SCHLÜCHTERN

Burg Brandenstein am „steinigen Hügel“: Lange Geschichte mit vielen Attraktionen

Burgherr Constantin von Brandenstein-Zeppelin - Fotos: Walter Dörr


Sonntag, 23.05.2021
von WALTER DÖRR

SCHLÜCHTERN - Wenn man an Burg Brandenstein denkt, kommen unterschiedliche Assoziationen. Man denkt vielleicht an im äußeren Burghof gefeierte Apfelblütenfeste und historische Handwerkermärkte. Am Tag des offenen Denkmals an die Führungen durch die Burg und das Holzgeräte- und japanische Siebold-Museum. An Workshops über Bierbrauen, Keltern, Rum und Whisky, Backen im Lehmofen.

Man denkt auch an das Luftschiff von Graf Zeppelin oder den Malteser Hilfsdienst, dessen langjähriger Präsident Dr. Constantin von Brandenstein-Zeppelin der Burgherr ist. Die ehrwürdigen Mauern erwarb 1895 Gustav von Brandenstein, aber die Geschichte ist viele Jahrhunderte älter. 1243 könnte die Burg von einem Altengronauer Zweig der Herren von Steckelberg errichtet worden sein. Und wie es so üblich war, nannten die sich damals entsprechend dem Berg auf dem das „Schloss“ gebaut wurde, Brandenstein („Bradestein“ heißt im Mittelhochdeutschen „steiniger, steiler Hügel“). 

Wie die langjährige Burgfrau Isa von Brandenstein (1910 geboren, am 14. April 1997 gestorben) in einer Publikation über den Familienbesitz auf Burg Brandenstein aus dem „Würzburger Lehensbuch von Gronau 1300“ zitiert, belehnte ein Konrad von Brandenstein Ludwig von Hutten und seine Brüder mit der Vogtei am Dorf Rotenberg (ein wüstes Dorf bei Elm, Flurname „Röthe“ deutet heute noch darauf hin). Er bittet den Bischof Mangold von Würzburg, sein Lehen, das Vogteirecht über Güter des Klosters Schlüchtern zu Elm, diesem Kloster als Eigentum zu übergeben. Verschiedene Urkunden von Belehnungen gibt es. So die vom 17. Juli 1307, in der Bischof Andreas von Würzburg den Grafen Ludwig von Rieneck mit dem erledigten Lehen der Edlen von Brandenstein belehnt. 

Lange Geschichte auf Burg Brandenstein

1316 verkauft Ludwig der Jüngere die Herrschaft Brandenstein und belehnt Ullrich II. von Hanau damit. Im gleichen Jahr entsteht ein neues Amt Brandenstein zwischen „Steinau und Schwarzenfels“. Auf der Burg wuchs übrigens Ottilie von Eberstein auf, die Mutter von Ulrich von Hutten, dem bekannten Ritter und Humanisten, der am 21. April 1488 auf Burg Steckelberg im benachbarten Ramholz geboren wurde. Vor 126 Jahren, am 1. Juli 1895, beginnt das Burggeschichtskapitel „Brandenstein“ mit dem Kauf der Immobilie mit 7.890 Hektar Grund durch den ehemaligen Infanterie-General Gustav von Brandenstein. Er entstammt vermutlich aus einer Uradelsfamilie, die um 1300 eine Burg im Orlagau/ Ostthüringen besaß. Dass von Brandenstein fortan ein Elmer war, wird in einer Urkunde des Königlich Preußischen Amtsgerichtes Schlüchtern vom 24. Juli 1897 und der Gemeinde Elm vom 20. November 1898 von Bürgermeister Kress und den Gemeinderäten Heilmann und Gärtner dokumentiert. 1880 hatte Gustav von Brandenstein Mathilde von Siebold geheiratet, eine Tochter des Würzburger Arztes und Japanforschers Dr. Philipp Franz von Siebold. 

Der Besitz Burg Brandenstein forderte viel Engagement bezüglich der Erhaltung des Mauerwerkes, Öfen, Wasser und Fenster. Am 17. Oktober 1905 starb Gustav von Brandenstein, das Ende der ersten Generation auf der Burg. Sohn Alexander erbte. Alexander von Brandenstein (1881–1949) heiratete 1909 Hella Gräfin Zeppelin (1879–1967), die einzige Tochter des berühmten Luftschiffkonstrukteurs Ferdinand Graf von Zeppelin. König Wilhelm II. von Württemberg erhob Alexander diesbezüglich 1911 in den Grafenstand. Am 3. Mai 1910 wird als erstes von fünf Kindern Charlotte Helene Mathilde Isabella, kurz "Isa" von Brandenstein-Zeppelin in Berlin geboren, wo der Vater in militärischen Diensten des Kaisers stand. Bruder Alexander Graf von Brandenstein-Zeppelin (der Jüngere, 1915–1979) heiratete Ursula Freiin von Freyberg-Eisenberg-Allmendingen (1917–1985). 

