XXL-Gemüse von Helmut Mahr - Zucchini wiegt 53,5 Kilogramm

Samstag, 04.09.2021
von WALTER DÖRR
SINNTAL - Es grünt so grün im Garten von Helmut Mahr in Sinntal-Weichersbach. Salat und Co. ziehen natürlich fast alle Hobbygärtner, aber bei Helmut Mahr ist alles einige Nummern größer, denn er züchtet XXL-Gemüse. Seit fünf Jahren versucht er immer mehr zu ernten – nicht zum Verzehren, sondern um bei Wettbewerben, wie den Thüringer Riesengemüse-Wiegemeisterschaften an diesem Wochenende, zu siegen. Berechtigterweise, denn der Sinntaler ist äußerst erfolgreich.
"Mit meinen Urkunden könnte ich ein ganzes Zimmer tapezieren", sagt der ehemalige Forstwirt. So ist Helmut Mahr seit drei Jahren Deutscher Meister in der Kategorie Zucchini. 53,5 Kilogramm schwer war seine Siegerzucchini. Zucchinis gehören zur großen Familie der Kürbisgewächse und kommen ursprünglich aus Mexiko, Westindien und Südamerika. Der Boden im Tal der Schmalen Sinn, wo der Hausgarten von Helmut Mahr liegt, scheint sich aber auch bestens für den Anbau zu eignen. Mahr ist ein Outdoor-Champion, das heißt, er erntet so, wie es die Natur möchte – unter Einfluss des Wetters, ob zu warm, zu kühl, zu trocken oder zu nass. Da muss Mahr wohl einen besonderen grünen Daumen haben, dass er so erfolgreich ist.
Durch den internationalen Wettbewerb gibt es Konkurrenten, die ihr Gemüse in hochprofessionellen Gewächshäusern mit computergesteuerter Bewässerung und Fußbodenheizung anbauen. Aber nicht so perfekt wie Helmut Mahr, der voll auf Bio setzt. Die vorgezogenen Pflanzen werden bei ihm nur in Pflanzlöcher gesetzt und mit Rinder-, Hühner- oder Pferdemist gedüngt. „Nur“, das stimmt nicht ganz, denn Zucchinis haben viel Durst. Je nach Witterung brauchen sie gut 200 Liter Wasser pro Tag – Riesenkürbisse auch schon bis zu 1.000 Liter. Dank einer Mühlbach-Ableitung, die durch sein Grundstück fließt, ist das Gießen relativ gut möglich. Drei Stunden pro Tag ist Mahr im Gemüsegarten aktiv: „Ohne Pflege geht nix.“ „Liebevoll betreut“ Mahr seine Flaschenkürbisse, die einjährigen Kletterpflanzen, die zu den ältesten Kulturpflanzen der Welt zählten. 2,74 Meter lang ist zurzeit die längste Frucht. Weil sich eine so lange „grüne Stange“ nicht selbst halten kann, schient sie Mahr mit einem Brett und bindet sie darauf mit dehnbaren Strumpfhosen seiner Frau fest.
Die beste Tomate wiegt 1.618 Gramm
Nicht so optimales Tomatenwetter war es dieses Jahr. Mahrs beste Tomate bringt 1.618 Gramm auf die Waage und damit belegt der Weichersbacher Platz 13 der Weltrangliste. Weltweit die schwerste hatte Mahr schon mal mit 2.209 Gramm. XXL-Karotten lassen nur vermuten, dass da in der Erde noch viel ist. Erst beim Ausgraben erfährt der Züchter, wie erfolgreich seine Mühen waren. Bei Weißkohl oder Kohlrabi sind die spektakulären Ausmaße deutlich sichtbar. Neben Gemüse überragen die Sonnenblumen alles. Die höchste misst rund 4,70 Meter. Bei Wettbewerben zählt aber der Durchmesser der Blüte. Beim deutschen Rekord waren das 65 Zentimeter. Im vergangenen Jahr hatte Mahr 59,2 Zentimeter geschafft. "Dieses Jahr sind schon zwei Riesenapparate verfault", bedauert Mahr.
"Ich hoffe, dass der auserwählte Kopf für das Wettkampf-Wochenende noch durchhält." Zum XXL-Gemüse ist Helmut Mahr durch das Internet gekommen. Er sah auf einer Gemüseseite ein Angebot „10 Euro für zwei Kürbis-Kerne“. Der mögliche Ertrag von 350 Kilogramm pro Frucht machte ihn neugierig und weil er Platz in seinem Garten hat, ließ er sich zwei Kerne schicken. 515,5 Kilogramm schwer war dann aber einer der Megakürbisse. Und dann packte ihn das Züchterfieber und er wurde süchtig. Mahr wollte mehr und weitete in den folgenden Jahren auch die Gemüsearten aus. Bei den Wiegemeisterschaften werden Erfahrung mit den Kollegen und auch Kerne ausgetauscht. Organisiert sind die Anhänger von Riesengemüse im Europäischen Dachverband „EGVGA“ oder im Weltverband, der sich „Grazy Growers“ nennt. „Es macht unheimlich Spaß,“ sagt Helmut Mahr, und es spornt ihn an, denn er will einmal Weltmeister werden.
Zuversichtlich ist Mahr, dass es einmal klappt. Bei einem Weltrekord würde auch das Preisgeld reizen, das bei 10.000 Euro liegen kann, beim Deutschen Rekord gibt es nur 1.000 Euro, bei den Wiegemeisterschaften winken 300 Euro dem Sieger. Der XXL-Gemüseanbau verursacht bei den Hobby-Gärtnern, wie Mahr es ist, erst einmal nur Kosten. Die international erfolgreichen Züchter, die schon mal im Jahr 3.000 Euro allein für Dünger ausgeben, haben Sponsorenverträge. Eine Unterstützung erhofft sich auch Mahr. Mit einem ortsansässigen Unternehmen liebäugelt er, denn das habe „die beste Erde ever“. Wenn das kein Argument für eine Werbung ist: Riesengemüse durch richtige Erde. Neben dem Gemüseanbau ist Helmut Mahr als Holzschnitzer sehr kreativ. In seiner umfunktionierten Gartenlaube produziert er schon eifrig für den Kunsthandwerkermarkt in Niederaula.