Wie Dieter J. G. Brumm Gelnhausen und den Spessart zu lieben lernte

Mittwoch, 04.08.2021
GELNHAUSEN/GRÜNDAU/HAMBURG - Seine Lippen sind verstummt, aber seine Worte klingen in schweren Zeiten umso heller. Diese Gedanken und Gefühle standen Pate für die Herausgabe eines Buches mit bisher unveröffentlichten Gedichten von Dieter J.G. Brumm, die in seinem Nachlass gefunden wurden. Das Werk "Gesang zur rechten Zeit" ist im Engelsdorfer Verlag in Leipzig zu seinem ersten Todestag erschienen und wurde von dem Gründauer Autor Peter Völker stellvertretend für den Gelnhausen-Hamburger Freundeskreis herausgegeben.
Es ist den Kindern Brumms Jannina und Hinrich, die in Hamburg leben, gewidmet. Am 21. August um 16 Uhr findet eine Lesung mit Musik am Schillerstein in Gelnhausen im Kreise der Mit-Herausgeber unter freiem Himmel statt. Kurze Ansprachen werden der ehemalige Bürgermeister Rödermarks, Roland Kern, und Peter Völker halten, den eine 30-jährige enge Freundschaft mit dem Verstorbenen verband. Brumm besuchte mehrmals pro Jahr die Kinzigregion.
Im späten Leben entdeckte Brumm neue Lieben: die zur Barbarossastadt Gelnhausen und zu den Wäldern des Spessarts. Zusammen mit Völker und Mitgliedern des Freundeskreises nahm er bei seinen zahlreichen Besuchen mit wachem Geist die Geheimnisse der Geschichte Gelnhausens in sich auf; ebenso wie den Liebreiz der Altstadt bei für ihn organisierten Stadtführungen.
"Ein zentraler Begegnungsort in Gelnhausen war für ihn der
Kunstverein Meerholz. Er trat mehrmals, vom Publikum wertgeschätzt,
allein zu Lesungen oder zusammen mit dem Liedermacher Pintul auf und
erlangte auf der Zielgeraden zum Greis so etwas wie eine informelle
Kunstvereins-Ehrenmitgliedschaft", sagt Völker, der einige Jahre im
Vorstand des Vereins aktiv war. Brumm schloss diese für ihn neue Welt in
sein philosophisches und menschliches Herz ein. Nach einem solchen
Besuch hinterließ er ein Gedicht zu Gelnhausen:
"Stadtkultur"
Am Rand des Spessarts thront die Stadt –
ein Kunstwerk kriegerischer Zeiten,
das seinen Charme erhalten hat –
und trotzt noch neuen Widrigkeiten.
Dereinst als Handelsplatz erbaut,
aus Barbarossas Macht erfunden,
kam Reichtum mit der vielen Maut
und hat sich oft mit Kunst verbunden.
Gelnhausen – ohne Technikwahn
mobilverseuchter Metropolen –
zeigt sich in Grimmelshausens Bahn
als Weltkultur auf leisen Sohlen.
Unvergessen
sind laut Völker die unzähligen Wanderungen durch den hessischen und
bayerischen Spessart mit dem bis ins hohe Alter von 91 Jahren aktiven
Extrem-Hochgebirgswanderer Brumm: "In der Spessartregion entdeckte er,
die sanfteren Touren zu gehen und lernte sie schätzen."
Dieter
J. G. Brumm verstarb am 21. August 2020 nach kurzer schwerer Krankheit
in Hamburg. Nach seinem Studium der Philosophie bei Martin Heidegger in
Freiburg engagierte er sich neben seiner philosophischen Leidenschaft
vielseitig. Als Lehrbeauftragter für Philosophie an der Freien
Universität in Berlin lernte er Rudi Dutschke kennen. Im geistigen
Nachlass Brumms fanden die Erben einen handschriftlichen Brief Dutschkes
an seinen Wegbegleiter und Freund. Im Schillerverein in Leipzig war er
gern gesehener und wertgeschätzter Referent. Er bekannte sich als "alter
Denker" mit voller Überzeugung zur Fridays-for-Future-Bewegung. (pm/sh) +++