Der Künstler im Interview

Kabarettist Florian Schröder über die Pandemie: "Große Blamage des Staates"

Kabarettist Florian Schröder - Foto: Agentur


Donnerstag, 22.07.2021
von MORITZ PAPPERT

REGION -  Die Pandemie war besonders für Kunst und Kultur eine große Herausforderung. Umso schöner ist es, das jetzt endlich wieder Veranstaltungen stattfinden können. Eine davon ist der Auftritt des Kabarettisten Florian Schröder im Fuldaer Museumshof. Am Freitag ist er mit seinem neuen Programm "Neustart" zu Gast. Wir haben ihm vorher ein persönliche Fragen gestellt:

Wie haben Sie als Künstler die letzten Monate überstanden?

"Ich habe auf meinem Instagram Kanal @schroeder_live und auf YouTube eine Quarantäne Show gemacht, einen allabendlichen Lockdown-Talk mit je einem prominenten Gast. Außerdem habe ich meine TV-Sendungen, die Florian Schroeder Satireshow für Das Erste, und die Spätschicht für das SWR-Fernsehen produziert. Ich hatte also zum Glück eine Menge zu tun."

Die meiste Inspiration bekommen Künstler ja aus dem Alltag. Wie ist das, wenn dieser stark eingeschränkt ist? Woher nehmen Sie die Inspiration?

"Bei den allseits beliebten Spaziergängen im Park konnte man ja als Einzel-Spaziergänger auch eine Menge beobachten und sehen, wie sich strange Verhaltensweisen durchsetzten. Gerade im Prenzlauer Berg, wo ich wohne: Da sah man auf den Facebook – und Insta-Profilen meiner Nachbarn viele Fotos, die diese gemacht hatten im Laufe der Zeit, von Menschen, die sich getroffen haben in Parks und die Abstandsregeln nicht eingehalten haben. Es gab Leute, die behaupten, das sei nicht gut. Das seien Blockwarte. Nein, das heißt heute Achtsamkeit."

Sie haben für Aufsehen gesorgt, als Sie auf einer Corona-Demo aufgetreten sind und dort an die Einhaltung der Hygieneregeln appelliert haben. Wie muss man ihrer Meinung nach mit Querdenkern umgehen und welchen Effekt hatte ihr Auftritt im Nachhinein?

"Ich denke, er konnte zeigen, was mit den Mitteln der Satire möglich ist, wenn sie sich auf ihre vergessene Kernkompetenz der Irritation besinnt, wenn sie rausgeht aus der eigenen Comfort Zone. Mit den Verunsicherten, die sich Thesen dieses Milieus zu eigen machen, kann und sollte man diskutieren. Beim harten Kern mit geschlossenem Weltbild wird das schwierig. Dann kann und soll man Kommunikation auch abbrechen."

Sie wurden jüngst mit dem Deutschen Kleinkunstpreis 2021 ausgezeichnet. Wie viel bedeutet Ihnen das?

"Es ist schön, wenn die eigene Arbeit anerkannt wird und eine Motivation, weiter zu machen, nicht stehen zu bleiben, sich Neues zu überlegen."

Wie beurteilen Sie das Handeln der Regierung in der Corona-Krise?

"Am Anfang hatte ich Sympathie und fand das Regierungshandeln angesichts der vollständigen Unvorhersehbarkeit von allem erstaunlich ruhig und professionell, Das änderte sich mit der Zeit gewaltig: Von der Maskenbeschaffung über die Impfstoffe bis zu den Schulen und ihrer Ausstattung ist viel schiefgelaufen. Nicht zu vergessen die desaströsen Bedingungen bei der Auszahlung der Corona-Hilfen an Künstler und Selbständige. Und all das vor dem Hintergrund, dass eine Pandemie seit langem wahrscheinlich war – schon 2012 gab es entsprechende Studien und die Empfehlung, Masken zu beschaffen – und nichts ist passiert. Das war eine große Blamage des Staates."

Wie hat die Corona-Pandemie die Kunst und Kultur in Ihren Augen nachhaltig verändert?

"Es ist zu früh, das zu beantworten. So langsam läuft alles wieder an, nichts ist normal, aber alle machen mit – mit beeindruckender Euphorie. Es ist ein wenig wie Laufenlernen nach einem schweren Unfall. Welche Langzeitschäden bleiben werden, kann niemand sagen. Im Moment wirken noch die Schmerzmittel und die Pflaster. Die Frage ist, was passiert, wenn die Wirkung der Akutbehandlung nachlässt."

Ihr neues Programm heißt "Neustart". Was erwartet die Zuschauer in Fulda am 23. Juli?

"Ich beschäftige mich damit, warum wir ständig einen neuen Messias suchen, den wir aber doch wieder sehr schnell vom Sockel stoßen. Es gibt praktische Lebenshilfe: Wie kommen wir klar mit der neuen Normalität, in der wir zuammenrücken, indem wir uns auseinandersetzen. Wir betreiben aktiv Cancel Culture in der Show und ich bereite meine Kanzlerschaft vor. Ganz ohne Witz und Ironie."

Mit welchen Gefühlen blicken Sie jetzt in die Zukunft? Auf was können sich Ihre Fans weiterhin freuen in diesem und nächstem Jahr?

"Ich blicke nach wie vor mit dem Gefühl großer Unsicherheit und der Gewissheit der Unvorhersehbarkeit in die Zukunft. Es scheint ja nun trotz aller Fortschritte vieles doch länger zu dauern, als wir alle dachten. Insofern hoffe ich das Beste, wage aber keine Prognosen. Im Herbst erscheint mein Buch "Schluss mit der Meinungsfreiheit!", an dem ich nun lange gearbeitet habe. Darauf freue ich mich."

Am Freitagabend spielt Florian Schröder in Fulda. Weitere Infos gibt es hier.

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