Zürcher Falco gedachte auch dem Anschlag

Faber besorgt es Hanauer Amphitheater tausendfrankenlang

Faber aus Zürich. - Fotos: Lena Bayer


Mittwoch, 17.08.2022
von TobiTheBayer

HANAU - Als wäre Falco wieder da - und ist jetzt ein Schweizer.

Er benannte sich nach Max Frischs Meisterwerk "Homo Faber", hatte einen prominenten Auftritt in einem Theaterstück namens "Porno mit Adorno" und spart auch bei seiner Musik nicht mit Gesellschaftskritik. In seinen Songs haut er sprachlich geniale Lines raus, die provozieren. Sonntagabend war der Zürcher Musiker "Faber" zu Gast im Hanauer Amphitheater - und fand kein Ende. 

Die pünktlich um 20 Uhr - mit einem Knicks zur Begrüßung - beginnende 150 Minuten Dauerbeschallung endeten erst mit dem letzten Song des Abends um 22:30 Uhr. Eine Schilderung von Eindrücken.

Deutsche, Schweizerdeutsche und italienische Songs hatte Faber im Gepäck, doch die ersten Minuten des Konzertes verliefen eher schleppend. Das Publikum kam anfangs nicht wirklich in Fahrt. Von Song zu Song und mit zunehmender Dunkelheit wurden die Konzert-Gäste von Musik-Muffeln jedoch zu richtigen Party-Peoples.

Der bewegendste Moment: Gedenken an Anschlag

Nach einigen Songs folgte ein bewegender Moment, der für Stille und anschließenden tosenden Applaus sorgte. Faber erinnerte im Hanauer Amphitheater an den rassistisch und rechtsextrem motivierten Anschlag vom 19. Februar 2020, bei dem der Hanauer Tobias R. erst neun Menschen mit Migrationshintergrund und anschließend seine Mutter und sich selbst tötete. 

Faber: "Man muss sagen, ja leider, dass Hanau vor gut zweieinhalb Jahren sehr bekannt geworden ist. Wegen eines feigen, entsetzlichen Anschlags. Zum Glück haben wir dann gemerkt, dass man etwas dafür tun muss, dass Demokratie funktioniert und man dafür einstehen muss - und, dass alle bei uns herzlich willkommen sind."

Danach spielte Faber, der sich in seinen nicht selten politisch "links" geprägten Songs häufig "gegen rechts" einsetzt, einen seiner bekanntesten und polarisierendsten Lieder: "Das Boot ist voll". Darin singt der Schweizer: "Besorgter Bürger, ja ich besorg's dir auch gleich" und spielt damit mit der Radikalität des vermeintlich harmlosen Bürgers, der sich ja nur Sorgen mache, in Wirklichkeit jedoch mehr ein verkappter Rechtsradikaler sei. 

Provokant schreibt Faber in Anspielung auf Schriftzüge an Konzentrationslagern und Hungersnot in dem Song weiter: "Jedem das Seine, ja das seien weise Worte;  Haben die kein Brot zu essen, warum essen die nicht Torte?"

Faber begeistert, Faber versetzt in Scham, Faber entsetzt

Bei dem Zürcher Künstler Faber ist diese sprachliche Wucht mehr Regel als Ausnahme, wenn es heißt: "Die Einen ertrinken im Überfluß, die Anderen im Meer" oder "Du bist zwar erst sechzehn, ach komm, wir drehen Sexszenen", oder "Hast du auch manchmal Lust einen Bullen zu schlagen?" Ein permanentes Schwanken der Gefühle. Faber begeistert, Faber versetzt in Scham, Faber entsetzt. Faber gibt sich dabei weit links, doch er wäre nicht Faber, würde er nicht auch vermeintlichen Weltverbesserern an´s Bein pissen: "Mit dem Auto im Bioladen, kaufst du regional".

Ein Stück jagt das nächste, alte Klassiker, zwei brandneue und unveröffentlichte Lieder, an Songs geizt Faber an diesem Abend nicht. Nach guten eineinhalb Stunden und einer ausgiebigen Zugabe jubelte das Publikum und stellte sich schon auf das Gehen ein - doch Faber noch lange nicht.

Auch nach der üblichen Zugabe war es noch lange nicht vorbei. Faber: "Die Show ist an dieser Stelle immer zu Ende. Aber was haltet Ihr davon, wenn wir jetzt noch eine After-Show-Party machen?" Das Publikum zeigte sich begeistert. Faber: „Also gut. Dann füllen wir die Zeit jetzt mit Quatsch und spielen so lange, bis keiner mehr da ist - oder zumindest fast so lange."

Faber - ein Schweizer Falco?

Besonders in der "Nachspielzeit" zeigte Faber, der bürgerlich Julian Pollina heißt, dass er eine Marke und trotz aller Progressivität irgendwie doch einer vom alten Schlag ist, einer, der es lebt, ein kleiner Musik-Star zu sein. Was gesamtgesellschaftlich schon lange nicht mehr en vouge ist, ist bei Faber allgegenwärtig. 

Immer wieder lässt er seine Band Zwischenstücke spielen, nimmt einen kräftigen Schluck aus dem Becher, läuft lässig zum Bühnenrand, steckt sich eine Kippe in den Bund und zieht daran, als wäre es sein Lebenselixier. Dann spielt er in weit aufgeknöpftem weißen Hemd und gemusterter Gucci-Hose mit einer Power weiter, als wäre es der erste Song - und Lungenvolumen erneuerbar wie zu Ende gegangenes Datenvolumen. Diesem Faber, man glaubt ihm, wenn er im allerletzten Song Lines rausbrüllt wie "Ich habe dich geliebt Tausend Franken lang".

Die Radikalität und Obszönität seiner Songs, das Auftreten, diese ganze Attitude, die Faber ausstrahlt, wenn er auf die Bühne läuft, wenn er auf der Bühne steht: Sie erinnert schon ein bisschen an Falco. Faber - ein Zürcher Falco? 

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