Der Stadtpfarrer bei KN: Advent – Zeit des Wartens
Mittwoch, 22.12.2021
von STEFAN BUß
FULDA/MKK - Warten Sie gerne? „Was für eine Frage“, werden Sie denken, „natürlich nicht.“ Und dennoch gehört das Warten zu unserem Leben: Wir warten auf den Zug, auf unser Kind, auf einen Arzttermin, auf besseres Wetter, auf bessere Zeiten. Die Reihe lässt sich beliebig fortsetzen. Beim Warten wird die Zeit fühlbar. Und das Warten geht einher mit einer ungewollten Passivität, die wir oft als belastend erleben.
In Samuel Becketts Theaterstück „Warten auf Godot“ wird das Warten zum Lebensinhalt schlechthin. Zwei Clochards warten auf Godot - einen Menschen, den sie nicht kennen, der nicht kommt und niemals kommen wird. Für Beckett erwarten die Menschen von ihrem Leben etwas, von dem sie nicht wissen, was es ist und ob es sich lohnt, darauf zu warten. „Welchen Sinn hat das Leben?“ fragt Beckett.
Warten auf die Ankunft
Für ihn, so kann man interpretieren, scheint es ein einziges, bedeutungsloses Warten zu sein. Warten auf die Ankunft. Die Adventszeit, in der wir stehen, ist auch eine Zeit des Wartens. Mit jedem geöffneten Türchen am Adventskalender, jeder Kerze am Adventskranz kommen wir dem Ziel näher. In wenigen Tagen ist es soweit. Kinder warten auf die Geschenke des Heiligen Abends, viele Menschen warten auf harmonische Feiertage mit der Familie, wenigstens aber auf etwas Besinnlichkeit und Ruhe. Viele warten in diesen Wochen auf eine Verbesserung der Pandemielage.
Advent ist aber noch mehr. Das lateinische Wort „Advent“ bedeutet Ankunft, aber auch Warten auf eine Ankunft. Gemeint ist die Ankunft des Sohnes Gottes auf dieser Erde. Wir werden in diesen vier Wochen vor Weihnachten erinnert an das Warten auf die Geburt Jesu, den erhofften Messias. Aber es ist nicht nur das geschichtliche Ereignis der Geburt des Gottessohnes, dass wir Christen Jahr für Jahr feiern.
Brücke bis zum Ende der Zeit
Der Advent ist zugleich Ausdruck der Erwartung, dass Jesus Christus wiederkommt, so wie er es in seinen Reden und Gleichnissen angedeutet hat und wie es auch an anderen Stellen der Bibel angekündigt ist. Das Wort „Advent“ baut somit eine Brücke bis zum Ende der Zeit. Advent – ist eigentlich das ganze Jahr. Die Menschen und Christen unserer Tage müssen sich indessen fragen lassen, ob sie nicht viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt sind, als dass sie den Anbruch des Reiches Gottes im Fokus haben.
Die Adventszeit ist eine gute Möglichkeit, sich neu einzustellen auf die Erwartung des Kommens Gottes in unsere Welt; ja, zu begreifen, dass Advent nicht nur vier Wochen vor Weihnachten ist, sondern das ganze Jahr über, 365 Tage lang. Es sind nur noch wenige Tage bis Weihnachten, aber es ist nie zu spät Gott im eigenen Leben und Alltag zu erwarten.