Der gläubige Christ, der acht Banken, Taxis & Tankstellen überfiel
Mittwoch, 23.03.2022
von TobiTheBayer & Justin Möser
HANAU - Prozess-Start gegen den 21-Jährigen Deutsch-Russen Herrmann W. wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung. Die Staatsanwaltschaft Hanau wirft dem „Krawatten-Räuber" aus dem Raum Fulda zahlreiche Überfälle vor.
Tatvorwürfe: Zwischen Anfang März und Ende Mai soll W. vergangenes Jahr u.a. in Gelnhausen und Bad Soden-Salmünster Bank-Filialen, zwei Taxifahrer und eine Tankstelle überfallen, dabei insgesamt 61.914,82 Euro Bargeld erbeutet haben. Zumeist habe W. dabei eine Schusswaffe zur Hilfe genommen. Bei einem Bank-Überfall im Raum Karlsruhe in Baden-Württemberg klickten dann die Handschellen. Eine Bank-Mitarbeiterin konnte ein Geldbündel mit GPS-Sender unter der Beute verstecken.
Warum „Krawatten-Räuber"?
Zeugen berichteten damals der Polizei W.s auffallendes Erscheinungsbild: „Er war dunkel gekleidet, aber auffallend blond, trug eine gelbe Kappe und einen sehr auffälligen goldfarbenen Ring mit grünem Stein.“
Angeklagter geständig
Gleich zu Prozessbeginn das volle Geständnis des Angeklagten: „Ich bereue meine Taten.“ W. habe aus „Geldnot, wegen meinem Drogen-Konsum und schlechtem Einfluss von Freunden" die Banken, Taxi-Fahrer und die Tankstelle überfallen. Vor Gericht wirkt er ruhig, fast schüchtern, beteuert: „Ich hatte nie vor abzudrücken. Ich wollte den Opfern nichts antun. Sie haben mir leid getan." Von dem Geld habe er teure Autos gemietet, Lebensmittel, Drogen und Zigaretten gekauft.
W. ist in Russland geboren, kam im Alter von vier Jahren nach Deutschland, wohnte unter anderem in Bad Soden-Salmünster und Fulda. Neben der Schule spielte er Fußball, betrieb Kampfsport und Paar-Tanz. Eine Ausbildung bei der Bahn brach er ab, weil er sich mit Vorgesetzten verworfen hatte. Mit dem Drogenkonsum habe W. nach der Trennung seiner Freundin angefangen.
Als W. in der Nähe von Karlsruhe im Mai 2021 festgenommen wurde, war ein Drittel des Geldes (etwa 20.000 Euro) bereits weg.
"Durch mich spricht der Heilige Geist"
Seitdem sitzt W. in der U-Haft. Dort helfe ihm sein Glaube. Er schrieb aus dem Gefängnis zahlreiche Briefe an seine Opfer, bittet darin um Vergebung. Als Entschädigung bietet er seinen Opfern „den Weg zum Ewigen Leben und zu Jesus Christus an." W.: „Ich schreibe den Brief nicht selbst, sondern durch mich spricht der Heilige Geist." Richterin: „Ich glaube Ihnen, dass Sie das aufrichtig meinen."
Der Prozess wird fortgesetzt.
Die Taten:
1. Tankstellen-Überfall in Bad Soden-Salmünster am 7. März 2021
2. Taxifahrer in Bad Soden-Salmünster überfallen am 22. März 2021
3. Taxifahrer in Fulda überfallen am 25. März 2021
4. Bank-Überfall in Bad Soden-Salmünster am 6. April 2021
5. Bank-Überfall in Wächtersbach am 6. Mai 2021
6. Bank-Überfall in Fulda am 17. Mai 2021 (ohne Beute)
7. Bank-Überfall in Gelnhausen am 18. Mai 2021
8. Bank-Überfall in Waghäusel-Wiesental am 25. Mai 2021