Aus dieser Ehe gingen vier Kinder hervor, unter anderem Dr. Constantin von Brandenstein-Zeppelin (* 1953, Urenkel des Luftschiffbauers Ferdinand Graf von Zeppelin), der 1983 mit seiner Frau Ameli geborene Prinzessin zu Löwenstein-Wertheim-Freudenberg als 4. Generation auf Burg Brandenstein einzog. Am 28. August 1949 stirbt Alexander Graf von Brandenstein-Zeppelin an den Folgen eines Schlaganfalls auf der Burg und wird an der Elmer Kirche beigesetzt. Isa von Brandenstein bewirtschaftete den Laubwald, den es an drei Seiten des Burgberges gibt, und die Obstanlagen des Obstgutes Brandenstein. Als in den 1960er Jahren die Landwirtschaft aufgegeben werde musste, waren auch die alten, überwiegend hölzernen Gerätschaften überflüssig geworden und es drohte ihnen, vernichtet zu werden. Isa von Brandenstein kam die Idee, zu den eigenen Geräten weitere Exponate bei den umliegenden Bauern einzusammeln, sie in einem Holzgerätemuseum zusammenzufassen und so der Nachwelt zu erhalten. 

Das Museum

Mit 200 Objekten von Handwerkern, Bauern und Landfrauen eröffnete das Museum Ostern 1970 im ehemaligen Pferdestall des Torhauses. Großes Interesse bei Besuchern fanden die historischen Gerätschaften und der Bestand stieg auf über 800 Teile. Von Klappern, mit denen bei der Jagd die Hasen aufgescheucht wurden, oder Gänseklappern, mit denen die Hirten die Tiere aus den Höfen riefen. Bügel- und Spannsägen, Hobelbänke, allerlei Schlachtgeräte, Werkzeuge zur Flachs- und Hanfbearbeitung, geflochtene Kinderwägen und Kinderwiegen, Schaukelstuhl und ein verstellbarer hölzerner Sportwagen, Fußschemel, Küchenutensilien, Butterschleuder, Abschlagteller, Rührlöffel, Saftpressen, hölzerne Waschmaschinen und Waschbretter, Krüge, Webstühle, Spinnrad, bis zu wirtschaftlichen Geräten, wie Schubkarren, Grabscheid, Pflug oder Doppeljoch. Auch besondere Raritäten und Kuriositäten gibt es im Holzgerätemuseum. Im zweiten Museum auf Burg Brandenstein, dem Siebold-Museum, wird an das Leben und Werk des Arztes und bedeutenden Japanforschers Philipp Franz von Siebold (geboren 1796 in Würzburg, gestorben 1866 in München) erinnert. 

Der Vorfahre der Familie von Brandenstein-Zeppelin lebte von 1823 bis 1829 in Japan und führte dort Studien über das damals noch unbekannte Japan durch. Er unterrichtete japanische Gelehrte und behandelte Kranke. Die Ausstellung im Siebold-Museum zeigt Bücher, Bilder und persönliche Gegenstände der Forschungen, Lehren und Ideen. Im Jahr 1822 war Siebold als Arzt in die Dienste der Niederländisch-Ostindischen Companie eingetreten und kam 1823 in die holländische Handelsniederlassung auf Deshima, einer kleinen künstlichen Insel im Hafen von Nagasaki. Dort förderte Siebold intensiv den geistigen Austausch zwischen Japan und der westlichen Welt. Er legte selbst eine ethnographische Sammlung an und erforschte die japanische Tier- und Pflanzenwelt, die er von Künstlern bildlich erfassen ließ. Seine naturwissenschaftlichen und ethnographischen Sammlungen werden auch in Museen von Gent, Brüssel, Antwerpen und vor allem an der Rapenburg-Gracht in Leiden in den Niederlanden ausgestellt, wo Siebold ab 1830 wohnte. 

Viele Seminare auf der Burg

Sichtbare Garten- und Landschaftspflege bietet Burg Brandenstein – auch durch das Engagement des Burgvogts Uwe Kretschmann. Artenreicher Laubwald, neben Buchen auch Eschen, Feld-, Spitz- und Bergahorn, Hainbuchen, Wildkirschen und ökonomisch und ökologisch die wertvollen Seltenheiten Els- und Mehlbeeren und Berg-Ulmen. Uralte Hutebuchen gehören zu den schützenswerten Hinguckern im Wald. Entlang der Zuwegung zur Burg ist ein Gehölz-Lehrpfad angelegt, auf dem die baumigen- und strauchigen Gewächse beschildert sind. Am Südhang des Brandensteiner Burgberges gibt es noch Restbaumbestände der einstigen großflächigen Streuobstwiesen. Äpfel davon werden zu naturreinem Projektapfelsaft verarbeitet und als „Brandensteiner Bio-Apfelsaft“ vermarktet. Seit 1997 sorgt eine Ziegenherde für die Rasenpflege am Burgberg und beeinflusst die naturnahe Halbtrockenrasenvegetation. 

In Seminaren erklärt Uwe Kretschmann (Förderpreisträger für Hessische Heimatgeschichte, Träger des Umweltpreis des Main-Kinzig-Kreises) die Duft-, Heil- und Gewürzpflanzen des terrassierten Staudengartens. Seltene Pflanzen aus Japan und Ostasien sind durch eine besonders sorgfältige Pflege auf Burg Brandenstein heimisch wurden. Die Besichtigung von Burg Brandenstein ist nach vorheriger Anmeldung möglich (info@burg-brandenstein.de) – coronabedingte Einschränkungen sind zu beachten. Burg Brandenstein wird gerne von Wanderern besucht, die auf beschilderten Wegen den Berg mit der Sehenswürdigkeit erklimmen. Die Burg ist auch in dem neuen europäischen Kulturweg Hutten-Elm integriert, der Anfang August eingeweiht wird. +++

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