Jahres-Empfang der IHK in Hanau

DER Blick des IHK-Präsidenten auf Energie, Arbeitsmarkt & Wirtschaftskrise

IHK-Präsident Oliver Naumann - Foto: Justin Möser


Mittwoch, 28.09.2022

HANAU - "Ich kann es es kurz machen: Die Stimmung ist schlechter als die Lage, aber die Lage beeilt sich, sie zu überholen." Rums! 

Dieser Satz in der Premieren-Rede des neuen IHK-Präsidenten hatte Schlagkraft. Dienstagabend begrüßte Oliver Naumann zahlreiche Politiker (u.a. Landrat Thorsten Stolz), Unternehmer, Kirchenvertreter, Amtsleiter und Interessenvertreter von Organisationen im Hanauer Congresspark. Ein ganz besonderer Gast: Naumann-Vorgänger und Ehrenpräsident der MKK-IHK: Dr. Norbert Reichhold. 

In seiner Rede sprach Naumann über...


... Standortfaktoren

Im MKK gebe es eine ausgezeichnete Verkehrsanbindung. Mehr als 90 Prozent der über 420.000 Einwohner des Main-Kinzig-Kreises bräuchten maximal zehn Minuten bis zu einer der 19 Autobahnauffahrten. Auch die 35 Bahnhöfe seien gut für den Wirtschaftsstandort. 

Die Industrie stelle jeden fünften Arbeitsplatz im MKK. Herausragend im Deutschland-Vergleich: Der hohe Export-Anteil von zwei Dritteln der Gesamtproduktion. Doch auch der "starke Tourismus" sei wichtig - "Spessart" und "Brüder Grimm" seien gut für das Image des Kreises. Helfen diesen weiter auszubauen, soll auch die Spessart Tourismus und Marketing GmbH, an der Kreis und IHK beteiligt sind. 

... das Zukunftsprojekt Rechenzentren

Die Nähe zu Frankfurt mache den MKK für Betreiber von Rechenzentren attraktiv. In Hanau seien bereits drei geplant, in Erlensee und Schöneck soll jeweils eines kommen. Für die sinnvolle Ansiedlung brauche es "Leitlinien", so solle die Verdrängung alteingesessener Unternehmen bei Fläche und Stromverbrauch verhindert werden. Dann wären die Rechenzentren eine große Chance für den MKK. 

... die Energie-Krise & die schwierige wirtschaftliche Lage

"Die weiter steigende Inflation spüren noch nicht alle Unternehmen, aber die Energiekrise! Die enormen Preissteigerungen für Gas und Strom belasten die Unternehmen schon heute enorm stark",  zeigt sich Naumann in seiner Rede besorgt. Wer hätte "gedacht, dass man sich im 21. Jahrhundert mit der Frage auseinandersetzen muss, ob noch genug Strom aus der Steckdose kommt?" 

In einer Umfrage der MKK-IHK und der IHK Fulda hat bereits vorläufige Ergebnisse gebracht: Drei von vier Unternehmen müssten bereits mehr für ihre Energie zahlen oder hätten eine Preiserhöhung angekündigt bekommen. Jedes achte Unternehmen habe gar seinen Energieliefervertrag gekündigt bekommen. 

Naumann besorgt: "Mit hoher Wahrscheinlichkeit werden in diesem Jahr und auch im nächsten Jahr fast alle Unternehmen, deren Energiekostenanteil fünf Prozent oder mehr beträgt, keine Gewinne machen." Provokant fragt Naumann aus Sicht besonders energieintensiver Unternehmen: "Was sagen wir den Unternehmen - dass sie aufhören sollen zu produzieren?" 

Er gibt die Antwort gleich selbst: "Wenn das die Empfehlung der Wirtschaftspolitik ist, dann ist es um den Wirtschaftsstandort Deutschland wirklich schlecht bestellt!" Hielten die hohen Energiepreise noch ein oder zwei Jahre länger an, würden viele Unternehmen insolvent. Um dem entgegenzuwirken und unabhängig von Gas, Öl und Kohle aus Russland zu werden, müsse die Devise gelten, dass "alle anderen verfügbaren Energiequellen genutzt werden." Dies sei die "wichtigste und beste Unternehmensförderung durch den Staat."

