Drei Tage Kirmes

48 Blooburschen und Mädchen in Oberzell

In Sinntal-Oberzell war einiges los. - Fotos: Walter Dörr


Mittwoch, 17.08.2022
von WALTER DÖRR

SINNTAL - Kirmes zu feiern, das verstehen die Oberzeller. Am vergangenen Wochenende war der Sportplatz der Dorfmittelpunkt, denn hier hatten die Kirmesveranstalter TSV Oberzell und der Jugendclub Oberzell ein großes Zelt aufgebaut.

Neben fußballsportlicher Betätigung auf dem Rasen wurde gesellig im Zelt gefeiert. Am Samstagabend heizte – trotz hochsommerlichen Temperaturen – die WKKW-Partyband mit Rock, Pop, Charts und stimmungsvoller Tanzmusik mächtig ein. Der Höhepunkt der Kirmes war natürlich das Aufsagen des Kirmesspruches am Sonntagnachmittag. Mit dem buntgeschmückten „Tannenbaum“ marschierten die 34 Blooburschen und 14 Mädchen mit den Klängen des Musikvereins Oberzell von der Gastwirtschaft „Felsenkeller“ zum Sportplatz. Hier wartete gefühlt das ganze Dorf im übervollen Zelt.

Julian Dorn verlas den Spruch, in dem wieder viele Begebenheiten aufnotiert waren. „Zwe Joahr kei Kirmes mir seins allewei leid, desweche feiern me die beste Kirmes aller Zeit, zwo Joahr woar Corona, endlich sitze mer im Kirmeszelt, mir Zeller Dorfbewohner“, das stellte zu Beginn Oberbloo Julian Dorn fest und „dazu begrüß ich alle, ob vom Önnerdurf oder vom Kirchbarch, ob se etz steihaaglustig sänn oder höddequarch.“ Von einem Haxenskandal, die „Geschicht, weil Batty ihr Haxe hot net gekricht“ bei der letzten Nachkirmes musste zuerst berichtet werden. Weil man sich „wire hot vertroar un nemmer in de Hoar“ freute sich der Bloo: „Ah Späßje muss doch e mo sei, ebbes muss schließlich in den Kirmesspruch nei.“

"Dehie in Zell is alles net so legal"

Alkoholgenuss war bei einer 30er Feier der Grund, dass jemand „auf’m stille Örtchen Schweinerei machte“. „Die Spuresicherung konnts net identifizier, wer’s zugitt, kriecht eh Bier,“ warb der Bloo. Nach zuviel Alkohol „hot sei Mamme ihn aufs Kloo gesetzt, un kurze Zeit späer hot er sich am Koop verletzt. Eigeschloffe is er vorn off die Bodewann gefalle, do woar sein 17. Geburtsdoch gehalle.“ Unter Promille habe er das Rollstuhlfahren im Krankenhaus genossen. „Dehie in Zell is alles net so legal, die Gesetzbücher stehn bei ons weit henne im Bücherregal. Dehie im Durf is ons all bekannt, es Schwarzfahrn wird scho früh gelarnt.“ Einen solchen Mopedfahrer erwischte es. „Eines Obends woars schließlich soweit, derjeniche hat für Bullerei kenn Führerschei griffbereit, clever woars es Massekabel abzureiße, sodass die Bollizei hat goar koar Beweise,“ dachte zumindest der Oberzeller, doch das Gericht nicht: „on dürf nemmer foahr, vielleicht klappts besser in drei Joahr“, hofft der Bloo.

Dass Göckergeschei in Oberzell mit der Schrotflinte beendet wurde, war im Kirmesspruch vermerkt, ebenso, dass sich ein günstiger Autokauf in Schlüchtern als pannenhaft entpuppte. „Die Moral von der Geschicht, Autos von Türke kafft man nicht.“ Auch Ortsvorsteher Mike Richter bekam sein Fett weg. Weil „ville Partys die Juchend in ihrer Hödde hot gemocht, hot er net meh zu lache gehot. Die Leut senn mit Mopeds on Autos ohgereist un dos ging’em aufn Geist. Dem Krach setzt ich alleweil e Enn, hot er sich gedocht, un hot die Hödde erscht mo zugemocht.“ Doch der Bloovodder betonte: „E Kirmes ohne Vürkirmes wär net ohgemesse, deshalb hot de Bloo aus Versehe es Party-Verbot vergesse.“ Bei zwei Männern aus dem „Önnerdurf ginge recht zur Sache, do hatte se nix zu lache.“ Letztlich riet der Bloo „Habt euch lieb un tanzt net aus de Reih, un hört auf mit eurer Dommschmusbabbelei.“

Für das leibliche Wohl der Gäste war bei der Kirmes mit Schlachtschüssel, Haxen und Grillspezialitäten sowie Kuchen der Yoga- und Gymnastikdamen vom TSV Oberzell bestens gesorgt. An einer Sommerbar mundeten gekühlte Drinks. Und auch an die Jüngsten dachten die Kirmesmacher, denn der übliche TSV-Spielplatz war zu einem Fun-Park erweitert worden. Angesicht der brennenden Sonne war die Abkühlung im zwei Pools sehr beliebt, aber es gab auch Sportliche, die auf der Sparkassen-Hüpfburg und Rutsche herumtollten. Fahrtwind konnten sich die Kids bei einer Karussellfahrt ins Gesicht wehen lassen.

Cella - "Ein Dorf mit Kirche"

1167 ist die erste urkundliche Erwähnung von Oberzell als Cella - „ein Dorf mit Kirche“ - genannt. Das heutige große Gotteshaus wurde 1866/67 im neugotischen Stil erbaut. Am 15. September 1867 weihte es Superintendent Wendel aus Hanau. Die Kirmes wurde deshalb immer am zweiten Wochenende im September gefeiert. Im Jahr 2000 entschied man sich - weil schlechtes Wetter im September oft die Feierlaune trübte und auch der Radlersonntag „Kinzigtal Total“ am zweiten Septemberwochenende stattfindet - die Kirmes zukünftig am zweiten Augustwochenende zu veranstalten. In Oberzell gab es bereits 1595 eine Kirche (davor um 1167 schon eine Kapelle). Der Holzbau musste 1706 grundlegend renoviert werden. 1808 erhielt die Kirche einen „besonderen“ Glockenturm, da der alte baufällig geworden war. Die letzte Vollrenovierung des imposanten Kirchenbaus endete mit der Wiedereröffnung am 1. Mai 1995. Über eine Million Euro erforderte die Maßnahme, 100.000 Euro davon mussten in Eigenleistung erbracht werden und 44.000 Euro gingen an Spenden ein. Die Farben Rotbraun und Türkis im Kirchenschiff sind historisch.

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