Die Jury hat entschieden: Das sind die diesjährigen Kulturpreisträger
Dienstag, 27.09.2022
MAIN-KINZIG-KREIS - Der diesjährige Kulturpreis des Main-Kinzig-Kreises geht an die Künstler Professor Thomas Bayrle (Frankfurt) und Michael Millard (Mainz), dotiert mit jeweils 5.000 Euro. Beide Preisträger haben durch ihr künstlerisches Schaffen und ihre Lebensstationen eine feste Verbindung zum Main-Kinzig-Kreis.
Den Nachwuchsförderpreis verbunden mit einer Fördersumme in Höhe von 2.000 Euro erhält in diesem Jahr das Theater der Vielfalt (Hanau). Das Ehepaar Marlies und Klaus Keßler bekommen den Sonderpreis und 3.000 Euro für ihr Engagement rund um das Kulturgut der Wächtersbacher Keramik, die sie in ihrem Lindenhofmuseum in Brachttal präsentieren. Dies hat die Kulturpreisjury in ihrer jüngsten Sitzung entschieden.
Bereits zum Beginn der Sitzung dankte Landrat Thorsten Stolz den Sparkassen des Main-Kinzig-Kreises, die seit vielen Jahren die Preisgelder für den anerkannten Kulturpreis stiften. „In diesem Jahr sind es erneut 15.000 Euro. Unsere drei Sparkassen sind hier einmal mehr verbindliche Partner der Kulturförderung“, sagte Thorsten Stolz.
Insgesamt 23 Vorschläge
Insgesamt 23 Vorschläge hatten die Mitglieder der Kulturpreisjury in diesem Jahr auszuwerten. Am Ende der ausführlichen Beratungen konnte Jury-Vorsitzende Ingrid Sonntag-Ramirez-Ponce das Votum des Gremiums mitteilen: „Mit den ausgewählten Personen haben wir würdige Preisträger 2022, die international renommiert sind und sich nun in die Reihe der seit 1977 jährlich Ausgezeichneten einreihen“, fasste sie ihre Eindrücke zusammen und dankte den Anwesenden für deren Arbeit in diesem Gremium.
Professor Thomas Bayrle
Professor Thomas Bayrle wurde
1937 in Berlin geboren und lebt in Frankfurt. Er ist einer der
namhaftesten deutschen Objektkünstler, Maler, Grafiker und
Videokünstler. Nach seiner Lehre zum Musterzeichner und Weber studierte
er an der Werkkunstschule Offenbach, Schwerpunkt Druckgrafik. Seinem
Studium schlossen sich beeindruckende Ausstellungen an, so nahm er
mehrfach an der documenta in Kassel teil. Auch die Sammlung des
Städel-Museums in Frankfurt beherbergt Werke von ihm. Ab 1972 war Thomas
Bayrle als Professor tätig an der Staatlichen Hochschule für Bildende
Künste – Städelschule in Frankfurt am Main.
Seine Kindheit und Jugend verlebte er im Main-Kinzig-Kreis. Mit seiner Mutter und den Geschwistern war er 1940 in den Jossgrund evakuiert worden. Bayrle hat insbesondere in den vergangenen Jahren auf den Jossgrund als eine der Hauptquellen seiner künstlerischen Entwicklung verwiesen. Immer wieder war er im Verlauf seines Lebens dort, um Inspirationen zu bekommen und Erinnerungen aufzufrischen. „Damit lenkt er die Aufmerksamkeit einer größeren Öffentlichkeit sowie der Kunstwelt auf Kultur und Natur des Main-Kinzig-Kreises und reiht diese ein in die Palette künstlerischer Inspirationsquellen wie große Metropolen“, heißt es in der Begründung des Vorschlags für den Kulturpreis.
