Tarifstreik ab Dienstagabend: 95 Prozent stimmen für Arbeitskampf
Dienstag, 10.08.2021
FRANKFURT AM MAIN - Chaos im Bahnverkehr droht jetzt mitten in den Sommerferien: Die Mitglieder der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) haben mit großer Mehrheit für einen Arbeitskampf bei der Deutschen Bahn gestimmt. In einer geheimen Briefwahl votierten satte 95 Prozent bei der Urabstimmung mit "Ja". Die Wahlbeteiligung lag bei rund 70 Prozent. "Wir haben mit großer Zustimmung und einem hohen Rücklauf gerechnet, das Ergebnis hat unsere Erwartungen jedoch noch übertroffen", so der GDL-Bundesvorsitzende Claus Weselsky bei einer der Pressekonferenz am Dienstag in Frankfurt.
Auch viele Beamte und Kollegen aus den DB-Unternehmen, in denen die GDL keine Urabstimmung durchgeführt hat, haben ihre Solidarität bekundet. 97 Prozent von ihnen unterstützen den Kurs der GDL. "Wir möchten uns an dieser Stelle recht herzlich bei unseren Mitgliedern bedanken. Ohne diesen Rückhalt wären wir nicht das, was wir sind", versicherte Weselsky.
Der Angriff auf die kleinen Betriebsrenten

"Während sich die Führungskräfte mit Altersversorgungssystemen bis zu
20.000 Euro monatlich genehmigen, sollen den Lokomotivführern von ihren
150 Euro Betriebsrente auch noch 50 Euro weggenommen werden. Das
schlägt dem Fass den Boden aus. Diese Ungerechtigkeit werden wir nicht
zulassen", so Weselsky.
Das Votum spiegelt auch die Stimmung des direkten systemrelevanten Personals im Eisenbahnsystem wider: "Die Eisenbahner sind wütend auf einen Arbeitgeber, der ihnen eine Minusrunde verordnet und gleichzeitig sich und seinen Führungskräften im Home-Office ungerührt die Taschen mit Boni füllt. Die Eisenbahner haben selbst in der größten Corona-Pandemie unter erschwerten Bedingungen den Kopf hingehalten und den Verkehr rund um die Uhr sicher und zuverlässig aufrechterhalten. Sie haben Anerkennung und Wertschätzung ihrer Arbeit verdient und keine öffentlichen Angriffe des DB-Personalvorstands Martin Seiler", so Weselsky.
Streiks vom bis 10. bis 13. August
Die
GDL sieht das eindeutige Votum als Auftrag und ruft ihre Mitglieder bei
der Deutschen Bahn zum Arbeitskampf auf: Im Güterverkehr ab dem 10.
August, 19 Uhr, und im Personenverkehr und der Infrastruktur ab 11.
August, 2 Uhr. Der Arbeitskampf soll am 13. August um 2 Uhr enden.
"Gemessen
an der Stimmung in der Belegschaft, könnte der Streik gar nicht lange
genug dauern", so der GDL-Bundesvorsitzende. Mit diesem Zeitfenster
versuche die GDL jedoch, den Ferien- und Wochenendverkehr nicht zu stark
zu beeinträchtigen.
Steuergelder werden in Streiks verbrannt
Die DB habe bisher provoziert und kein Interesse an einer Einigung gezeigt. Deshalb sei sie auch für die Arbeitskampfmaßnahmen verantwortlich. Einlenken mit einem verbesserten, verhandelbaren Angebot könne sie jedoch immer noch. "Jetzt ist die Zeit reif dafür, die Scheinangebote zu verwerfen, die sogar noch unter dem Schlichtungsergebnis des vergangenen Jahres liegen, und Nägel mit Köpfen zu machen. Statt Steuergelder sinnlos zu verbrennen, müssen diese in die Zukunft des Eisenbahnsystems, in die Klimaziele und in die Eisenbahnerinnen und Eisenbahner investiert werden", so Weselsky.
Scheinangebote nicht verhandelbar
Das
DB-Management wolle den kleinen Leuten in die Taschen greifen und
fordere von ihnen einen "Solidarbeitrag", mit massiven
Reallohnverlusten. Neben den Betriebsrenten solle auch die
Freizeitplanung beeinträchtigt werden, damit das direkte Personal im
Schichtdienst noch flexibler und kurzfristiger eingesetzt werden könne.
Damit werde versucht, den hohen Personalmangel beispielsweise in der
Infrastruktur zu kaschieren.
Die GDL fordert für das direkte Personal den Abschluss des Tarifvertrags des öffentlichen Dienstes mit einem Entgeltplus von 1,4 Prozent zum 1. April 2021, mindestens aber 50 Euro mehr, sowie eine Corona-Beilhilfe von 600 Euro im Jahr 2021. Zum 1. April 2022 muss dann eine weitere lineare Erhöhung von 1,8 Prozent für die Mitglieder erfolgen. Unabdingbar sei die Fortsetzung der betrieblichen Altersversorgung und damit der Erhalt der Kleinstrenten für alle Eisenbahner, denn im öffentlichen Dienst werde die Zusatzversorgung auch niemandem weggenommen. Die Termine und Orte für die Ansprechpartner während des Arbeitskampfes würden noch bekannt gegeben. (pm)