Blühinseln für Insekten schaffen: Weniger Mähen für mehr Natur

Montag, 24.05.2021
REGION - Naturnahe Wiesen stecken voller Leben. Auf allen Etagen lassen sich hier Tiere beobachten, Schmetterlinge suchen nach Nektar und Ameisen bauen darin Erdnester. Wer aufmerksam und behutsam ist, kann schon jetzt die ersten winzigen Heuschrecken entdecken. Doch auf vielen Wiesen im Land herrscht grüne Ödnis: "Von oben sieht unser Land teils aus wie ein Kunstrasen, steriles Grün soweit das Auge reicht. Kaum sind die ersten Gräser da, werden Mäher und Mulcher ausgepackt, Löwenzähne ausgestochen und der Rasen manikürt", sagt Gerhard Eppler, Landesvorsitzender des NABU Hessen.
Nicht nur in manchen Privatgärten herrsche Blütenmangel. Auch entlang von Straßen werden Grünflächen – sogenanntes Straßenbegleitgrün – teils schon früh im Jahr weiträumig gestutzt. In der Landwirtschaft sind die ersten Traktoren mit Mähwerk unterwegs, um Silage als Kuhfutter herzustellen.
Das können Kommunen tun
Der Klimawandel zwingt Kommunen zum Umdenken, denn es gilt, sich zugleich an Hitzeperioden und Starkregenereignisse anzupassen. Naturnahe Grünflächen bieten Lebensräume, speichern Wasser und klimaschädliches CO2 und kühlen ihre Umgebung. Grünflächen entlang von Wegen und Straßen können Insekten und anderen Tieren Nahrung und Nistplätze bieten. Leider werden viele Flächen zu früh, zu oft und zu radikal gekürzt. Dabei ist das aus Sicht des NABU gar nicht notwendig: "Für eine saubere Optik und die Gewährleistung der Verkehrssicherheit reicht es, einen Streifen in der Breite eines Mähwerks direkt am Weg zu mähen, der Rest kann länger stehen bleiben, je nach Standort bis Juni oder Juli", erklärt Eppler.
Wilde Brennesselecken und Blühstreifen anlegen
Ab 4. Juni
lädt der NABU wieder zum Insektensommer ein. Dann heißt es: alles
zählen, was krabbelt oder fliegt und sechs Beine hat
(www.insektensommer.de). Damit es im Garten viel zu entdecken gibt,
sollte der Rasenmäher jetzt noch im Schuppen bleiben, empfiehlt der
Biologe: "Wer spät mäht, hat nicht so viel Stress, kann den Blüten bei
der Entwicklung zusehen und die Insektenvielfalt entdecken."
Für
die Neuanlage eines Blühstreifens sollte man regionales Saatgut nutzen.
In bestehendem Rasen kann man punktuell offene Stellen schaffen und
diese mit den gewünschten Samen einsähen oder die Art des Mähens auf
Dauer ändern. "Dann heißt es: warten und sich überraschen lassen!", so
der Landesvorsitzende. "Auch, wenn sich nicht jeder nährstoffreiche
Rasen schnell zum Blütenparadies entwickelt, kann allmählich ein
Lebensraum für eine Vielzahl von Arten entstehen", rät Eppler.
Mehr blütenbunte Vielfalt in der Landwirtschaft
Intensive
Landwirtschaft gefährdet eine Vielzahl an Insekten. Landwirtschaftlich
genutzte Wiesen werden heute bis zu fünf Mal im Jahr gemäht und das Gras
mitsamt Insekten meist in praktische Siloballen verpackt. Überdüngung
aus der Luft sorgt dafür, dass die Artenvielfalt selbst in
Naturschutzgebieten schwindet. "Damit Wiesen-Margerite,
Acker-Witwenblume oder Gewöhnliche Schafgarbe eine Wiese besiedeln
können, müssen sie blühen und aussamen können. Ein später Schnitt,
frühestens ab Mitte Juni, ist dafür unabdingbar", sagt Gerhard Eppler.
Mit einem Balkenmäher sinke dabei das Sterberisiko für die
Wiesenbewohner.
Die Politik setzt bereits Anreize, um es besser,
sprich insektenfreundlicher zu machen: "Das Land hat erkannt, dass
mehrjährige Blühmischungen helfen, die Insekten- und Vogelvielfalt zu
bewahren. Mehrjährige Blühmischungen sind Bestandteil der Hessischen
Agrarumwelt- und Landschaftspflege-Maßnahmen (HALM) und werden auch im
beispielsweise im Rahmen der Kampagne Bienenfreundliches Hessen
beworben. Solche Blühflächen bieten ohne Bewirtschaftung und
Arbeitsaufwand für einige Jahre einen optimalen Lebensraum für viele
Insekten, bodenbrütende Vögel und Kleinsäuger wie Feldhasen", so der
Landesvorsitzende des NABU Hessen.
Fünf Tipps für insektenfreundliche Wiesen
• Frühestens Mitte Juni mähen und Schnittgut abräumen.
• Nicht alles auf einmal, sondern in Abständen von zwei bis drei Wochen mähen.
• Ränder und Säume an Wegen, Straßen, Wäldern und Bächen als Rückzugsraum erhalten.
• Mindestens zwölf Zentimeter Bewuchs stehen lassen, so können Insekten überleben.
• Auf Mähaufbereiter verzichten, wenn möglich Sensen oder Balkenmäher nutzen. (pm) +++