"Wir haben den Laden zusammengehalten"

360 Erzieher und Sozialarbeiter aus dem gesamten Kreis legen Arbeit nieder

Die Teilnehmer des Protestzugs haben das Main-KInzig-Forum erreicht. - Foto: Abel/GNZ


Donnerstag, 07.04.2022

MAIN-KINZIG-KREIS - Nach zwei Jahren Pandemie und vor den anstehenden Herausforderungen durch den Ukraine-Krieg haben kommunale Beschäftigte in Sozial- und Erziehungsberufen aus dem ganzen Main-Kinzig-Kreis bei einer Kundgebung in Gelnhausen mehr Anerkennung und bessere Arbeitsbedingungen gefordert. 360 Teilnehmer waren dem Aufruf der Dienstleistungsgesellschaft Verdi gefolgt und hatten ihre Arbeit niedergelegt, um nach zwei erfolglosen Tarifrunden den Druck auf die kommunalen Arbeitgeber zu erhöhen.

9 Uhr am Donnerstagmorgen. Es nieselt, ein ungemütlicher Wind weht, dennoch füllt sich die Müllerwiese schnell. Gefragt, warum er hier ist, meint ein Erzieher: „Wie ich meinen Beruf liebe.“ Seit 20 Jahren arbeitet er in einer Kindertagesstätte und würde es auch gerne noch länger tun: „Aber wenn es so weiter geht, falle ich irgendwann um.“ Weitere Gespräche machen klar, es fehlt den Beschäftigten an Wertschätzung, die über bloße Worte hinausgeht. „Wir haben den Laden zusammengehalten“, steht auf einem Transparent, das weitere Erzieherinnen mitgebracht haben. Ein Hinweis auf die Corona-Pandemie.

"Petrus weint über eure Arbeitsbedingungen"


Als die Kundgebung pünktlich um 9.15 Uhr beginnt, haben sich 360 Gewerkschaftsmitglieder aus dem ganzen Main-Kinzig-Kreis eingefunden. Die meisten arbeiten in Kitas. Aber auch Sozialarbeiter trotzen der Kälte. Just in dem Moment, als Verdi-Gewerkschaftssekretärin Natalie Jopen die kleine Bühne betritt, setzt auch noch Regen ein – und bietet ihr die Chance für einen bitteren Scherz: „Petrus weint über eure Arbeitsbedingungen.“

Schnell wird sie wieder ernst, als sie den Stand der Dinge aus Sicht der Arbeitnehmer beschreibt, um dann gemeinsam mit den Beschäftigten den Slogan „mehr braucht mehr“ anzustimmen – der für „mehr Verantwortung braucht mehr Gehalt“ oder auch „mehr Entlastung braucht mehr Personal“ steht. Die Forderungen: Bessere Bezahlung, mehr Anerkennung und bessere Arbeitsbedingungen, unter anderem durch mehr Zeit für die Vor- und Nachbereitung der Arbeit. „Erst wenn diese auf die Arbeitszeit angerechnet wird, wird deutlich, wie hoch der Fachkräftemangel wirklich ist“, kritisiert Jopen den aus ihrer Sicht verheerenden jahrelangen Sparkurs der kommunalen Arbeitgeber und fordert zugleich mehr Geld von Bund und Ländern.

Die Corona-Krise habe die Situation noch verschärft. Und künftig stiegen die Balastungen noch. Dabei geht es um die anstehende Aufgabe, geflüchtete Kinder aus der Ukraine in den Einrichtungen zu betreuen. „Es geht um traumatisierte Menschen“, meint die Gewerkschafterin. Dem Land falle in dieser Situation nichts anderes ein, als mit einer angekündigten Notverordnung Standards abzusenken, um ihnen möglichst schnell helfen zu können. „Diese Hilfe ist richtig und wichtig, aber es wird die Beschäftigten, die schon jetzt an ihrer Erschöpfungsgrenze arbeiten, noch weiter belasten. Denn es sind einfach zu wenige.“ (mab)

Dieser Beitrag ist zuerst in der GNZ erschienen.

Neues Beliebtes
    Kontakt
    Kinzig.News Redaktion:
    Telefon:06051 833 712
    E-Mail: [email protected]
    Kinzig.News Vertrieb:
    Telefon:06051 833 711
    E-Mail: [email protected]
    Kinzig.Termine