GELNHAUSEN

Peter Tauber: „Wir haben ein massives Problem mit dem rechten Rand der Gesellschaft“

In der Redaktion der Gelnhäuser Neuen Zeitung sprachen GNZ-Chefredakteur Thomas Welz (rechts) und Redakteur Armin Wagner mit Staatssekretär Peter Tauber. - Foto: Tobias Koch


Freitag, 26.07.2019
von Gelnhäuser Neue Zeitung

GELNHAUSEN - „Wir haben ein massives Problem mit dem rechten Rand der Gesellschaft.“ Peter Tauber bezieht deutlich Stellung und wendet sich gegen Gleichmacherei. Im Gegensatz zu rechten Gefährdern sei die extreme Linke mit Verbrechen wie etwa der Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke nicht in Erscheinung getreten. Im Redaktionsgespräch der Gelnhäuser Neuen Zeitung befasst sich der Parlamentarische Staatssekretär im Verteidigungsministerium nicht nur mit der Frage, wie sich der Staat gegen bedrohliche Hass-Botschaften zur Wehr setzen sollte. Der Wahlkreisabgeordnete und frühere CDU-Generalsekretär spricht auch über die Krankheit, die im Jahr 2017 eine Zäsur in seinem Leben darstellte, und über den personellen Wechsel im Verteidigungsministerium. Dass er als möglicher Kandidat gehandelt wurde, habe ihn sehr geehrt, sagt Tauber. Ambitionen habe er zwar nie gehabt, aber die Kanzlerin entscheide solche Angelegenheiten. „Und grundsätzlich gilt, wenn die Kanzlerin etwas fragt, ist es ganz schwierig, Nein zu sagen.“

Doch die Kanzlerin hat nicht ihn, sondern ausgerechnet seine Nachfolgerin im Amt des Generalsekretärs gefragt: Annegret Kramp-Karrenbauer. Die überraschende Personalentscheidung kommentiert der frischgebackene Hauptmann der Reserve folgendermaßen: „Es wäre zwar für mich eine große Ehre gewesen, ich bin allerdings sehr glücklich mit dieser Lösung.“ Und zwar aus folgendem Grund: „Die Aussicht ist jetzt zwar nicht ganz so gut wie von oben, aber der Wind ist nicht so hart.“

Tauber gilt als Politiker mit großer Affinität zu den sozialen Medien. Dabei weiß er aus leidvoller Erfahrung, wie wichtig es ist, bei Twitter und Co jedes Wort auf die Goldwaage zu legen. Als er im Sommer 2017 einem – wie Tauber heute weiß – der rechten Szene zuzuordnenden Provokateur auf den Leim ging und sich zu der Äußerung „Wenn Sie was Ordentliches gelernt haben, dann brauchen Sie keine drei Minijobs“ hinreißen ließ, brach ein Sturm der Entrüstung los – und das nicht nur im Netz. Bis heute ärgert er sich über den Tweet.

Tauber betrachtet die Hass-Kommentare und Entgleisungen in den sozialen Medien mit großer Sorge. Aktuell zeige sich das am Beispiel Wächtersbach. Auch nach der brutalen, ausländerfeindlich motivierten Attacke mit einer Schusswaffe auf einen Eritreer seien „schlimme Kommentare“ aufgetaucht. Dass immer radikaler werdende Äußerungen im Netz eine Auswirkung auf das reale Leben haben, hat Tauber kürzlich der früheren CDU-Abgeordneten Erika Steinbach im Zusammenhang mit der Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke vorgehalten. Im GNZ-Gespräch sagte er: „Erika Steinbach ist völlig weggedriftet. Sie ist in einer Echo-Blase gefangen und hat keinen Halt mehr von außen.“

Tauber sieht Deutschland einer Bedrohung vom rechten Rand ausgesetzt – und hebt sich dabei von der in konservativen Kreisen meist praktizierten Gleichmacherei ab. Tauber macht deutlich, dass er eine derartige Gefahr am linken Rand der Gesellschaft nicht wahrnimmt. So sind es neben den islamistischen Gefährdern vor allem die rechten Gefährder, die in Deutschland aktenkundig sind. Rund 50 von ihnen haben die Sicherheitsbehörden dabei im Blick. Bei diesen und vergleichbaren Härtefällen will Tauber Artikel 18 Grundgesetz heranziehen, um den Agitatoren Grundrechte zu entziehen – etwa im Bereich der Versammlungsfreiheit oder der Pressefreiheit. Letztlich gehe es auch darum, dass die Demokratie zeigen müsse, dass sie wehrhaft ist.

Oft genug sind es Politiker, die sich nicht nur Anfeindungen, sondern auch Morddrohungen ausgesetzt sehen. Tauber verlässt sich bei der Einschätzung der Hass-Botschaften auf die Expertise von Staatsschutz und Polizei, die da „genau differenzieren können“. Auch aus Sicht der Behörden sei es im Übrigen „ganz falsch“, als Politiker permanent mit den Inhalten und Quellen der Droh-Botschaften an die Öffentlichkeit zu gehen, wie es etwa der frühere Landrat Erich Pipa getan habe. Dieses Verhalten verschärfe die Gefährdungslage, weil es weitere Bedrohungen nach sich ziehen könne. Mehr Sinn sieht Tauber darin, besonders üble Attacken zur Anzeige zu bringen. „Ich habe schon mehrere Leute angezeigt – und die wurden verurteilt.“

Ausführlich äußerte sich Tauber im Redaktionsgespräch auch zu seiner schweren Krankheit vor zwei Jahren. Der komplette Bericht ist heute in der GNZ erschienen. +++

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