Kreis und Breitband GmbH verlegen kostenlos Glasfaser in jedes Haus
Montag, 31.01.2022
MAIN-KINZIG-KREIS - Der Main-Kinzig-Kreis hat am vergangenen Donnerstag als erster Landkreis in Hessen die Förderung für den flächendeckenden Glasfaserausbau erhalten. Das rund 200 Millionen Euro umfassende Projekt wird vom Bund mit bis zu 100 Millionen Euro und vom Land Hessen mit bis zu 80 Millionen Euro gefördert.
Winfried Ottmann spricht vom „größten Infrastrukturprojekt in der Geschichte des Main-Kinzig-Kreises“ und „großer Vorfreude“. Der Main-Kinzig-Kreis und Tochterfirma Breitband Main-Kinzig GmbH werden in den kommenden Monaten damit starten, kreisweit kostenlos Glasfaser bis in die Privathäuser zu legen. Gemeinsam mit Breitband-GmbH-Geschäftsführerin Simone Roth äußert sich der Beigeordnete und Wirtschaftsdezernent des Kreises zum Projekt und spart dabei nicht mit Superlativen. Und Simone Roth, seit Juli 2021 Chefin der Breitband GmbH, berichtet über Zeitrahmen, Modalitäten und was man mit dem schnellen Internet alles bewerkstelligen kann.
Was genau ist die Glasfaser-Kampagne von Main-Kinzig-Kreis und Breitband Main-Kinzig GmbH?
Winfried Ottmann: Die kostenlose Verlegung von Glasfaser in jedes Privathaus ist das größte Infrastrukturprojekt, das der Main-Kinzig-Kreis jemals in seiner Geschichte in Angriff genommen hat. Wir werden 4500 Kilometer Glasfaserkabel verlegen und die Bürgerinnen und Bürger im gesamten Kreis mit schnellem Internet versorgen. Wir reden hier von einem Anschluss mit einer Übertragungsgeschwindigkeit von einem Gigabit. Gemeinsam mit unserer Tochterfirma, der Breitband Main-Kinzig GmbH, realisieren wir ein Projekt, das nicht nur einen positiven Einfluss auf das Hier und Jetzt nimmt, sondern die Zukunft unseres Kreises sichert und den technischen Vorsprung weiter vergrößert. Denn solch ein Projekt für die Bürgerinnen und Bürger in Trägerschaft eines Kreises sucht in Deutschland seinesgleichen. Mit dem Förderprogramm des Bundes und des Landes zur Digitalisierung haben wir als Kreis nun die Chance, selbst das Heft in die Hand zu nehmen.
Simone Roth: Es gibt so viele Beispiele, die uns zeigen, wie wichtig diese Glasfaser-Kampagne ist. Ich denke da an Telemedizin oder an vereinfachte Online-Verwaltungsprozesse. Kinder und Jugendliche werden zufrieden sein, weil sie zum Beispiel Netflix schauen und generell streamen können, ohne befürchten zu müssen, dass es mitten im Film zu Störungen kommt. Aber auch ältere Leute freuen sich, wenn sie beispielsweise mit ihren Enkeln, die sich im Ausland befinden, ohne Probleme skypen können. Und natürlich hat uns die Pandemie nochmal deutlich gezeigt, dass wir auf schnelles und sicheres Internet angewiesen sind. Ich denke da an Homeoffice und Homeschooling. Diese Themen werden auch in Zukunft wichtig und relevant sein.
Die Verlegung von Glasfaser in jedes Haus ist sicher nicht ganz billig. Warum nimmt der Kreis so viel Geld in die Hand?
Ottmann: Weil uns die Bürgerinnen und Bürger sowie die Unternehmen des Kreises wichtig sind. Wir investieren, um ihnen einen kostenfreien Glasfaser-Anschluss zu schenken. Unser Ziel ist es, mit diesem Projekt die Lebensqualität und die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen im Main-Kinzig-Kreis zu steigern.
Roth: Ich möchte noch einmal deutlich machen, was mit dem Ausbau alles möglich wird. Denkbar sind zum Beispiel Busse, die mithilfe des Anschlusses autonom fahren können. Oder Veranstaltungen im gesamten Kreisgebiet, die von allen Bürgerinnen und Bürgern gestreamt werden können. Wir wollen die Digitalisierung vorantreiben. Und das kostet Geld.
Was ist bislang passiert?
