Hausärztemangel im MKK

Studie: In den nächsten Jahren drohen große Versorgungslücken

Wie viele Hausarztpraxen drohen zu schließen in den nächsten Jahren? Wo im Kreisgebiet könnte eine Unterversorgung drohen? - Foto: MKK-Pressestelle


Dienstag, 12.07.2022

MAIN-KINZIG-KREIS - Wie viele Hausarztpraxen drohen zu schließen in den nächsten Jahren? Wo im Kreisgebiet könnte eine Unterversorgung drohen? Der Main-Kinzig-Kreis hat die Antworten auf diese drängenden Fragen gefunden. Im vergangenen Jahr hat Erste Kreisbeigeordnete Susanne Simmler eine Studie dazu in Auftrag gegeben. Die Ergebnisse sind in den vergangenen Wochen den politischen Gremien des Kreistags vorgelegt worden. Das Erarbeiten von Lösungen hat im Main-Kinzig-Forum indes schon begonnen.

Die Ergebnisse der Untersuchung geben keinen Anlass für Entwarnung, im Gegenteil. „In den nächsten drei Jahren planen rund zehn Prozent unserer Hausärztinnen und Hausärzte, ihre Praxis aufzugeben, in den nächsten zehn Jahren sind es sogar über 40 Prozent. Gleichzeitig klagen immer mehr Praktizierende, dass die Nachfolge nicht geklärt ist, weil die Interessenten fehlen“, berichtet Gesundheitsdezernentin Susanne Simmler. „Wir müssen jetzt akut gegensteuern, sonst haben wir in absehbarer Zeit ein veritables und lang anhaltendes Versorgungsproblem im Bereich der Hausarztpraxen.“

Wenn einzelne Praxen geschlossen werden, müssen Patientinnen und Patienten längere Wege und längere Wartezeiten in Kauf nehmen. Wenn viele Praxen schließen, dann droht eine flächendeckende Unterversorgung. Vor dem Hintergrund einer insgesamt älter werdenden Gesellschaft könne man dieser Entwicklung nicht einfach tatenlos zusehen, so Simmler.

Mit der Studie zur hausärztlichen Versorgung hat der Main-Kinzig-Kreis die Situation im gesamten Kreisgebiet in den Blick genommen. Erstmals gibt es eine über alle Gemarkungsgrenzen hinweg gerichtete, tiefgreifende Analyse der Versorgungslandschaft heute und auf mittlere Sicht. „Wir haben eine fundierte quantitative und qualitative Erhebung: Wo drohen echte Engpässe? Wo sehen die Medizinischaffenden selbst die Probleme und mögliche Lösungen? Darauf können wir dann im nächsten Schritt aufsetzen und Initiativen starten. Ein Ergebnis ist allerdings keine Überraschung: Die Lösung auf Knopfdruck gibt es nicht“, erklärt Simmler.

Wesentliche Ergebnisse der Studie:


Ø  Für gut die Hälfte der Hausarztpraxen im Kreisgebiet stellt sich in den kommenden zehn Jahren die Nachfolge-Frage. In vielen Fällen ist diese Frage vor allem deshalb drängend und völlig offen, weil die Ärztinnen und Ärzte Sorge haben, keinen Nachfolger zu finden. Das ist besonders unter denjenigen verbreitet, die in einer Einzelpraxis arbeiten – und das sind etwa 40 Prozent. Sie sehen diese Organisationsform bei der Suche nach einem Nachfolger als hinderlich an.

Ø  Als besonders gefährdet werten die Befragten die Versorgung dort, wo Praxen in kleineren Städten und Gemeinden liegen.

Ø  Die Medizinerinnen und Mediziner haben teils übereinstimmende, gemeinsame Ideen, wie die Suche nach einer Nachfolgerin oder einem Nachfolger gelöst werden könnte, etwa über Weiterbildungsassistenten in der Praxis. Allerdings beschäftigen darüber tatsächlich nur wenige von ihnen Kolleginnen und Kollegen. Aus Sicht der Ärzteschaft stimmen einige Rahmenbedingungen nicht.

Ø  Die Bereitschaft der Hausärzte, in einer Kooperationsform wie Gemeinschaftspraxis oder Gesundheitszentrum zusammenzuarbeiten ist mit 55 Prozent sehr hoch.

Die Studie ist im Amt für Gesundheit und Gefahrenabwehr erstellt worden durch die Koordinatorin für medizinische Versorgung, Julia Fock, ihre Kollegin Esmanur Öztürk sowie ihrem Kollegen Dr. Jasper Plath. Sie haben sich nicht alleine auf öffentlich zugängliche Daten gestützt, sondern eigene Daten erhoben und alle Hausärztinnen und Hausärzte zu einem Interview gebeten. Insgesamt 175 Medizinerinnen und Mediziner haben teilgenommen, was letztlich gut zwei Dritteln aller Hausärzte entspricht.

Parallel zur Studie hat in den vergangenen Wochen die Lenkungsgruppe „Medizinische Versorgungsstrukturen im Main-Kinzig-Kreis“ getagt. Fachleute aus dem Krankenhauswesen, der Ärzteschaft, der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen, der Politik, der Verwaltung sowie dem Allgemeinmedizinischen Weiterbildungsverbund Main-Kinzig-Kreis haben sich mit den ersten Ergebnissen bereits befasst und die thematischen Schnittmengen vertieft. „Wir stehen mit der nächsten Etappe erst am Anfang. Jetzt brauchen wir den konkreten Austausch mit dem Medizinbereich, jetzt brauchen wir Gesprächsforen und weitere Pilotprojekte, jetzt geht es an die Lösungen“, so Julia Fock.

Die ausführliche Studie ist dem Kreistag am 8. Juli vorgelegt worden und im Bürgerinfoportal auf der Internetseite des Main-Kinzig-Kreises zu finden. (pm)