zu allen erwachsenen in Deutschland). Was zunächst nach einer positiven Nachricht klingt, ist in Wahrheit äußerst besorgniserregend.

Das Barometer steht auf Sturm, doch bis es zu Überschuldungen kommt, können Monate, sogar Jahre vergehen. Dieser verzögerte Corona-Sondereffekt ist auf die hohe Sparneigung der Bevölkerung sowie auf die staatlichen Hilfsmaßnahmen zurückzuführen. Zum Stichtag 1. Oktober 2020 wurde für die gesamte Bundesrepublik eine Überschuldungsquote von 9,87 Prozent (2019: 10,00 Prozent, 2018: 10,04 Prozent) gemessen. Damit sind 6,9 Millionen Bürger über 18 Jahre überschuldet und weisen nachhaltige Zahlungsstörungen auf. Dies sind rund 69.000 Personen weniger als noch im letzten Jahr (- 0,1 Prozent).

Die aktuellen Daten belegen wie bereits im Jahr 2019 einen Anstieg bei der geringen Überschuldungsintensität um circa 119.000 Fälle (plus 4,1 Prozent zum Vorjahr), während die Zahl der Fälle mit juristischen Sachverhalten um rund 188.000 Fälle abnahm (-4,7 Prozent zum Vorjahr). Weiterhin verbleiben rund 4,7 Millionen Menschen in Deutschland in einer dauerhaften Überschuldungsspirale.

Positiver Doppeltrend in Ost- und Westdeutschland. Insgesamt sind im Westen rund 5,77 Millionen Personen als überschuldet zu betrachten (2019: 5,82 Mio. Personen), in den neuen Bundesländern hingegen verbesserte sich die Lage auf rund 1,08 Millionen Personen (2019: 1,10 Mio.). Die Zahl der Überschuldungsfälle hat sich im Langzeitvergleich 2006 /2020 im Westen "nur" um rund 133.000 Überschuldungsfälle (-2,2 Prozent), im Osten deutlich stärker um 202.000 Überschuldungsfälle (-15,7 Prozent) verringert. Die Überschuldungsspirale dreht sich im Westen weiterhin schneller als im Osten: Auch in diesem Jahr nehmen die Fälle mit hoher Überschuldungsintensität im Osten stärker ab (- 5,0 Prozent) als im Westen Deutschlands (-4,6 Prozent). Der positive Trend macht sich in allen Bundesländer bemerkbar, in 13 Ländern sind die Zahlen gesunken, in 3 Bundesländern keine Veränderung zum Vorjahr.

Wolfram Busold, Geschäftsführer von Creditreform Kassel / Fulda erklärt: "Von Überschuldung spricht man, wenn der Schuldner die Summe seiner fälligen Zahlungsverpflichtungen mit hoher Wahrscheinlichkeit über einen längeren Zeitraum nicht begleichen kann und ihm zur Deckung seines Lebensunterhaltes weder Vermögen noch Kreditmöglichkeiten zur Verfügung stehen." Creditreform Kassel / Fulda hat dies zum Anlass genommen, die Überschuldungssituation in der Region Kassel genauer zu untersuchen.

Wolfram Busold, Geschäftsführer der Creditreform Kassel / Fulda Schlegel & Busold KG. - Foto: Creditreform Kassel / Fulda Schlegel & Busold KG

Wolfram Busold, Geschäftsführer der Creditreform Kassel / Fulda Schlegel & Busold KG. - Foto: Creditreform Kassel / Fulda Schlegel & Busold KG

Creditreform Kassel / Fulda untersucht Überschuldungssituation in der Region Nordhessen

Zur Region Fulda zählen neben der Stadt und dem Landkreis Fulda auch die benachbarten Landkreise Vogelsbergkreis und Main-Kinzig-Kreis. Die Untersuchung von Creditreform Kassel / Fulda zeigt: Mit einer Schuldnerquote von 10,42 Prozent konnte die Stadt Fulda seine Quote zwar minimal um 0,04 Prozentpunkte verbessern, liegt damit jedoch weiterhin deutlich über dem Bundes- und Landesschnitt (Land Hessen: 9,95 Prozent). Das Ergebnis für die Stadt Fulda ist, wenn man es differenzierter betrachtet, bei weitem nicht so homogen wie es vermuten lässt. So reichen die Schuldnerquoten für die einzelnen Stadtteile mit dem auch für die Gesamtregion Fulda höchsten Wert von 14,97 Prozent in Nordend bis zum Johannesberg, wo die Schuldnerquote lediglich 2,40 Prozent beträgt.

