BIRSTEIN

Gegen den Mähtod: Rehkitzrettung in Oberreichenbach

Foto: Pixabay


Montag, 27.05.2019
von Lena Riemann

BIRSTEIN - Das Bild wiederholt sich jedes Jahr gegen Mai und Juni, wenn die Landwirte ihre Felder das erste Mal abmähen. Kleine Rehkitze liegen tagelang schwerverletzt im hohen Gras und verenden qualvoll an ihren Verletzungen. Grund dafür ist der fehlende Fluchtinstinkt, der den Kitzen in den ersten Wochen ihres Lebens fehlt. So bleiben sie dicht am Boden gekauert im Gras liegen, auch wenn die große Mähmaschine immer näher rückt.

Seit einiger Zeit haben sich Landwirte, Jäger, Natur- und Umweltschützer zusammengetan und sich der Rettung der Rehkitze verschrieben. Zusammen mit vielen Freiwilligen werden die Wiesen und Felder abgegangen, um die sich dort befindenden Tierkinder zu finden und für die Mäharbeiten aus dem hohen Gras zu holen. So trafen sich auch in Birstein im Ortsteil Oberreichenbach knapp 15 Freiwillige für eine solche Rettungsaktion gegen den Mähtod. Auf dem Hof des Landwirts Andreas Winter kamen Mitglieder der hessischen Landjugend und des Tier- und Naturschutz Vereins Unterer Vogelsberg zusammen. Unterstützt wurden die Helfer von dem vertretenden Jagdpächter Ulrich Weidner und von Anita und Jörg Fuchs. Das Paar stellte für die Suchaktion eine Drohne zur Verfügung.

Fotos: Lena Riemann
Fotos: Lena Riemann

Nach einer kurzen Absprache auf dem Bauernhof, ging es auch schon los. Das erste Feld wurde ausgemacht und das Ehepaar Fuchs bereitete die Drohe vor. Bei strahlendem Sonnenschein stieg das knallorangene Fluggerät auf knapp 15 Meter Höhe. Bahn für Bahn suchte die Drohne anhand der Wärmesignatur das Feld ab. „Wenn ein Kitz im Gras liegt, können wir es aufgrund seiner Körperwärme durch die Spezialkamera sehen“, erzählte Jörg Fuchs.

Bei einem Fund darf das Tierkind jedoch nicht einfach so aus dem Gras herausgenommen werden. Zum einen muss bei einer solchen Aktion ein Jagdpächter anwesend sein und zum anderen, muss das Jungtier vor menschlichen Geruch geschützt werden. „Wenn das Kitz einmal nach einem Menschen riecht, nimmt es die Ricke nicht mehr an“, so Weidner, „Deshalb Handschuhe an und ganz viel Gras abreisen. Das Gras wird dann um das Kitz gelegt und dann hochgehoben.“ Abgelegt wird das Tier dann in einen Korb und aus dem Feld getragen. Die Wiese kann abgemäht werden und im Anschluss wird das Kitz wieder zurück ins Gras gelegt, wo es seine Mutter wiederfinden kann.

Es gibt neben der Drohnenrettung auch noch Alternativen, um die Rehkitze im Gras zu finden. Eine Maßnahme zur Vorbeugung sind Flatterbändern, die am Vorabend in den zu mähenden Wiesen aufgestellt werden. „Die Ricke erkennt, dass etwas anderes ist als sie es gewohnt ist. Deshalb holt sie das Kitz auf dem Feld“, sagte Weidner. Ebenfalls würde das Ablaufen des Feldes mit einem Hund das Reh abhalten ihr Junges im Gras abzulegen.  Zusätzlich zum Drohnenflug wurde auch bei dieser Rettungsaktion die Wiesen von den Helfern abgesucht. Nebeneinander an einem Seil laufen, suchten sie Meter für Meter ab.

„Bei solchen Rettung schwingt immer Kritik mit“, betonte Weidner, „die Jäger würden jetzt die Kitze retten, um sie später tot zu schießen. Aber das stimmt nicht. Die Tiere erleiden einen schrecklichen Tod. Solche Anblicke lassen einen nachts nicht mehr schlafen.“ Der Natur wird nach der Rettung wieder ihren Lauf gelassen. Ob das Kitz den Winter schafft oder nicht, könnte zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgesehen werden. Erst in ein paar Jahren wäre das Tier für Jäger interessant. „Früher sind die Wiesen mit dem Jagdpächter und einem Hund durchlaufen worden. Heute ist die Technik deutlich besser“, so Weidner. Der Jäger betonte nachdrücklich, dass die Landwirte nur den Pächter anrufen oder sich an eine Organisation wenden müssten, dann wären  solchen Aktionen häufiger und weniger Kitze fallen dem Mähtod zum Opfer. 

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