Kirchturm in Sinntal-Mottgers feiert 600. Geburtstag
Dienstag, 07.06.2022
von WALTER DÖRR
SINNTAL - Im Sinntaler Ortsteil Mottgers war am vergangenen Pfingstwochenende nicht nur der Geburtstag der Kirche, sondern man konnte auch das Jubiläum „600 Jahre Kirchturm“ feiern. Zunächst im Rahmen eines musikalischen Gottesdienstes in der evangelischen Kirche.
Wie Pfarrerin Daniela Gleim sagte, stehe der Turm seit 600 Jahren und man könne stolz sein, obwohl man ihn nicht selbst gebaut habe. Eine lange Zeit mit Freud und Leid. Nicht das Gebäude, das Stein auf Stein errichtet wurde, werde gefeiert, sondern die Menschen in der Gemeinde, die es mit Leben erfüllen. Der Turm tue gut und sei wichtig – auch weil die Kirche manchmal zu ist. Als etwas Stabiles mitten im Ort bezeichnete Pfarrer Stephan Gleim den Kirchturm. Das Pfarrerehepaar, das nebenan im Pfarrhaus wohnt, brauche keine Uhren, da die Kirchturmuhr schlage.
Blitzschutz für den gesamten Ort
Der Kirchturm sei so etwas wie der Blitzschutz für den gesamten Ort, obwohl kürzlich ein Einschlag war. Ein ganz sicherer Ort in einer erschreckend unsicheren Zeit durch Corona und den Krieg in der Ukraine. „Gib mir'n kleines bisschen Sicherheit. In einer Welt in der nichts sicher scheint“ - das bekannte Silbermond-Lied sang Emily Fuß auf der Empore, begleitet von Keyborder Markus Heiliger, und bekam spontan Beifall von den Gottesdienstbesuchern. Den Kirchturm in Mottgers verglich Pfarrer Gleim in seiner Predigt mit dem Turmbau zu Babel. Auf der Baustelle in Mottgers habe die Zusammenarbeit funktioniert, da alle eine Sprache sprachen. Nach Fertigstellung habe man in einem Gottesdienst gedankt. Beim Turmbau zu Babylon sei Macht vorrangig gewesen, dass man alles kann und brauche niemanden. Gott habe Grenzen aufgezeigt, dass die Menschen nicht alles können.
Der Babylon-Turm sei ein Zeichen der Macht und eigener Stärke, der Mottgerser Kirchturm sei hingegen nicht zum Ruhm der Erbauer gebaut worden, sondern als Zeichen, wie groß Gott ist. 2022 sah Gleim als eine Baustelle: zwei Jahre Pandemie und drei Monate Krieg in der Ukraine zeigten, was die Menschen bereit sind, sich anzutun. „Der Kirchturm in Mottgers ist zur Ehre Gottes gebaut worden, steht noch und ist bei uns,“ so Gleim abschließend. Dekan Wilhelm Hammann grüßte im Namen des Kirchenkreises Kinzigtal und sagte, der vor 600 Jahren erbaute Kirchturm in Mottgers sei von guter Qualität.
"Wenn ich den Kirchturm sehe, ist die Welt in Ordnung"
In ihm klängen die Glocken der Heimat, das Zuhause von Gott, der mitten unter uns sei. Steil zeige der Turm nach oben, quasi zu Gott im Himmel, aber auch zurück in die Gemeinde. Weil Mottgers im nächsten Jahr sein 1100jähriges Dorfjubiläum begeht, steht der Kirchturm fast die Hälfte der Zeit und auch als Zeichen für Zukunft. „Wenn ich den Kirchturm sehe, ist die Welt in Ordnung,“ schwärmte Ortsvorsteher Robert Heil und gratulierte zu dem Jubiläum.
Viel habe der Turm in den 600 Jahren erlebt, Krieg und Frieden. Als Präsent überreichte er einen von einem Sinntaler Holzkünstler gefertigten Fisch. Sinntals Bürgermeister Carsten Ullrich sagte in seinem Grußwort, dass der Kirchturm ein prägendes Element in der Dorfmitte und ein Kennzeichen des Dorfes sei. Beim Läuten der Glocken solle man innehalten. Der Kirchturm stehe für Stabilität. Von ihm könne man weit ins Dorf schauen und bei Gefahr durch Geläut warnen – so waren die Feuerwehrleitern früher in der Kirche deponiert. Den Kirchturm sah Ullrich als ein Sinnbild für den Ort, die Kirche und den Frieden.
Krieg - in der Bauzeit und jetzt
In der Bauzeit 1422 tobten Kriege, heute aktueller denn je. Den Jubiläumsgottesdienst gestalteten Markus Heiliger an der Kirchenorgel, Dennis Ankert (Trompete) und Emily Fuß (Gesang) mit. Bei der Abendandacht sang Susanne Schrepper. Witterungsbedingt wurde das im Pfarrgarten angedachte gemeinsame Mittagessen kurzfristig in das Dorfgemeinschaftshaus verlegt. Hier servierten Harald und Johanna Knobel vom örtlichen Landgasthof „Am Brunnen“ Köstlichkeiten aus deren Küche. Bei Kaffee und von Frauen selbstgebackenen Kuchen ließ man es sich auch später schmecken. Mit einem speziellen Kinderprogramm wurde an die jüngsten Gäste gedacht.




























