Hohe Landesschule pflanzt Apfelbaum im Gedenken an die Opfer des Attentats

Donnerstag, 11.03.2021
HANAU - "Erinnern braucht Zukunft. Menschen müssen Erinnerungen weitergeben, damit ihre Erinnerungen lebendig bleiben. Dazu brauchen sie Orte, die Erinnerungen wecken können und anderen Austausch stattfinden kann, Orte die uns anziehen, lebendige Orte. Ein Baum, umgeben von einer runden Bank, der im Frühjahr blüht, im Sommer Schatten spendet und Herbst Obst verschenkt, kann so ein Ort werden." Mit diesen eindringlichen Worten schlug die Schülerin Melissa Cakmak den Bogen von den schrecklichen Ereignissen des 19. Februars 2020, als ein rassistischer Attentäter in Hanau neun Menschen ermordete, und dem Gedenken an die Opfer, dem die Pflanzung eines Apfelbaums an der Hohen Landesschule gewidmet war. Sie bezeichnete dies als einen kleinen, aber wichtigen Schritt in "eine gute gemeinsame Zukunft".
Der symbolträchtige Apfelbaum, der künftig die Schüler*innen und Lehrer*innen sowie Besucher*innen der Hohen Landesschule begrüßen wird, geht zurück auf die engagierte Projektarbeit an dem Gymnasium, das sich bereits seit vielen Jahren zu der Selbstverpflichtung "Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage" bekennt und dem bundesweiten Netzwerk angehört. Im Nachgang zu den Gedenkfeiern 2020, an denen auch Schüler*innen teilgenommen hatten, entstand die Idee, mit der Pflanzung eines Apfelbaumes ein Zeichen zu setzen. Daraus entstand in Zusammenarbeit mit dem Bundesprogramm "Demokratie leben", aus dem Hanau Fördermittel für Konzepte zur Verwirklichung eines vielfältigen, gewaltfreien und demokratischen Miteinanders erhält, und dessen Umsetzung beim AWO Stadtverband liegt, ein schul- und stadtteilübergreifendes Projekt.
Schulleiter Martin Göbler ging in seiner Ansprache zunächst auf die historische Bedeutung des Apfels ein, um dann deutlich zu machen, dass es erklärte Hoffnung der Schule ist, dass noch viele Apfelbäume gepflanzt werden als Symbol einer lebendigen und friedlichen Gesellschaft. "Wir alle müssen uns auf unsere Vorurteile hin prüfen, damit wir in Gleichberechtigung, Vertrauen, Respekt und Verständnis zusammenleben können", macht der Hola-Schulleiter deutlich, dass die Schulgemeinde des Traditionsgymnasiums mit der Pflanzung des Apfelbaums hofft, einen Platz geschaffen zu haben, der "uns über die Ereignisse des 19. Februar 2020 hinaus an unsere Pflicht erinnert, an die Pflicht zum Dialog, um Alltagsrassismus und Alltagsdiskriminierung entschieden zu begegnen".
Jede Geste des Gedenkens, so Oberbürgermeister Claus Kaminsky, sei ein deutliches Signal an die Angehörigen der Opfer, dass sie mit ihrem Schmerz nicht alleingelassen würden. In den vergangenen Wochen und Monaten habe die Stadtgesellschaft unter dem Motto ‚Hanau steht zusammen‘ gezeigt, dass sie sich der Verantwortung stellt, einander beizustehen. Es dürfe aber nicht bei vereinzelten Aktionen bleiben. "Solche Zusammenkünfte wie heute reichen nicht aus", machte der OB deutlich, dass jeder einzelne in der Pflicht sei, in seinem Umfeld rassistischem Gedankengut entgegenzutreten. "Wir dürfen keine Gelegenheit auslassen, um aufzuzeigen, dass Rassismus, Gewalt und Rechtsextremismus ein gefährlicher Irrweg sind." Hanau habe schmerzhaft gelernt, wohin solche Respektlosigkeit gegen andere führen könne, denn "dass Rassismus das Kernmotiv des Attentäters war, steht außer Zweifel." Der einfache Blick ins Internet zeige deutlich, dass hier eine gewaltige gesellschaftliche Aufgabe zu lösen sei. Die an der Hola entwickelte Aktion bezeichnete Kaminsky als großartig. Er hoffe, dass viele diesem Beispiel folgten und in nicht allzu ferner Zukunft an allen Hanauer Schulen mit einem Apfelbaum ein unübersehbares Zeichen gesetzt werde.
Dabei steht die nächste Pflanzung auch schon fest: Hermann Alig, Leiter der Lindenauschule in Großauheim, erhielt den Spaten von Martin Göbler, denn dort soll nach den Osterferien der Apfelbaum gesetzt werden. Auch die integrierte Gesamtschule gehört bereits offiziell zu dem bundesweiten Netzwerk "Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage". (pm) +++