Kommunale Krankenhäuser sind in schwieriger finanzieller Situation
Freitag, 10.12.2021
MAIN-KINZIG-KREIS - „Die wieder zugespitzte Lage in der Corona-Pandemie setzt unsere Krankenhäuser vor nie da gewesene Herausforderungen: die Infektionszahlen steigen stetig, das Personal ist seit mehreren Monaten dauerbelastet – die Zahl der Pflegenden sinkt entsprechend – und Finanzierung und Bürokratie laufen weiter, als läge die Pandemie hinter uns.“ Mit diesen Worten richten sich Landrat Thorsten Stolz und Hanauers Oberbürgermeister Claus Kaminsky mit einem dringenden Appell an die neue Bundesregierung.
Denn schon heute benötigen deutschlandweit mehr als 4.800 COVID-Patienten eine intensivmedizinische Versorgung. Es ist davon auszugehen, dass die Zahlen in den kommenden Wochen weiter steigen. Die Main-Kinzig-Kliniken in Gelnhausen und Schlüchtern sowie das Klinikum in Hanau und das Vinzenz Krankenhaus in Hanau sind inzwischen wieder gezwungen, Strukturen anzupassen und planbare Eingriffe zurückzustellen, da das Personal auf den COVID-Stationen gebraucht wird. Dies wird sich selbstverständlich in den Patientenzahlen insgesamt niederschlagen. Dabei erwarteten die Krankenhäuser in Deutschland für 2021 Fallzahlenrückgänge von über zehn Prozent gegenüber 2019.
"Inmitten eines toxischen Gemischs"
Dies hat erhebliche Auswirkungen auf die wirtschaftliche Situation.
„Aktuell befinden wir uns inmitten eines toxischen Gemischs“, erläutert
Landrat Stolz und ergänzt: „Auf der einen Seite steht die Versorgung von
mehr und mehr COVID-Patienten und auf der anderen Seite sind die
politischen Rahmenbedingungen für Kliniken so verheerend, dass die
kommunalen Häuser in Gelnhausen, Hanau und Schlüchtern auf ein
Millionendefizit zusteuern.“ Da sei es laut des Landrates nur mehr als
nachvollziehbar, „dass sich die Mitarbeiter unserer Kliniken von der
Politik allein gelassen fühlen“.
Gemeinsam mit Oberbürgermeister
Kaminsky fordert er: „Die Krankenhausmitarbeiter leisten seit Monaten
Außerordentliches. Da wäre es mehr als angemessen, wenn sich die
politisch Verantwortlichen in Berlin zügig auf drei Punkte einigen
könnten.“
Erstens sei es dringend erforderlich, die Kliniken in
der momentanen Lage von Bürokratie und Rückforderungen der Krankenkassen
zu entlasten, um den Mitarbeitern die Konzentration auf die Versorgung
der Patienten zu ermöglichen. „Wir setzen dieses Thema bewusst an erste
Stelle, da es uns inzwischen fast unbegreiflich ist, wie wir noch immer
von unseren Krankenhäusern – sogar in der aktuellen Situation dieser
Pandemie – ein vollkommen unzumutbares Maß an Bürokratie abverlangen
können“, konstatiert Kaminsky, der zugleich Aufsichtsratsvorsitzender
des Hanauer Klinikums ist. Schon die Wiedereinführung einer Prüfquote
des Medizinischen Dienstes von dauerhaft fünf Prozent entsprechend der
Regelung aus 2020 sei ein einfaches Mittel mit deutlich entlastender
Wirkung, betont auch Stolz als Aufsichtsratsvorsitzender der
Main-Kinzig-Kliniken.
"Hohe Belastung für die Mitarbeiter"
Ein weiterer Punkt bezieht sich auf den Rettungsschirm, der im Sommer 2021 zugeklappt wurde, obwohl die Krankenhäuser immer noch vor großen wirtschaftlichen Problemen stehen. „Die Versorgung von COVID-Patienten ist teuer und birgt eine hohe Belastung für die Mitarbeiter, was sich im aktuellen Finanzierungsmodell keinesfalls auch nur annäherungsweise adäquat abbildet“, sind sich Stolz und Kaminsky einig. Der Rettungsschirm hätte in 2020 und Anfang 2021 dank der Ausgleichszahlungen für die Kliniken funktioniert. Die Krankenhäuser – zumindest in unserer Region – kamen zurecht, konnten die Liquidität sichern und rein wirtschaftlich betrachtet ein ausgeglichenes Jahresergebnis erzielen.
„Doch die für das Jahr 2021 vorgesehenen
Absenkungen sind absolut inakzeptabel. Allein die hiesigen Häuser müssen
auf Basis der aktuellen Lage Verluste im höheren siebenstelligen
Bereich erwarten. Das kann kein Krankenhaus und auch keine Kommune
längerfristig abfedern“, macht der Landrat deutlich. Daher seien
Ausgleichszahlungen analog zu 2020 zwingend erforderlich. Kliniken mit
relevanten Leistungsrückgängen gegenüber 2019 sollten diese zur
Liquiditätssicherung in Anspruch nehmen können.
Außerdem sei es
laut des Hanauer Oberbürgermeisters absehbar, dass die Inzidenzen und
Hospitalisierungsraten bis weit in 2022 auf einem hohen Niveau bleiben
würden, weshalb die Krankenhäuser gezwungen seien, weiterhin deutliche
Leistungs- und Erlösverluste zu verzeichnen. Daher fordern die zwei
führenden Politiker des Main-Kinzig-Kreises: „Zur Leistungsfähigkeit und
somit zum Erhalt unserer Kliniken ist es absolut unumgänglich, dass es
auch für das Jahr 2022 eine Absicherung der Budgets geben muss.“ Hierfür
biete sich der Ganzjahreserlösausgleich an, der auch für die Jahre 2020
und 2021 Anwendung fand. Dies hat – in Verbindung mit entsprechenden
Ausgleichszahlungen – gut funktioniert und wird auch für das vor uns
liegende Jahr benötigt.
Letztlich schließen Landrat Stolz und Oberbürgermeister Kaminsky mit dem Appell nach Berlin: „Wir brauchen unsere Krankenhäuser und deren Personal – heute mehr denn je! Bitte unterstützen sie uns, damit Pflegende und Ärzte nicht mehr das Gefühl haben müssen, sie würden dafür bestraft, dass sie sich um unsere Bürgerinnen und Bürger kümmern.“ (pm)