Märchenhaftes Schloss in der Märchenstadt der Brüder Grimm

Sonntag, 19.09.2021
von WALTER DÖRR
STEINAU - Die Staatliche Schlösser und Gärten Hessen mit Sitz in Bad Homburg vor der Höhe betreuen seit 1959 das Schloss Steinau, eines der bedeutendsten Renaissanceschlösser in Hessen. Es wurde im späten 13. Jahrhundert als Burg gebaut und erfuhr in den verschiedenen Epochen immer wieder Erweiterungen. Heute ist die stattliche Anlage eine besondere Sehenswürdigkeit in Steinau an der Straße, der einstigen Frankfurt-Leipziger Handelstraße.
Die Festung Schloss Steinau begann Graf Philipp II von Hanau-Münzenberg 1525 umzubauen und zu modernisieren. Da Philipp II. nach nur einer kurzen Regierungszeit starb, wurden die Hauptarbeiten von dessen Sohn Philipp III. weitergeführt. Als Dreijähriger musste er die Regierungsgeschäfte in der Grafschaft übernehmen. Er hatte deshalb zwei Vormünder, den Grafen von Nassau und den Grafen Reinhard von Solms. Von 1542 bis 1558 entstand ein bastionsartiges unregelmäßiges Fünfeck mit vier Trakten, vier vorgelagerten Eckbauten („Pavillons“) und zwei Torhäusern im Norden und Süden. Der fünfte Trakt im Südosten wurde beim Einfall der Kroaten 1634 zerstört. Grundmauerreste sind noch erkennbar.
Umgeben ist das Schloss von einem vier bis fünf Meter tiefen und 18 bis 25 Meter breiten Burggraben. In dem „Hirschgraben“ kann man heute genüsslich spazieren gehen und für die jüngsten Besucher gibt es einen Kinderspielplatz vor imposanter Kulisse. Geschützscharten und die mit Zugbrücken und Fallgattern gesicherten Tore machten das Schloss zu einem wehrhaften Bau. Weithin sichtbar ist der 41 Meter hohe Schlossturm. Das Innere des Schlosses ließen die Grafen von Hanau-Münzenberg prachtvoll ausstatten. Wandmalereien mit Renaissance-Ornamenten und Porträtmedaillons zieren die Säle und Appartements im Obergeschoss. Schloss Steinau war ursprünglich eine Nebenresidenz der Grafen von Hanau-Münzenberg, wurde aber größtenteils als hanauischer Witwensitz genutzt.
Als 1736 die Grafschaft Hanau an die Landgrafschaft Hessen-Kassel fiel, verlor das Schloss seine Bedeutung und blieb in der Folgezeit auch von Umbauten verschont - aus kunsthistorischer Sicht gibt es heute bedeutende Erkenntnisse. Ab 1821 wurde das Schloss von verschiedenen staatlichen Einrichtungen genutzt. Die Staatlichen Schlösser und Gärten haben in Zusammenarbeit mit der Brüder-Grimm-Gesellschaft e.V. in Kassel im nördlichen Torbau des Schlosses eine Gedenkstätte eingerichtet, die an die Familie des Amtmannes Philipp Wilhelm Grimm und den berühmten Brüdern Jacob und Wilhelm Grimm eingerichtet. In Steinau lebten die Brüder seit 1791 und schrieben bekanntlich ihre Erinnerungen auf. Bedeutende Original-Exponate aus dem Nachlass der Familie Grimm werden in der Grimm-Gedenkstätte ausgestellt, darunter einzigartige Familienportraits, Graphiken von Emil Ludwig Grimm (er gehörte zu den Porträtisten seiner Epoche), Gebrauchsgegenstände, wie eine Familienbibel, eine Schnupftabakdose oder ein Tintenfass von Jacob Grimm. Die berühmten Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm wurden 2005 in das Weltdokumentenerbe der UNESCO aufgenommen.