WÄCHTERSBACH

Nach Schüssen auf Familienvater Bilal (26): "Er ist immer sehr hilfsbereit"

Bilal (2.v.l.) und Robert Kraus (rechts) bei der Übergabe einer Kollekte in 2015 - Fotos: Archiv


Mittwoch, 24.07.2019
von Moritz Pappert

WÄCHTERSBACH - Es war ein wahres Horrorszenario, das sich am Montag in Wächtersbach abspielte: Roland K. schießt aus Rassismus aus einem fahrenden Auto auf einen Eritreer. Es ist der 26-jährige Bilal aus Wächtersbach. Ein freundlicher und hilfsbereiter junger Mann, Familienvater. Bilal geht nach dem Schuss in den Bauch zu Boden, Passanten eilen ihm zur Hilfe und rufen den Rettungsdienst. Er überlebt schwerverletzt. KINZIG.NEWS hat mit seinem ehrenamtlichen Betreuer, Robert Kraus, von der Kolpingsfamilie Aufenau gesprochen. 

Bilal kam 2012 nach Deutschland. Bevor er 2014 nach Wächtersbach kam, lebte er in einer Flüchtlingsunterkunft in Fulda. "Bürgermeister Andreas Weiher hatte uns Wächtersbachern damals ans Herz gelegt, dass wir uns um die Flüchtlinge kümmern sollen. Wir als Kolpingfamilie haben dann den Anfang gemacht und lernten so Bilal kennen", erklärt Robert Kraus. Die Kolpingfamilie unterstützte den Eritreer bei der Arbeitssuche und bei Behördengängen. Der christliche Verein kümmert sich insgesamt um 20 Afrikaner. 

"Wir versuchen immer die Flüchtlinge mit auf Veranstaltungen zu nehmen, um ihnen die deutschen Brauchtümer näherzubringen. Gerade Bilal ist immer hilfsbereit, unkompliziert und gestaltet die Arbeit beim Kolpingverein mit. Auch bei unseren Altkleideraktionen hilft er immer", so Kraus. Auch bei der Suche einer kleinen Wohnung in Wächtersbach hat Betreuer Kraus Bilal unterstützt. 

Als Roland K. schoss, hatte Bilal gerade Mittagspause

Als Bilal dann eine Familie gegründet hat, musste eine größere Wohnung her. Hier kam die Stadt Wächtersbach zur Hilfe. "Die Wohnung war allerdings sehr abgewohnt. Doch Bilal ist handwerklich sehr talentiert. Er hat ein wahres Schmuckstück für seine Familie daraus geschaffen", berichtet der stolze Betreuer gegenüber KINZIG.NEWS.

Derzeit ist Bilal arbeitslos, er besucht die Schule Korwisi, unweit des Tatorts in der Industriestraße. Hier verbessert er seine deutschen Sprachkenntnisse und lernt die Arbeitswelt näher kennen. Als Roland K. auf Bilal schoss, war er gerade in seiner Mittagspause. 

Der Tatort in Wächtersbach
Der Tatort in Wächtersbach
Die Mahnwache am Dienstagabend
Die Mahnwache am Dienstagabend

"Zum falsche Zeitpunkt am falschen Ort"

"Wir haben Bilal schon viel geholfen und er hat uns schon viel geholfen. Als wir einen Bildstock gebaut haben, suchten wir junge Leute, da wir ja auch nicht mehr die jüngsten sind. Bilal war sofort dabei und hat mit Freude mitgearbeitet." Robert Kraus selbst hat von einem anderen Flüchtling per SMS von der Tat erfahren. "'Bilal wurde erschossen', schrieb er. Ich war völlig entsetzt. Glücklicherweise hat er überlebt. Er war einfach zum falsche Zeitpunkt am falschen Ort."

Weitere Anfeindungen gegenüber Flüchtlingen soll es in Wächtersbach nicht gegeben haben. "Wir sagen den Flüchtlingen immer, sie sollen freundlich und hilfsbereit sein. Ich freue mich immer, wenn ich einen Flüchtling zusammen mit einem Deutschen sehe", erklärt Kraus.

Bilal geht es inzwischen wieder besser. "Nach einer sehr heiklen Not-OP kam er auf die Intensivstation. Seit Dienstag ist er wieder auf der normalen Station und kann mit einem Rollstuhl fahren. Seine Frau ist bei ihm. Jetzt müssen wir ihm und seiner Frau erst einmal über den Schock hinweghelfen", sagt Robert Kraus abschließend. +++

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