Ein Hoffnungsschimmer für den IHK-Präsidenten: Dass das Kraftwerk Staudinger in Großkrotzenburg bis zum Jahr 2025 noch im Reservebetrieb zur Energiebetrieb bleiben soll - und nicht wie erst geplant bereits kommendes Jahr vom Netz geht. Sonst hätte der Main-Kinzig-Kreis womöglich ein noch größeres Energie-Problem bekommen als ohnehin schon. 

... der Arbeitsmarkt im MKK

Positiv sei das Wachstum der Arbeitsplätze im MKK. Waren es 2010 noch 111.500 Arbeitsplätze, seien es heute schon 139.000. Weiterhin würden aber auch viele Menschen nach Frankfurt und in die Nachbarlandkreis zum Arbeiten pendeln.

Lobende Worte gehen nach Schlüchtern: Dort habe sich die Zahl der Arbeitslosen im MKK von 2011 bis 2021 um 41 Prozent reduziert. Dies sei ein "hervorragendes Beispiel für erfolgreiche Gewerbeansiedlung". In der gleichen Zeit seinen es im MKK-Schnitt nur knapp zwei Prozent gewesen. 

Zwischenzeitlich war die Zahl der Arbeitslosen im gesamten MKK nach knapp 13.000 im Jahr 2010 auf nur noch 9.349 im Jahr 2019 gefallen - doch dann kam Corona und seitdem mache die regionale Wirtschaft "neben der Energiekrise, der Probleme mit den Lieferketten und der Inflation gerade einen Strukturwandel durch". So seien also derzeit wieder mehr als 10.000 Menschen ohne Arbeit.  

... die Zukunft

In diesem Jahr falle es Naumann "sehr schwer", die Zukunft als Chance für die Menschen und Probleme als Herausforderung für den Unternehmergeist zu verstehen. 

Der IHK-Präsident: "Die Kostenbelastung der Wirtschaft wird in den nächsten Monaten dramatisch steigen. Einige Unternehmen werden damit nicht mehr mithalten können, andere werden sich neu erfinden müssen. Wir stehen vor einem teilweise sehr schmerzhaften Anpassungsprozess für die regionale Wirtschaft. Wir haben aber das Glück, dass viele Stärken der regionalen Wirtschaft die vor uns liegende Krise dämpfen werden - und dass wir auf viele harte und weiche Standortfaktoren setzen können, die uns Auswege aus der Krise zeigen werden. Die Bereitschaft zur Kooperation ist einer davon. Ich bin deshalb der Überzeugung: das Glas ist nicht halbleer, es ist halbvoll."

... sein Anliegen des Bürokratie-Abbaus

Ein großes Anliegen des IHK-Präsidenten: Bürokratie-Abbau. Eines der Bürokratie-Monster, welches schnellstens beseitigt werden sollte: Die geltenden Regeln zur Mindesthaltbarkeit bei Lebensmitteln. Sie seien laut Naumann "unpraktisch" und erschwertem dem Einzelhandel die Abgabe von Lebensmitteln an die Tafeln. So dürften Lebensmittel und insbesondere Milchprodukte und gekühlte Lebensmittel nicht ohne weiteres an Bedürftige weitergegeben werden, sofern sie das Mindesthaltbarkeitsdatum um einige Tage überschritten hätten. 

Durch Änderungen könnten "mehr Lebensmittel gerettet und mehr Menschen versorgt werden". Dies scheitere nicht an Wohlwollen von Handel und Gastronomie oder ehrenamtlichen Helfern, sondern "an sperrigen, teilweise veralteten Vorschriften". Mit der IHK und den Mitgliedern wolle er sie aber beheben und somit mehrere tausend Tonnen Lebensmittel aus dem Handel mehr retten  - und warb dafür um Unterstützung bei Politikern, Unternehmern und Verbänden. 

Überraschende Ehrung

Am Ende überraschte Wirtschaftsjuniorin Julia Heuwieser den Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Hanau-Gelnhausen-Schlüchtern, Dr. Gunther Quidde, mit einer Auszeichnung als Dank für sein Engagement für die Wirtschaftsjunioren mit einer Urkunde und einem goldenen Löwen. 

Transparenzhinweis: IHK-Präsident Oliver Naumann ist auch Verleger und Geschäftsführer des Druck- und Pressehaus Naumann. Das Druck- und Pressehaus Naumann ist an der KINZIG.NEWS GmbH beteiligt. (tby) 

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