Hilfe im Ahrtal statt Weihnachtsmarkt auf Burg Schwarzenfels
Mittwoch, 01.12.2021
SINNTAL - Mitglieder des Vereins AktivGEmeinschaft Schwarzenfels e.V. (AGE) und viele weitere freiwillige Helferinnen und Helfer aus Züntersbach, Mottgers, Weichersbach, Oberzell, Sterbfritz, Gundhelm, Schlüchtern, Breitenbach und sogar aus Friedberg haben am Wochenende des 1. Advent im Flutkatastrophengebiet im Ahrtal fleißig mit angepackt.
Normalerweise findet an diesem Wochenende der beliebte „Historische Erlebnisweihnachtsmarkt“ auf Burg Schwarzenfels statt, der auch in diesem Jahr zum zweiten Mal in Folge aufgrund der Corona-Pandemie ausfallen musste. Zu hoch waren die Auflagen für die Planungen und Ausführen des komplett ehrenamtlich organisierten Marktes. Die Idee hierzu hatte der AGE-Vorsitzende Thomas Fuß, als abzusehen war, dass der Weihnachtsmarkt vermutlich erneut nicht stattfinden konnte. Ein Anruf bei Thomas Pfeiffer, Inhaber und Geschäftsführer des Busunternehmens Kimmel als langjähriger Shuttlebus-Partner des Weihnachtsmarktes genügte. Nachdem Pfeiffer von der Idee erfuhr, hat er sofort seine Unterstützung angeboten und den Bus samt Fahrerin und Treibstoff komplett kostenfrei zur Verfügung gestellt.
Auch wenn es kurz vor der Abreise am vergangenen Samstag noch krankheitsbedingt die ein oder andere Absage gab, brachen dennoch insgesamt 44 Helferinnen und Helfer morgens bereits um 4:15 Uhr auf in Richtung Ahrtal. Dazu mussten alle Teilnehmer – also auch Geimpfte und Genesene – einen Schnelltest vorweisen. Die Stimmung im Bus war großartig. Für die notwendige Verpflegung sorgten die Metzgerei Hans Martin aus Schwarzenfels sowie die Bäckerei Müller (Inh. Ralf Schneider) aus Mottgers. Sie hatten jedem Teilnehmer ein einzeln verpacktes Wurst- und Brotpacket zur Verpflegung gespendet. Der Landgasthof Wittenzellner sorgte mit einem gemischten Obstkorb für die nötigen Vitamine und die Getränke wurden vom Sportverein TSV-Rhönadler Schwarzenfelser e.V. gespendet.
Zusätzlich wurden die Helferinnen und Helfer durch die Firma Jökel-Bau mit Baugerätschaften wie Stemmhämmern, Motortrennschleifern und Stromerzeugern ausgestattet. Für den nötigen Arbeitsschutz sorgte die Firma Engelbert Strauß, die jedem Teilnehmer einen Satz Arbeitshandschuhe und einen Arbeitsoverall kostenfrei zur Verfügung stellte.
Am Camp des Helfer-Shuttle in Grafschaft-Ringen angekommen, wurden die Helferinnen und Helfer in verschiedene Gruppen eingeteilt und erhielten sofort Ihre Arbeitsaufträge. Vor Ort war alles bestens organisiert und lief reibungslos. So wurden Wände verputzt, Fliesen und Laminat verlegt, Möbel in Wohncontainern aufgebaut, Wände gemauert und Isolierwolle eingebaut. Ein größere Gruppe wurde durch eine Soldatin der Bundeswehr in ein besonders betroffenes Gebiet beordert.
Dort angekommen, wurde in einem stark geschädigten Hotel und in einem Tanzlokal der mit Schlamm und Öl kontaminierte Putz von den Wänden und der Estrich vom Boden gestemmt. Die Bauschuttmassen wurden dabei gleich nach draußen auf große Schutthaufen für den späteren Abtransport aufgeschüttet. Eine sehr schweißtreibende Arbeit in einer kleinen Straße direkt an der Ahr, in der bei der Hochwasserkatastrophe gleich 11 Häuser mit weggerissen wurden!
Ein ebenfalls betroffener Nachbar hat die beiden Stemm-Gruppen des Hotels und des Tanzlokals zur Stärkung bei einem gemeinsamen warmen Mittagessen mit heißen und kalten Getränken eingeladen. Frisch gestärkt wurden anschließend die Arbeiten wieder aufgenommen, bis die Shuttlebusse des Helfer-Shuttle alle Helferinnen und Helfer auf den unterschiedlichen Baustellen einsammelte.
Gegen 17:00 Uhr nach Rückkehr am Camp des Helfer-Shuttle im Industriegebiet in Grafschaft-Ringen konnten sich alle Teilnehmer bei einer warmen Mahlzeit und warmen oder kalten Getränken vor der Heimreise noch einmal stärken. Gegen 18:30 Uhr startete der Bus mit geschafften, aber glücklichen Helferinnen und Helfer in Richtung Sinntal zurück. Was bei den Teilnehmern eingebrannt und alle zu tiefst berührt hat, war die unendliche Dankbarkeit der Menschen im gesamten Gebiet, ein einzelner Trompeter, der zum Feierabend als Dankeschön einige sehr berührende Lieder durch das gesamte Tal erklingen ließ, die unzähligen Bettlaken an Häusern und Zäunen mit dem einfachen Wort „Danke!“, die von Betroffenen zum Teil geschilderten Erlebnisse und persönlichen Schicksale, das Bild der Verwüstung, das aus den Fernsehbildern nicht einmal ansatzweise das Ausmaß der Katastrohe widerspiegelt.
So ist es nicht verwunderlich, dass die Stimmung auf der Heimfahrt zwar sehr gut war, dennoch aber die Bilder und Schicksale für ein erkennbar andächtiges Verhalten sorgten. Schnell waren sich alle Helferinnen und Helfer im Bus einig: „Wir werden wieder kommen und mit unserer Arbeitskraft und Solidarität den Menschen im Ahrtal zur Seite stehen!“ So, wie es auf einigen Shirts der Menschen im Ahrtal zu lesen war: „You´ll nevAHR walk alone!“ (pm)