Roth: Seit 2012 bauen wir im Kreis aus. Wir haben zunächst Anschlüsse mit Bandbreiten bis zu 50Mbit/s gelegt. Dann haben wir seit 2015 entlegene Höfe sowie alle Schulen an das High-Speed-Netz angeschlossen. Damit sind wir Spitzenreiter in Deutschland. Wenn wir alle Projekte betrachten, haben wir insgesamt 800 Kilometer Kabel unter die Erde gebracht. Das ist doch eine ganze Menge. Alle Schulen und 15 Rathäuser im Main-Kinzig-Kreis sind, Stand jetzt, mit Glasfaser bis ins Gebäude angebunden. Auch die Gewerbegebiete von Sinntal bis Linsengericht sind fast alle angeschlossen. Aktuell sind wir in Gründau, Gelnhausen, Freigericht und Hasselroth tätig und gehen dann sukzessive weiter. Das Projekt wollen wir in der zweiten Jahreshälfte komplett fertig gestellt haben.
Ottmann: Politik und Verwaltung ziehen am selben Strang. Das ist klasse, aber auch erforderlich bei solch einem Projekt. Wir haben mittlerweile schon viel bewegen können. Aktuell setzen wir den Digitalpakt um. Das heißt, dass wir die Schulen mit WLAN, digitalen Tafeln und Endgeräten für Lehrerinnen und Lehrer ausrüsten. Kein anderer Anbieter geht bis in die entlegensten Stellen und schließt die Gebäude ans Netz an. Und kein anderer Kreis hat alle Schulen ans Glasfasernetz angeschlossen. Wir haben also schon eine ganze Menge erreicht und sind einer der Vorreiter in Deutschland auf diesem Gebiet. Wichtig ist für uns auch, dass die Menschen, die außerhalb der Ortschaften wohnen, wissen, dass sie Bestandteil des Main-Kinzig-Kreises sind und nicht aufgrund ihres Wohnortes auf schnelles Internet verzichten müssen.
Wie geht es jetzt weiter? Was müssen die Leute tun?
Roth: Ab Februar kann man auf unserer Homepage überprüfen, welche Gebäude für den Ausbau geeignet sind. Wenn ja, dann kann man direkt online eine Grundstückseigentümererklärung, kurz GEE, abgeben. Damit erteilt man uns die Erlaubnis, mit den Maßnahmen zu beginnen. Natürlich sprechen wir die Bürgerinnen und Bürger rechtzeitig vor Baubeginn auch persönlich an. Wir sind sehr schnell, aber auch das Einsammeln der Erklärungen sowie der gesamte Ausbau benötigen entsprechend Zeit. Wir sprechen schließlich von bis zu 50.000 Gebäuden sowie etwa 80.000 Wohnungen. Wir sind auch dort tätig, wo kein anderer Anbieter ausbaut.
Wie genau grenzt sich die Breitband Main-Kinzig von anderen Netzanbietern ab?
Ottmann: Wir machen alles, was andere nicht tun wollen. Jedes Gebäude wird kostenlos angeschlossen, auch wenn die Gebäudeeigentümer erstmal noch gar kein schnelles Internet haben und einen Vertrag mit einem Anbieter abschließen wollen. Dies ist die Daseinsvorsorge, die der Kreis über seine Breitbandgesellschaft den Bürgerinnen und Bürgern geben möchte. Und wir er-fahren die breite Unterstützung aus der Politik: Vom Aufsichtsrat bis hin zu allen Kreistagsmitgliedern.
Roth: Wir nehmen uns Zeit für den Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern, sind immer erreichbar und mit unseren Leuten vor Ort ansprechbar und nicht anonym. Und wir bauen qualitativ hochwertig aus, so dass nicht ständig Reparaturmaßnahmen notwendig sind.
Wo und wann geht es los?
Roth: Wir wollen noch in diesem Jahr starten. Und wir werden an mehreren Orten des Kreises gleichzeitig beginnen. Im Westen, im Osten und in der Mitte des Kreises.
Bis wann soll die Glasfaser-Kampagne beendet sein? Und was wollen Sie dann erreicht haben?
Roth: Ziel ist es, jährlich etwa 10.000 Gebäude zu erschließen, und wir gehen davon aus, dass wir in vier bis fünf Jahren das Projekt beendet haben. Das ist ein sportliches Ziel, aber ein realistischer Zeitraum. Man sollte berücksichtigen, dass unter anderem alle Gehwege in den betroffenen Gebieten geöffnet werden müssen.
Ottmann: Ich freue mich sehr auf dieses Projekt, weil es ein echter Meilenstein in der Entwicklung der Infrastruktur bei uns im Kreis ist. Wir investieren viel Zeit und Geld, aber es lohnt sich. Davon bin ich überzeugt. Ich rufe die Bürgerinnen und Bürger dazu auf: Seien Sie dabei und nutzen Sie die einmalige Chance, einen kostenlosen Glasfaseranschluss zu erhalten. (pm)