Vom Bauwagen zum "gelben Haus": Anlaufpunkt für wohnungslose Menschen
Freitag, 04.06.2021
HANAU - Viele Hilfen unter einem Dach: Aus dieser Idee ist vor 30 Jahren die „Ökumenische Wohnungslosenhilfe“ im Franziskus-Haus Hanau entstanden. Am 4. Juni 1991 öffnete die Einrichtung erstmals ihre Türen. Seitdem finden die Menschen von der Straße im „gelben Haus“ einen sicheren Rückzugsort, ein umfangreiches Beratungsangebot und vieles mehr. Auch wenn das Jubiläum auf Grund der Corona-Pandemie nicht im großen Rahmen gefeiert werden kann, freut sich Einrichtungsleiter Rainer Broßmann trotzdem über drei erfolgreiche Jahrzehnte Wohnungsnotfallhilfe in Hanau.
„Angefangen hat eigentlich alles mit einem Bauwagen“, blickt Broßmann zurück. Damals bot die evangelische Marienkirchengemeinde eine „Wärmestube“ für Obdachlose an. Als das Angebot 1990 eingestellt werden musste, wurde zunächst improvisiert: Die Caritas funktionierte ihre damalige Kleiderkammer zu einem warmen Raum mit Küche und Toilette um. Der damalige Hanauer Sozialamtsleiter Manfred Vosbeck besorgte einen Ersatzraum für die Kleiderkammer, in den auch die Diakonie ihre Kleiderkammer miteinfügte. Und die Marienkirche lieh ihren „Bauwagen-Zivi“ als erfahrenen Betreuer für die neue Wärmestube aus.
Nachhaltiges Hilfsangebot
„Der Wunsch aller Beteiligten war es aber, ein nachhaltiges
Hilfsangebot für wohnungslose Menschen zu schaffen“, fasst Broßmann
zusammen. Die „Ökumenische Nichtsesshaftenhilfe“ wurde geboren. Am 4.
Juni 1991 öffnete das Franziskus-Haus, das sich damals noch in der
Breslauer Straße befand, zum ersten Mal seine Türen. „Das Angebot
umfasste damals eine Tagesstätte, eine Herberge mit Vier-Bett-Zimmer,
eine Beratungsstelle und ein Übergangswohnheim“, berichtet Broßmann.
Drei
Jahrzehnte sind seitdem vergangen und viel hat sich getan: 1996 ist das
Franziskus-Haus in die Matthias-Daßbach-Straße umgezogen. Zahlreiche
Angebote, wie etwa die Straßensozialarbeit, das betreute Wohnen oder die
Notschlafstelle „Schneckenhaus“, die während der Frostperiode geöffnet
ist, sind hinzugekommen. Die Angebote des Franziskus-Hauses werden von
den wohnungslosen Menschen dabei gerne angenommen. Allein 2020
verzeichnete die Tagesstätte 19.490 Besuche, in der Herberge wurde
3.681mal übernachtet.
Bedürfnisse der Menschen im Blick
„Als
Wohnungslosenhilfe haben wir immer die Bedürfnisse der Menschen im
Blick, denen wir helfen wollen“, stellt Broßmann fest. Das
Franziskus-Haus ist eine sogenannte „nasse“ Einrichtung, in der der
Konsum von Alkohol erlaubt ist. „Dadurch können auch alkoholkranke
wohnungslose Menschen die Einrichtung nutzen.“ Für die Besucher der
Tagesstätte gibt es die Möglichkeit, etwas zu essen oder zu trinken,
ihre Wäsche zu waschen oder der Körperpflege nachzukommen. In der
Kleiderkammer „Anziehpunkt“ finden sie ein breites Angebot an
gebrauchter Kleidung und Schuhe. Die Herberge bietet kurzzeitige
Übernachtungsmöglichkeiten und im Übergangswohnheim oder beim Betreuten
Wohnen werden die Menschen von den erfahrenen Pädagogen bei ihrem Weg
zurück von der Straße in ein normales Leben begleitet und unterstützt.
Der niedrigschwellige Zugang zu den verschiedenen Angeboten liegt den Mitarbeitenden dabei besonders am Herzen. „Wir freuen uns über jeden Menschen, der zu uns kommt und Hilfe sucht“ so der Einrichtungsleiter. Der Weg aus der Wohnungslosigkeit bestehe dabei aus vielen kleinen Schritten. „Bei diesen wollen wir die Menschen begleiten und sie unterstützen, dieses Ziel zu erreichen.“
Mit viel Liebe und Herzblut
Dazu
tragen dabei nicht nur die hauptamtlichen Mitarbeiter des
Franziskus-Haus bei, wie Broßmann betont: „Das Franziskus-Haus lebt auch
von den vielen Menschen, die uns immer wieder mit viel Liebe und
Herzblut unterstützen“, fasst Broßmann zusammen. Ein herzliches
Dankeschön richtet Broßmann deshalb an die ehrenamtlichen Helfer, die
sich in der Tagesstätte oder der Kleiderkammer der Einrichtung
engagieren und an alle, die die Einrichtung mit Spenden und Geschenken
für die Klienten unterstützen. „Diese Unterstützung sorgt dafür, dass
unser Franziskus-Haus nicht einfach nur ein sicherer Rückzugsort für
unsere Klienten ist, sondern einfach eine Einrichtung mit Herz.“ Auch
den Ansprechpartnern bei der Stadt Hanau, dem Main-Kinzig-Kreis und dem
Landeswohlfahrtverband dankte Broßmann herzlich für die gute und
konstruktive Zusammenarbeit. Genauso gilt der Dank den evangelischen und
katholischen Kirchengemeinden wie auch der Diakonie, dem Caritasverband
und dem Bistum Fulda für die zuverlässige Hilfe.
Gerne hätte man
das 30-jährige Bestehen der Einrichtung natürlich gebührend und mit
vielen Gästen und Weggefährten gefeiert. Auf Grund der Corona-Pandemie
ist dies jedoch aktuell nicht möglich. „Wir hoffen, dass wir im
September das Jubiläum zumindest noch mit einem Festgottesdienst
gemeinsam feiern können“, so Broßmann. Eins aber steht auf alle Fälle
schon fest: Das Franziskus-Haus wird auch weiterhin für die Menschen von
der Straße eine wichtige Anlaufstelle sein.
Das Franziskus-Haus ist eine ganzjährig geöffnete Einrichtung der Ökumenischen Wohnungslosenhilfe in Trägerschaft des Caritas-Verbandes für den Mainz-Kinzig-Kreis. Es bietet wohnungslosen Menschen Beratung, Unterkunft und Essen sowie Kleidung. Die sozialpädagogische Arbeit im Übergangswohnheim unterstützt die Menschen bei der Erreichung persönlicher Ziele. Bei Bezug von eigenem Wohnraum ist eine Begleitung durch das Betreute Wohnen möglich. Nähere Informationen über das Franziskus-Haus gibt es unter der Telefonnummer 06181/3609-0 oder auf der Homepage: www.franziskus-haus-hanau.de. (pm) +++