Quoten in fast allen Landkreisen sinken ebenfalls

Die Verschuldungsquoten sinken auch in fast allen anliegenden Landkreisen. Der Landkreis Fulda schneidet hierbei noch am besten ab, mit einer Schuldnerquote von 7,62 Prozent (-0,05 Prozentpunkte). Der Landkreis Main-Kinzig-Kreis (9,86 Prozent / -0,1 Prozentpunkte) verzeichnet mit der Stadt Hanau mit dem Postleitzahlengebiet 63450 trotz Rückgang in der Überschuldungsquote einen Negativhöhepunkt der benachbarten Kreise dar (20,20 Prozent / -0,99 Prozentpunkte) und gleichzeitig den größten Rückgang der Überschuldungsquote im MKK-Kreis (-0,99). Der Landkreis Vogelsberg verzeichnet den einzigen marginalen Anstieg (9,79 Prozent / +0,09 Prozentpunkte) unter den Landkreisen und liegt knapp über dem Bundesdurchschnitt. Die Gemeinde Ehrenberg(Röhn) aus dem Landkreis Fulda registriert trotz deutlicher Zunahme die niedrigste Schuldnerquote von 3,98 Prozent (+0,21 Prozentpunkte) in der Region Osthessen. Der größte Zuwachs wurde in der Gemeinde Flörsbachtal im Main-Kinzig-Kreis mit 0,91 Prozentpunkten gemessen.

Junge Überschuldung nimmt deutlich ab, während immer mehr Menschen über 50 Jahren in die Überschuldungsspirale geraten

Die durchschnittliche Verbraucherverschuldung liegt bei jungen Menschen unter 25 Jahren bei 7.700 €, bei Personen über 70 Jahren sammelt sich der Schuldenberg sogar auf durchschnittlich 43.600 € an. Sorgen bereiten Wolfram Busold hingegen die nochmals deutlichen Zuwachsraten im Alter. Das Thema Altersüberschuldung bleibt weiterhin virulent und verzeichnet den stärksten Anstieg von Überschuldungsquote und Überschuldungsfällen. Im Jahr 2020 müssen rund 470.000 Menschen in Deutschland ab 70 Jahren als überschuldet eingestuft werden (+89.000 Fälle / + 23 Prozent). Die entsprechende Überschuldungsquote (3,61 Prozent / +0,67 Prozentpunkte) liegt weiterhin deutlich unter den Vergleichswerten der anderen Altersgruppen. Die höchste Überschuldungsquote von 17.31 Prozent (- 0,40 Prozentpunkte) weist die Altersgruppe der 30- bis 39-jährigen.

Zugespitzt sind die Zahlen der Tafel Deutschland e.V., laut deren letzten Erhebung aus dem Jahr 2019 sind 1,65 Millionen Menschen auf die regelmäßige Lebensmittelversorgung durch die Tafel angewiesen. In Hessen (im Ländervergleich am niedrigsten) sind durchschnittlich 20% der Senioren auf die Tafel angewiesen (26 Prozent Bundesweiter Durchschnitt). Im Gegensatz dazu ist die Überschuldungszahl und -quote in der jüngsten Altersgruppe in diesem Jahr nochmals sehr deutlich zurückgegangen und liegt seit 2004 wieder unter der 10-Prozent-Marke. Die Überschuldungsquote beträgt hier 9,63 Prozent (-2,50 Prozentpunkte). Allerdings müssen weiterhin rund 1,11 Millionen junge Menschen in Deutschland (unter 30 Jahren) als überschuldet eingestuft werden (-303.000 Fälle).

Laut aktuellen Schätzungen kämpfen aufgrund der Pandemie derzeit ca. 3,5 Millionen Kleinstunternehmer, Freiberufler und Soloselbstständige um ihre Existenz. Diese Zahlen sind brisant, in den kommenden Jahren ist vom deutlich höheren Anstieg der Überschuldungsfälle auszugehen. Sebastian Schlegel: "Beunruhigend zeigt sich die Polarisierung von Einkommen und Vermögen in der Bevölkerung. Die sozialen Schichten gleiten stärker auseinander. Gutverdiener können der Corona-Pandemie und daraus resultierenden Einkommensausfälle entgegenwirken. Geringverdiener können die finanzielle Überbelastung nicht kompensieren, dies führt langfristig zur Überschuldung." Kurzarbeit und wachsende Arbeitslosenzahlen führen zur Verschlechterung der Haushaltskassen. Verbraucher verfügen über weniger Geld. Rund 700.000 Menschen haben ihren Arbeitsplatz verloren, Millionen sind in Kurzarbeit, Freiberufler kämpfen täglich um ihre Existenz. Diese Handlungen führen sicherlich zeitversetzt zur ansteigenden Verschuldung. Die Überschuldungsampel geht in den nächsten Monaten und Jahren auf Rot.

Creditreform Kassel / Fulda informiert Schulklassen im Bereich Finanzkompetenz

Wolfram Busold empfiehlt die Bevölkerung, insbesondere aber die jüngeren Verbraucher, im Bereich Finanzkompetenz zu sensibilisieren. Gerade in dauerhaft verschuldeten Familien sei es wichtig, Kindern und Jugendlichen eine Hilfestellung für den Aufbau eines selbstverantwortlichen Lebens zu geben. Hierzu bietet Creditreform Kassel / Fulda an, Schulklassen im Rahmen eines Informationstages mit dem Thema Finanzkompetenz und Überschuldung zu sensibilisieren und dabei wichtige Hinweise für den eigenen Umgang mit Geld zu erarbeiten. Bei Interesse oder für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an [email protected]. (pm) +++

Neues Beliebtes
    Kontakt
    Kinzig.News Redaktion:
    Telefon:06051 88770 230
    E-Mail: [email protected]
    Kinzig.News Vertrieb:
    Telefon:06051 88770 180
    E-Mail: [email protected]
    Kinzig.Termine