PAPPERT PLAPPERT: Degen: "Erich hat mir gezeigt, wie man einen Krawattenknoten bindet"
Montag, 25.04.2022
von MORITZ PAPPERT
MAIN-KINZIG-KREIS - Es war für uns alle in der Region die Schocknachricht an Ostern: Der beliebte ehemalige Landrat Erich Pipa ist tot. Am Osterwochenende ist er im Alter von nur 73 Jahren gestorben. Auch wenn die Nachricht bereits eine Woche her ist, noch immer ist es kaum zu glauben. Ein Main-Kinzig-Kreis ohne Pipa, ist einfach nicht vorstellbar. Seine Beerdigung ist in wenigen Tagen. Das nehmen wir zum Anlass, nochmal auf sein bewegtes Leben zu blicken.
Zwölf Jahre lang war der Sozialdemokrat der Chef der Kreisverwaltung im Main-Kinzig-Kreis. 2017 zog er sich dann aus der aktiven Politik zurück. Pipa war ein leidenschaftlicher Kommunalpolitiker. Seit den 60er Jahren setzte er sich für die Menschen ein. Als Kreisbeigeordneter, als Landrat oder auch einfach als ganz normaler Bürger. Er war volksnah, engagiert und wie es Landrat Stolz treffen formuliert ein "unermüdlicher Streiter für soziale Gerechtigkeit“.
Doch dieser Einsatz hatte auch negative Folgen. Bei einem Richtfest in einer Erstaufnahme für Flüchtlinge in Schlüchtern betonte er: "Das Boot ist nicht voll." Wiederholt wurde er in den Monaten und sogar Jahren darauf bedroht und erhielt anonyme Drohbriefe. Doch das machte ihm nichts aus. "Nichts tun, würde Schweigen bedeuten. Ich werde mich nicht einschüchtern lassen", sagte er. Im Oktober 2015 erhielt Erich Pipa das Bundesverdienstkreuz.

In Erinnerung ist vielen sicher noch der große Zapfenstreich in Gelnhausen, bei bestem Sommerwetter im Juni 2017, geblieben. Hunderte Menschen sind auf den ehemaligen Exerzierplatz an der Cassebeerstraße gekommen, um dem Landrat einen guten Ruhestand zu wünschen. Neben den vielen Ehrengästen waren alleine 500 Kräfte von Feuerwehr und Rettungsdienst vor Ort. Und dazu noch zahlreiche Musiker. Es war ein ganz besonderer Abend für Pipa und die Region.
SPD-General Christoph Degen über Erich Pipa:
Erich Pipa hat viele Menschen im MKK bewegt und geprägt. Einer von ihnen ist der Hessische SPD-Generalsekretär Christoph Degen. Er sagt zu KINZIG.NEWS: „Erich hat mich seit 20 Jahren, seit meiner ersten Wahl in den SPD-Unterbezirksvorstand (ca. 2002) politisch begleitet und geprägt wie kaum ein anderer. Besonders eng war die Zusammenarbeit im Kreisausschuss, dem ich von 2011 bis 2021 (bis 2017 mit Erich Pipa an der Spitze) angehören durfte, zeitgleich war ich ab 2014 SPD-Kreisvorsitzender und wir stimmten uns eng ab. In all dieser Zeit habe ich fachlich sehr viel über politisches Arbeiten und Zusammenhänge gelernt. Aber wahrscheinlich noch mehr beeindruckt hat mich Erichs Fingerspitzengefühl für politische Entwicklungen und die damit verbundenen Bedürfnisse der Menschen. Gerechtigkeit, Zukunftsfähigkeit, immer vorangehen, das verbinde ich dabei mit ihm. Auch in Fragen politischer Taktik hätte er sicher ein Lehrbuch schreiben können. All dies habe ich ebenso verinnerlicht wie Erichs unermüdliches, wertschätzendes Wirken für das Ehrenamt, den „Kitt, der die Gesellschaft zusammenhält“, wie er immer wieder betonte.
Auch wenn wir in erster Linie politisch zusammengearbeitet haben, denke ich gerade diese Tage an ein Ereignis zurück:
2007, ich war damals ganz frischer Landtagskandidat, hat er mich väterlich zur Seite genommen und mir nach einer Veranstaltung in Langenselbold gezeigt, wie ich einen Krawattenknoten richtig binde. Den binde ich noch heute so und denke dabei an ihn. Ich werde ihn nicht vergessen und sein Andenken bewahren.“
Ich selbst habe Erich Pipa übrigens zuletzt bei einer Veranstaltung mit der heutigen Innenministerin Nancy Faeser in Langenselbold getroffen. Das war im Januar 2020. Auch dort wirkte er so, wie man ihn immer kannte. Er wollte sich nicht in den Vordergrund drängen, wirkte gelassen und er genoss sichtlich seinen Ruhestand. Es war eine der wenigen öffentlichen Auftritte von Pipa nach seinem Rückzug aus der Politik.