Ein Pilotprojekt

Hessisches Tierwohl-Projekt gestartet: „Glückliche“ Eier vom Hofgut Marjoß

Mitarbeiter Pascal Ziegler am mobilen Hühnerstall auf Hofgut Marjoß - Fotos: Hofgut Marjoß/ Andreas Nadler


Freitag, 20.08.2021

STEINAU A. D. STRASSE - Eier von glücklichen Hühnern mit gesunden Hähnen: Das Hofgut Marjoß im Main-Kinzig-Kreis geht bei der Hühnerhaltung neue Wege. „Wir setzen bei Legehennen und Hähnchenmast auf Zweinutzungshühner“, erklärt Dietrich Hunsmann, Leiter des Hofguts. Als Pilotprojekt scharren seit Ende Juli 220 Hühner der Rasse Coffee und Cream auf dem Gelände des Bioland-Betriebs.

„Bei unserer Betriebsstruktur ging es noch nie um die Masse. Das Tierwohl spielt eine wichtige Rolle“, so Hunsmann. „Indem wir in das System der Zweinutzung einsteigen, setzen wir ein deutliches Zeichen gegen das ethisch inakzeptable Töten von männlichen Küken.“ Da die Haltung der Hennen und die Mast der Hähne noch aufwendiger ist als in der herkömmlichen Bioeier-Produktion, sind die Eier der Zweinutzungshühner teurer. „Ich bin aber sicher: Die Kunden werden überzeugt sein.“ Die Eier aus der Zweinutzung des Hofguts Marjoß gibt es vorerst nur in den Unverpackt-Läden „Mittendrin“ in Hanau und im „Marktplatz im MKK-Forum“ in Gelnhausen. Wie das Hofgut, sind die Läden Betriebe des BWMK (Behinderten-Werk Main-Kinzig e. V) und damit Arbeitsstätten für Menschen mit Behinderung.

Dietrich Hunsmann, Leiter des Hofgut Marjoß, zeigt die ersten neuen Eier

Dietrich Hunsmann, Leiter des Hofgut Marjoß, zeigt die ersten neuen Eier

Bei der Zweinutzung wiegen die Hennen mehr, legen weniger Eier, setzen aber auch Fleisch an und sind als Suppenhühner deutlich schwerer. Zudem wird ein neuer Weg zur sinnvollen Verwendung von männlichen Küken eingeschlagen, es müssen keine Küken mehr sterben. Die Brüderhähne können mehr Fleisch anzusetzen. Hühner dieser Rassen sind robuster als die sogenannten Hybridhühner, die rein auf Legeleistung gezüchtet sind. Sie brauchen nicht so hochwertiges Futter, sodass – für Bio-Landwirtinnen und Landwirte selbstverständlich – auf Import-Futtermittel verzichtet werden kann.

Zweinutzungshühner legen nicht nur weniger Eier, sondern haben auch einen höheren Futterverbrauch und sind teurer in der Anschaffung. Konsequenterweise kosten die Eier dieser Hühner mehr. Legt ein Hybridhuhn rund 280 Eier pro Jahr, liegen bei Zweinutzungshühnern nur rund 200 bis 220 Eier pro Jahr im Nest. Am Ende ihrer Legezeit wird die Henne als Suppenhuhn vermarktet. „Sehr viele unserer Kundinnen und Kunden fragen schon lange nach Eiern von Hühnern, bei deren Aufzucht weniger männlichen Küken getötet werden“, berichtet Dieter Hunsmann. „Ich bin überzeugt davon, dass sie jetzt im Regal nach den etwas teureren Eier greifen werden, denn sie unterstützen damit explizit das Tierwohl.“ Ein Bio-Ei von einem Zweinutzungshuhn des Hofguts Marjoß kostet circa 65 Cent, etwa 20 Cent mehr als ein herkömmlichen Bio-Ei des Betriebs. „Denn“, so Hunsmann, „das Ei muss den Bruderhahn mitfinanzieren.“

Wie die anderen Hühner auf dem Hofgut leben auch die neuen Coffee- und Cream-Hühner in einem mobilen Stall, der alle zwei Wochen an einen anderen Weideplatz geschoben wird. Dadurch können die Hühner regelmäßig auf neuem, unverbrauchtem Boden scharren, eben auf der grünen Wiese. „Ihre Brüder, die Hähne, ziehen wir 17 Wochen lang mit auf, bis sie geschlachtet werden – konventionelle Masthähnchen werden schon nach 35 Tagen geschlachtet“, erzählt Dietrich Hunsmann. „Das Fleisch der Bruderhähne ist dadurch natürlich auch teurer, aber ich bin überzeugt, dass unsere Kundinnen und Kunden unserer Philosophie mit ihren Einkäufen folgen.“

Die von Hunsmann angeschafften Rassen Coffee und Cream sind Rückzüchtungen aus alten Rassen. Bei den Cream-Tieren sind Henne und Hahn weiß, bei Coffee sind die Tiere braun, weiß und teilweise auch schwarz gemustert. Bei der Zweinutzung geht es darum, dass Fleisch und Eier genutzt werden können. „Da wir erst am Anfang dieser Art der Hühnerhaltung stehen, sind wir im Frühsommer mit der Hälfte der vorgegebenen Bruderhähne, also mit 110 gestartet“, berichtet Hunsmann. „Für die andere Hälfte, die der Züchter großzieht, zahlen wir eine Gebühr.“ Außer dem Stall mit den Zweinutzungshühnern gibt es auf dem Hofgut fünf weitere mobile Hühnerställe, in denen nach Bioland-Richtlinien Hühner einer Legelinie leben. „Wenn sich die Zweinutzung bewährt, werden wir nach und nach komplett darauf umsteigen“, sagt Hunsmann. (pm)

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