Michael Millard
Der Musiker Michael Millard, geboren 1959 in Leeds, kam 1987 aus England nach Bad Orb zur ersten Produktion der dortigen Opernakademie: „Die Hochzeit des Figaro“. Von der Konzerthalle und den vorhandenen Möglichkeiten für die Mitwirkenden war er von Anfang an begeistert und vom Wunsch beseelt, sich dafür einzubringen. Davor war er musikalischer Leiter des renommierten Mayer-Lismann-Opern-Studios in London. Direkt nach der ersten Opern-Produktion in Bad Orb fing er als Pianist und Dirigent am Mainzer Staatstheater an, wo er immer noch tätig ist.
Im Jahr 1998 kam er zu Lortzings „Wildschütz“ erneut nach Bad Orb, dieses Mal als musikalischer Leiter der Opernakademie in Zusammenarbeit mit Regisseur Carlos Krause. Mit ihm baute Millard die Opernakademie zu einer weltbekannten Institution auf. Insgesamt 24 Jahre lang hat er (mittlerweile deutscher Staatsbürger) mit Leidenschaft seinen Jahresurlaub an den Theatern in Mainz und Bonn für die Opernakademie investiert sowie jedes Jahr zwischen Dezember und Februar die zahlreichen Bewerbungen analysiert und das Vorsingen auf Theaterbühnen durchgeführt. Millard trug maßgeblich dazu bei, die Opernakademie europa- beziehungsweise weltweit (in Anbetracht der Herkunftsländer der Bewerbungen) bekannt zu machen.
Theater der Vielfalt
Das
Theater der Vielfalt aus Hanau wurde von jungen Menschen gegründet als
Reaktion auf die politischen Erfahrungen mit Ausgrenzung und Hass,
insbesondere trugen dazu die Ereignisse vom 19. Februar 2020 in Hanau
bei. Theater sehen sie als Mittel der Verständigung und
Auseinandersetzung. Dafür werden in diesem Jahr die jungen Akteure mit
dem Nachwuchsförderpreis ausgezeichnet. Sie verstehen sich als
Darstellende und Multiplikatoren, deren gemeinsame künstlerische Arbeit
darin besteht, verschiedene Ansätze und Aktivitäten zusammenzuführen und
einen Raum für künstlerische Arbeit zu bieten. Ausdrücklich wird zur
Reflexion und kritischen Auseinandersetzung aufgefordert.
Marlies und Klaus Keßler
Der
Sonderpreis der Jury geht in diesem Jahr an das Ehepaar Marlies und
Klaus Keßler. Sie kauften im Jahr 1993 ein 200 Jahre altes Fachwerkhaus
mit Scheune in Brachttal-Streitberg in der Nähe der Wächtersbacher
Keramikfabrik. Denkmalgerecht restaurierten sie das Anwesen, einen Teil
davon, darunter auch ein vorhandenes Silo, eröffneten sie als privates
Museum, um einmalige Kollektionen der Wächtersbacher Keramik einem
interessierten Publikum zu präsentieren. Seit dieser Zeit ist das
Lindenhofmuseum ein Ort umfangreicher Keramikausstellungen und damit
auch ein Stück Heimatgeschichte.
Marlies und Klaus Keßler haben mit ihrem Lebenswerk, dem Lindenhof Keramik-Museum in Brachttal, einen Leuchtturm im Main-Kinzig-Kreis geschaffen. Ihre Leidenschaft für die Geschichte der Steingutfabrik und ihr Verantwortungsgefühl, das eigene Wissen und die private Sammlung öffentlich zugänglich zu machen, sprechen für ein herausragendes Engagement auch in kultureller Hinsicht. Die in Jahrzehnten zusammengetragene Sammlung ist in Umfang, Größe und vor allem Qualität ohne Vergleich. Nur im Lindenhof Keramik-Museum sind Einzelstücke zu sehen, die bereits im 19. Jahrhundert international auf den Weltausstellungen in Chicago, St. Louis, Paris und London gezeigt wurden.
Die feierliche Verleihung der Kulturpreise findet am Freitag, 18. November, um 19 Uhr im Main-Kinzig-Forum in Gelnhausen statt. (pm)